Dr. Sex
Sie erhob sich, eine hochgewachsene Frau, alles andere als zerbrechlich. Durch die unvermittelte gleitende Bewegung waren die Konturen ihres Körpers unter dem Kleid zu erkennen. Sie sprach den Gedanken, die Drohung oder was immer es war, nicht zu Ende, sondern stand einfach da und starrte uns an, als hätte sie uns mit einer Herausforderung konfrontiert, der wir uns nicht stellen wollten.
Auch Prok stand auf. »Sie haben vollkommen recht, Betty«, sagte er. »Auch wenn es sehr angenehm ist, hier zu sitzen und zu plaudern, haben wir schließlich noch etwas vor.« Ein Blick zu Corcoran, zu Rutledge (wo er bedeutsam verweilte) und schließlich zu mir. »Also, wollen wir?« Seine Stimme verhallte dumpf und tonlos, und ich erkannte, daß auch er begierig war zu beginnen. Alle erhoben sich. »Corcoran, geh doch mit Miß ... Betty ... schon mal nach oben.«
Mein Herz hämmerte. Ich hatte bereits erraten, was jetzt kam, war mir aber nicht ganz sicher, denn etwas Derartiges hatten wir noch nie gemacht, jedenfalls nichts von diesem Kaliber und gewiß nicht als Demonstration, live und vor Publikum, und ich konnte nicht glauben, daß Prok wirklich bereit war, so weit zu gehen. Im Wandschrank zu stehen und einer Prostituierten bei der Arbeit zuzusehen war eine Sache, aber ... aber mein Blick war auf Bettys Hintern und ihre Hüften geheftet, als sie die Treppe hinaufging und ihre Waden sich spannten und entspannten und das Kleid sich sanft über ihnen bauschte. Ich roch ein Parfüm, das ich nicht kannte – Rosenwasser oder Flieder –, und der Duft fuhr direkt in meinen Unterleib. »Ja«, sagte Prok, »da oben, die linke Tür, genau die, Corcoran. Wir haben nicht viel gemacht mit dem Speicherzimmer, es ist bestimmt ein bißchen warm, aber dafür gemütlich. Und wir sind ganz ungestört. Das müßt ihr zugeben.«
Und dann gingen wir im Speicherzimmer umher, alle außer Mac, die unten geblieben war, »um aufzuräumen«, wie sie sagte. Die Luft war stickig, und es roch nach Sägemehl und Lack, als hätten die Zimmerleute eine begonnene Arbeit nicht zu Ende gebracht. Die Decke war niedrig und unfertig, die Wände bestanden aus Fichtenbrettern, die einfach an die Pfosten genagelt waren. Der Raum hatte sich nicht sehr verändert, seit ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, damals, kurz nachdem Prok mich eingestellt hatte: das Einzelbett an der Wand unter der Dachschräge, die Angelrute in der Ecke, die ausrangierten Spielsachen und Sportgeräte der Kinder. Der einzige augenfällige Unterschied war, daß der Tischtennistisch entfernt und durch ein halbes Dutzend Holzstühle ersetzt worden war, die im Halbkreis um das Bett standen.
Es war ein unbehaglicher Augenblick. Die Präsenz der Frau überwältigte uns alle, sogar Prok, bis Corcoran die Sache in die Hand nahm. Er trug einen hellen, sportlich geschnittenen Sommeranzug und hatte wegen der Hitze die Krawatte gelockert. Sein Haar war von der Sommersonne gebleicht – er spielte gern Tennis und, wenn er Zeit dafür fand, auch Golf –, und sein Gesicht war gebräunt. Er sah gut aus. Sehr gut. Beinahe als wäre er aus einem Hollywoodfilm über polospielende feine Pinkel oder Playboys an der Riviera getreten. »Setzt euch doch und macht es euch bequem«, sagte er und nahm die Frau an der Hand, »dann können Betty und ich zur Sache kommen.« Und zu der Frau: »Können wir?«
Rutledge warf mir einen Blick zu, der Verblüfftheit vermitteln sollte, doch ich sah, wohin seine Vermutung ihn geführt hatte und daß er erregt war. Die Stuhlbeine kratzten über den Boden, als wir – Prok, Rutledge und ich – Platz nahmen, uns zurechtsetzten, die Beine übereinanderschlugen und taten, als wären wir ganz ungezwungen, was uns gründlich mißlang. Corcoran hatte inzwischen begonnen, die Frau zu küssen – Zungenküsse –, ließ seine Hände über ihren Körper wandern, zu ihrem Hintern und wieder hinauf zu den Brüsten, die er streichelte, und sie tat es ihm nach. Ihre Hände bewegten sich wie flinke weiße Tiere über sein Jackett und seine Hose.
Dann waren sie auf dem Bett und küßten sich noch leidenschaftlicher. Corcoran öffnete die Knöpfe auf dem Rücken des Kleids und den Verschluß des Büstenhalters und streifte beides mit einer einzigen Bewegung von ihren Armen, so daß sie bis zur Taille nackt war und ihre Brüste frei schwangen. Ihre Hände wurden eiliger, zerrten an seinem Hemd, rissen an den Knöpfen. Die beiden gerieten in eine Art Raserei, bis sie nackt waren und Corcoran
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