Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
er hätte auch die Leichen nicht bergen können, die dann mit Sicherheit von der Polizei gefunden worden wären. Das hätte ein riesiges Aufsehen gegeben, etwas, was Schwarzmagier unter allen Umständen zu vermeiden suchten. Er war sich sicher, das einzig Richtige getan zu haben. Aus irgendeinem Grund wollte der Oberste ihn quälen, und er wusste nicht, warum.
Als er sich noch einmal jenen Kampf vor drei Wochen vergegenwärtigte, blieben seine Gedanken bei Poptlok und Zawarima hängen. Die hatten überhaupt keinen Groll gegen ihn gezeigt. Sie hätten ihn einfach stehen lassen und fortgehen können, nachdem er die Flüche gelöst hatte. Doch sie waren dageblieben und hatten ihm sogar noch geholfen, die Leichen wegzuschaffen. Die Frau hatte offenbar gemerkt, dass er todmüde war, zumal sich gerade ein Infekt in ihm ausgebreitet hatte. Deshalb hatten die beiden über die acht Toten den Entmaterialisierungszauber gesprochen, so dass er die nur noch mit dem Sendezauber ins Schloss hatte schicken müssen.
Zawarimas Blick konnte er nicht vergessen, als sie sich voneinander verabschiedet hatten. Der war so voller Liebe und Mitgefühl gewesen, dass ihm recht seltsam ums Herz geworden war. Er war ihr Gegner gewesen, auch wenn er nicht wirklich mitgekämpft, sondern seine Flüche ins Nichts geschleudert hatte. Diese Art von Kampf lag ihm nicht. Töten war nichts für ihn. Aber das hatten sie nicht wissen können. Oder doch? Seine Kameraden waren an den eigenen Flüchen, die zu ihnen zurückgeworfen worden waren, zugrunde gegangen. Also hatten die beiden zumindest geahnt, dass er sie nicht angegriffen hatte. Trotzdem, er hatte zu den Gegnern gehört. Und dennoch war diese Frau fähig gewesen, ihn auf diese warmherzige Weise anzusehen! Ob sie gewusst hatte, was für einen Schwall von Gefühlen sie damit bei ihm ausgelöst hatte?
Tarmak wanderte auf dem Pfad seiner Erinnerungen weiter. Er sah sich, wie er an jenem Tag ins schwarze Schloss zurückgekehrt war, erschöpft und abgeschlagen. Natürlich hatten alle sofort wissen wollen, was passiert war. Tarmak hatte vor dem Obersten und der versammelten Schwarzmagiergemeinschaft Rechenschaft ablegen müssen, was für ihn der Anfang einer einzigen Katastrophe geworden war. Als er nach seinem Bericht sein Zimmer in einem der dunklen Schlossgebäude aufsuchte, fiel ihm siedend heiß ein, dass er noch gar nicht dazugekommen war, den Schutzzauber vor Manipulation und Gedankenlesen zu erneuern. Das tat er seit vielen Jahren jeden Morgen, weil er seinen eigenen Leuten misstraute. Zu seinem Entsetzen schaffte er den Zauber nicht. Gleichzeitig spürte er, wie seine Gedanken beschattet wurden. Panik ergriff ihn. Jetzt bloß nichts Falsches denken! Es war bestimmt Raktar, der Oberste, selbst, der mitlas, um ihn völlig zu überwachen. Aber in einer solchen Situation die Gedanken zu kontrollieren, war nahezu unmöglich. Seine Erinnerungen, seine Ängste, seine Sehnsucht drängten sich wie eine unaufhaltsame Flut in sein Bewusstsein, besonders das, was er unter allen Umständen verborgen halten wollte: Seine geheime Liebesbeziehung zu Cordelia, die diese zwar abgebrochen hatte, die aber dennoch auf einer losen Ebene weiterbestand. Und dann natürlich die Existenz seines Sohnes. Seine Gedanken an den Jungen waren derart intensiv von Angst um ihn geprägt, dass sie auffallen mussten. Ein ums andere Mal rief er: „Ihr findet ihn nicht, er ist gut geschützt, ihr findet ihn nicht.“
Er versuchte den Nicht-Denken-an-Zauber, aber auch den konnte Raktar verhindern. Tarmak war nahe daran, den Kopf zu verlieren, denn jetzt fielen ihm zu allem Überfluss auch noch die zusammengebundenen Haare ein, die er von Cordelia besaß. Die hatte er vor langer Zeit in dem Friseursalon aufgesammelt, in den er Cordelia zum Haareschneiden begleitet hatte. Wenn die Schwarzmagier etwas von ihr besäßen, könnten sie sich in ihre Gedanken hineindenken und so herausfinden, wer sie war, wo sie wohnte und wer ihr gemeinsamer Sohn war. Die Haare musste er schnell vernichten! Er riss seine Schranktür auf und zerrte sie aus der Brusttasche eines seiner Sakkos hervor. Doch dann hielt er inne. Jede seiner Handlung würde der Oberste mitbekommen. Zuerst musste Tarmak die Gedankenflut bezwingen. Er floh ans Fenster, das er weit öffnete. Plötzlich sah er die Sonne! Sie hatte den Nebel durchbrochen, der das Schloss immer einhüllte, so dass es vor neugierigen Blicken von außen verborgen blieb. Tarmak schickte einen
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