Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
nicht genug ist, soll so viel dazugetan werden, dass die Kosten der Beerdigung gedeckt sind und noch ein paar Hunderter übrig bleiben. Nicht dass uns seine Verflossene den Leichnam überlässt!“
Tarmak war froh, dass sein Kreationsleib weggeschafft werden würde. Nur in Ausnahmefällen beerdigten die Schwarzmagier ein Mitglied selbst. Er würde nicht dazu gehören.
Einer der Begleiter fragte: „Sollen wir die Suche nach seinem Sohn jetzt einstellen, da Tarmak doch tot ist?“
Der Oberste antwortete unwillig: „Wenn ihr ihn fassen könnt, dann bringt ihn her. Mir ist es überhaupt schleierhaft, wieso er nicht schon längst da ist. Ihr seid doch alle Stümper!“
Mit diesen tadelnden Worten entfernte sich der Oberste wieder. Seine Begleiter sprachen noch eine Weile mit dem Wächter. Doch Tarmak konnte sie nicht verstehen.
Was sollte er nun tun? Seinen ursprünglichen Fluchtplan musste er aufgeben. In den nächsten Stunden würde der Gang nach oben in den Schlosshof nicht frei werden. Solange durfte er nicht warten. Denn zum einen sollte er jetzt tatsächlich wieder Nahrung zu sich nehmen und zum anderen brauchte er dringend Flüssigkeit, die er in diesem Kerkersystem außer über den Wächter nicht bekommen konnte.
Er erinnerte sich an den Traum, den sein Sohn ihm erzählt hatte. Wenn es stimmte, dass man vom Kerker aus in ein altes Bergwerk gelangen konnte, wäre das sicherlich ein brauchbarer zweiter Fluchtweg. Beherzt schlüpfte Tarmak weiter in den Spalt hinein, in dem er sich die ganze Zeit über verborgen gehalten hatte. Es war gut, dass er noch die Gestalt der Krähe besaß, sonst hätte er die Lücke nicht durchdringen können.
Nach etwa vier Metern spürte Tarmak Raum und Luft um sich herum. Er wagte es, sich in einen Menschen zurückzuverwandeln. Denn nur so konnte er den Lichtzauber ausführen und sich orientieren. Aus seinen Händen ließ er Zauberlicht strömen, in dem er die Umgebung betrachtete. Er befand sich in einer Kammer mit unebenen rötlichen Wänden, an deren Ende ein Gang abführte. Tarmak beschloss, ihm zu folgen, in der Hoffnung, dass der nicht in einer Sackgasse mündete. Zuvor aber erneuerte er den Kreationszauber, um sein Doppel zu erhalten. Diesen Zauber musste er bis zur Beerdigung alle paar Stunden ausführen.
Endlich setzte er sich in Bewegung. Nach einigen hundert Metern traten die höckrigen Wände weiter aufeinander zu und der Gang wurde immer schmaler. Tarmak musste aufpassen, dass er sich an den zum Teil scharfen Felskanten nicht verletzte. Die Enge wirkte auf Tarmak bedrohlich. Sie nahm ihm den Atem. Zu allem Überfluss schien sich nun auch die Decke dem buckligen Boden zu nähern. An Aufrechtgehen war schon lange nicht mehr zu denken. Aber jetzt musste sich Tarmak auf alle Viere begeben, um voranzukommen. Diese Fortbewegungsart kostete ihn nicht nur viel Kraft, sondern entzog ihm außerdem Mut. Wann würden die Felsen ihn zerquetschen? Zudem hatte er seit einer Woche kein Tageslicht mehr gesehen; die Dunkelheit, die Schwärze bedrückten ihn mit immer größer werdender Macht und schienen seine Brust mit einer eisernen Kette straff zu umwinden. Wenn er wenigstens Wasser gehabt hätte! Der Durst trocknete bereits seine Schleimhäute aus.
Da er mit Wolfhard in Gedankenverbindung stand, berichtete er ihm von Zeit zu Zeit, wie sich sein Fluchtweg gestaltete. Der ermunterte ihn weiterzukriechen und nicht umzukehren.
Tarmak verlor das Gefühl für die Zeit. Er glaubte, schon unendlich lange so dahingeschlichen zu sein, als herabgestürzte Gesteinsbrocken vor ihm plötzlich den Weg versperrten. Mit dem Hebe- und Schwebezauber räumte Tarmak in zeitaufwändiger Arbeit die Steine hinter sich. Er konnte sie nicht einfach wegschieben, weil der Gang dafür zu eng war. Da ihm inzwischen vor Durst die Zunge am Gaumen klebte, fühlte er sich zunehmend kraftlos und matt. Die Konzentration auf den Zauber strengte ihn an, zumal er gleichzeitig den Lichtzauber aufrecht erhalten musste. Schließlich hatte er es geschafft. Der Gang vor ihm lag frei und Tarmak kroch weiter.
Auf einmal öffnete der sich in eine große Höhle, in deren Mitte ein Teich schwarz glänzte. Tarmak jubelte: Wasser! Endlich Wasser! Doch als er näher trat, erschrak er: Am Ufer lagen mindestens zwanzig menschliche Skelette in zum Teil seltsam verrenkter Haltung. Bei einigen war der Brustkorb weit nach vorn gestreckt und der Schädel in den Nacken gerückt, andere erschienen zusammengezogen wie Embryonen.
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