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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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zu
reduzieren.»
    Ich versenkte mich von neuem in
Grimsdykes ärztliche Laufbahn, als ich am folgenden Donnerstag meine kleine
Limousine durch das Ladenschlußgedränge des Piccadilly steuerte. Er war wohl
wirklich zu sehr Individualist, um ein erfolgreicher Hausarzt werden zu können.
Gewiß gibt es Unterschiede unter den Ärzten, doch schon auf der medizinischen
Schule beginnen sie sich zu typisieren — alle Naturburschen im St. Swithin, die
auf die Berge kletterten und Bier tranken, schienen sich der Chirurgie zu
verschreiben; die ruhigen, mit Sommersprossen und dem Staub der
Bibliotheksregale bedeckten Studenten wurden erfolgreiche Internisten; die
sauertöpfischen, die dreckige Pfeifen rauchten und in die Waschmuscheln des
Laboratoriums spuckten, wandten sich der Pathologie zu, und die
Übergeschnappten selbstverständlich der Psychiatrie. Doch Grimsdyke war
unternehmender und weltoffener als wir alle und hätte sich nur als
Sozialminister zufriedenstellend in das Gefüge der englischen Ärztewelt
einordnen lassen.
    Ich fand ihn hinter der Drehtüre
sitzend; er sah aus wie ein prosperierender junger Strafgerichtsanwalt.
    «Kolossal erfreut, dich wieder einmal
zu sehen», begrüßte er mich voll Wärme, während mir ein Mann in der Kleidung
eines städtischen Bankettsprechers aus dem Mantel half. «Wo möchtest du deinen
Drink einnehmen?»
    «In der Bar, würde ich vorschlagen»,
erwiderte ich, mich ehrfurchtsvoll umblickend.
    «Wir haben fünf Cocktailbars im Hause»,
erklärte er stolz. «Na, was hältst du von meinem neuen Heim?»
    Das Arundel war wohl eines der
exklusivsten, sicher aber das teuerste Hotel im West End. Es machte keineswegs
den Versaillesartigen Eindruck, den die Riesenhotels der ganzen Welt erwecken,
sondern gehörte zu jenen kleineren Londoner Etablissements, die eigens
geschaffen wurden, um eine intensiv englische Atmosphäre auszustrahlen. Die
Hall enthielt einen offenen Kamin, der groß genug war, um einen Ochsen am
Bratspieß zu drehen; flankiert wurde er von so blank polierten Rüstungen, daß
es den Anschein erweckte, sie würde jeden Augenblick aufbrechen, um auf dem
Berkeley Square eine Schlacht zu liefern. Neben ihnen rauschte beiderseits eine
Adamsche Treppenflucht zu den Füßen marmorner nackter Schönen nieder, deren
Haltung und Büstenumfang bescheidener waren als die so mancher Dame, die ich in
der Lounge herumsitzen sah. Die Hall schien den Gästen den Eindrude vermitteln
zu wollen, auf dem Landsitz eines pompösen altenglischen Aristokraten zu
weilen, und sie war voll von Amerikanern, den einzigen Leuten, die sich’s
leisten konnten, hier abzusteigen.
    «Äußerst reizvoll», sagte ich.
    «Die American Bar wird gemütlich und
leer sein», meinte Grimsdyke. «Sie ist der einzige Ort, den die Amerikaner
nicht aufsuchen. Wegen der Drinks mach dir keine Sorgen», fügte er hinzu, als
ich ihm durch einen luxuriös ausgestatteten Wandelgang folgte. «Ich brauche die
Bestellung nur zu signieren. Riesig entgegenkommend, dieses Arrangement,
findest du nicht?»
    «Aber wie, um alles in der Welt, ist es
dir gelungen, einen derart phantastischen Posten zu ergattern?» fragte ich, als
wir uns in einer Ecke der Bar niederließen.
    «Die Grimsdykes, alter Junge, mögen ja
oft auf dem Hund sein», erklärte er ein bißchen von oben herab, «aber sie
fallen immer wieder auf die Füße. Kannst du dich noch an Miss Haies erinnern?»
    Ich runzelte die Stirne.
    «Welche deiner kleinen Freundinnen war
das eigentlich?»
    «Keine kleine Freundin. Miss Haies saß
an meinem Tisch auf der Lady Anne. Es war die mit der Niere, über die
sie, sooft sie sie anbringen konnte, redete. Zum Glück lieh ich ihr, als
gewissenhafter Diener der Schiffsgesellschaft, ein mitfühlendes Ohr, anstatt
sie im Interesse der Öffentlichkeit durch die nächstbeste Luke zu schmeißen.
Erst als ich ihr am Ende der Seereise meine bescheidene Rechnung präsentierte,
entdeckte ich, daß sie hier Dauergast ist. Als sie andeutete, der liebe
Hotelarzt sei ins Spital geschafft worden — mit Symptomen, die mir verdächtig
nach Leberzirrhose klangen —, roch ich die Möglichkeit eines Jobs. Sie
versprach mir anständigerweise, ein Wörtchen mit dem Direktor zu reden, und ich
kann mir nur vorstellen, daß die alte Ziege hier jede Woche ein phantastisches
Geld blecht, denn man forderte mich gleich auf herzukommen.»
    «Es ist jedenfalls sehr nett hier.»
    Er zögerte kurz.
    «Ja und nein. Es ist ja, wie du weißt,
der Stil, der mir

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