Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)

Bett angrenzte. Von dem Hängeregal über dem Bett baumelten die Beine einer Hexenfigur aus Wolle, ansonsten war es leer. Der Bettbezug in seinem freundlichen Gelb harmonierte mit dem braunen Bettgestell. Nymus schlug die Bettdecke zurück und stellte erstaunt fest, dass er seinen Schlafanzug anhatte. Noch im Nachhinein errötete er, als er sich vorstellte, dass ihn jemand umgezogen haben musste. Am Bettende entdeckte er auf dem Boden seine Reisetasche und seinen Schlafsack. Richtig: Poptlok hatte einige persönliche Sachen für ihn abgeholt. Ach nein! Da stand ja auch der Schulrucksack. Den hätte er nicht mitbringen müssen!
    Nymus ging zum Fenster und zog die Vorhänge vorsichtig zurück. Sein Blick fiel in einen großen Garten, der von hohen Bäumen und Büschen eingerahmt wurde. Es gab einige Apfelbäume, die gerade mitten in der Blüte standen. Wie schön diese weißrosa Blüten leuchteten! Sie trotzten dem trüben Wetter. Heute Nacht musste es umgeschlagen haben. Bestimmt würde bald der Regen einsetzen.
    Plötzlich erschrak Nymus heftig. Gerade als er das Fenster aufmachen wollte, setzte sich eine Krähe aufs Fensterbrett und starrte zu ihm herein.
    Nymus schrie entsetzt auf, rannte zur Tür und stürzte hinaus. Fast wäre er über den Teppich im Flur gestolpert, als er zum Treppenabgang hastete. Er donnerte die Holztreppe hinunter.
    Da öffnete sich eine Tür und Herzelind trat heraus. „Nymus, was ist denn los? Hast du schlecht geträumt?“
    „Eine Krähe!“, japste er. „Auf dem Fensterbrett oben hockt eine Krähe!“
    Doch Herzelind blieb ruhig. „Das wird unsere Takra sein. - Weißt du denn nicht, dass fast alle Zauberer und Hexen eine oder mehrere Krähen oder andere Rabenvögel bei sich halten? Die sind sehr klug und oftmals gute Informationsquellen. Komm, wir gehen hoch und fragen Takra, ob sie Neuigkeiten für uns hat.“
    Herzelind stieg die Stufen hoch und Nymus folgte ihr, noch immer mit stark klopfendem Herzen.
    „ Aber natürlich, es ist Takra“, rief Herzelind und ließ den Vogel herein. „Grüß dich, Takra.“
    „ Guten Tag, liebe Herzelind“, grüßte der Vogel zurück.
    Nymus Kinnlade klappte vor Staunen herab, als er den Vogel so deutlich und vor allem höflich reden hörte. Bisher hatte er Krähen nur mit Gekreisch verbunden, aber niemals mit kultiviertem Sprechen.
    „Es gibt etwas zu berichten“, fuhr Takra fort. „Zwei Schwarzmagierkrähen umkreisen den Garten. Sie suchen einen Jungen“, und dabei musterte sie Nymus, „wissen aber nicht, wie er heißt, sondern nur, wie er aussieht. Sie sind sicher, dass er hier ist.“
    „ Woher wissen sie das?“, überlegte Herzelind. „Ach, dein Fahrrad, Nymus. Wenn sie einen Gegenstand von dir besitzen, können sie sich, wenn du dich nicht schützt, in deine Gedanken hineindenken und so unter Umständen herausfinden, wo du bist.“
    „ Unter Umständen? Was heißt das?“, fragte Nymus beklommen.
    Herzelind seufzte. „Sie lesen sozusagen deine Gedanken mit. Wenn du also denkst, dass du im Hause des Professors bist, erfahren sie deinen Aufenthaltsort.“
    Nymus spürte schon wieder, wie sich sein Magen verkrampfte. „Können sie noch mehr mitlesen?“
    Herzelind nickte. „So ziemlich alles. Aber das Mitlesen ist sehr anstrengend. Darum werden sie deine Gedanken wohl nicht rund um die Uhr kontrollieren. Diese Fähigkeit beherrscht auch nicht jeder.“
    Sie wandte sich wieder Takra zu. „Kannst du die beiden weiterhin beobachten? Vielleicht bekommst du noch mehr heraus. Wir wissen nämlich nicht, warum sie den Jungen suchen. Und das wäre sehr wichtig für uns.“
    „ Ich versuche es“, antwortete der Vogel, trippelte über den Schreibtisch ans Fenster und flog auf eine Fichte.
    „ Können die Schwarzmagierkrähen nicht auch hierher ans Fenster fliegen?“, fragte Nymus.
    „ Nein. Wenn sie dem Anwesen zu nahe kommen, werden Abwehrkräfte aktiv. Sie spüren dann so etwas wie elektrische Schläge, die umso heftiger werden, je mehr sie sich der Mitte nähern. Sollten sie sich dennoch soweit wagen, können die Schläge für sie tödlich sein. Dieser Abwehrzauber gilt nur für Schwarzmagier. Andere Vögel merken nichts davon.“
    „ Und wenn sie sich in Menschen zurückverwandeln, können sie dann hereinkommen?“, hakte Nymus nach.
    „ Ja. Aber nicht in böser Absicht und nicht gewaltsam. Der Tür- beziehungsweise Fensteröffnungszauber funktioniert zum Beispiel nicht. Da hat Rodubert Vorkehrungen getroffen. Sie können also