Dr. Sex
Verfügbarkeit von Darstellern. Zum einen war Betty noch immer in der Stadt und noch immer zu allem bereit. Ich sah sie manchmal in ihrem neuen Cabriolet oder im Supermarkt, wo sie in der gestärkten weißen Schwesterntracht, die sie sich selbst geschneidert hatte, um ihren üppigen Maßen gerecht zu werden, einen Einkaufswagen vor sich herschob. Hin und wieder unterhielten wir uns – wir waren schließlich Freunde. Sie war eine Freundin der Forschung, und ich war ein Freund von ... freundschaftlichen Beziehungen. Und dann war da noch Vivian Aubrey, ehemals Studentin an der Columbia University, die uns bei unseren ersten Aufenthalten in New York eine so unschätzbare Hilfe gewesen war. Sie kam, angelockt von Proks Ruhm, jetzt öfter nach Bloomington, wie auch einige andere Frauen (eine andere Vivian fällt mir ein, Vivian Brundage mit den multiplen Orgasmen, eine sechzigjährige Frauenärztin aus Philadelphia, die wir mehrmals und mit verschiedenen Partnern filmten). Und Männer. Immer Männer. Denn Proks Begehren wandte sich immer mehr den Männern zu.
An unseren ersten Film, Corcoran und Betty in einer Reprise ihrer früheren Rolle, kann ich mich am besten erinnern. Es war gegen Ende des Jahres – die Feiertage standen bevor, Prok holte den Weihnachtsmannbart aus der Mottenkiste, Vivian Aubrey packte die Koffer, um ihre Eltern in Florida zu besuchen, meine Mutter erschien unangekündigt, um ein paar Tage mit ihrem Enkel zu verbringen –, als Prok uns mit geheimnisschwangerer Stimme bat, uns in einer Institutsangelegenheit am Abend in seinem Haus einzufinden, ohne Frauen. Meine Mutter konnte das nicht verstehen. Während des ganzen Abendessens fragte sie mich über Prok und das Projekt aus. Wann würde sie ihn wiedersehen? So ein netter Mann. Und wie er in seiner Arbeit aufging! Wie hatte mir sein Foto in dieser Zeitschrift gefallen? Und das von Mac – war das nicht ziemlich schmeichelhaft gewesen? Denn eine Schönheit war sie ja weiß Gott nicht. Ich schnitt das Fleisch auf meinem Teller, tauchte die Gabelzinken in den Kartoffelbrei und versicherte ihr, Prok habe sich gar nicht verändert (eine Lüge), er spreche oft und sehr freundlich von ihr (eine weitere Lüge), und sie werde ihn morgen im Institut sehen, aber die Besprechung heute abend sei intern und bestimmt sehr langweilig.
Iris pflichtete mir bei. »Glaub mir, das ist nichts für dich, Irene. Da stecken Prok und seine Jungs die Köpfe zusammen und ergründen den weiblichen Orgasmus.«
Meine Mutter warf mir einen Blick zu und wandte sich dann an Iris. »Du bist nicht fair, Iris. Er ist ein so –«
»- netter und großzügiger Mann?«
»Das wollte ich nicht sagen, aber ja, ich glaube, das ist er. Ein großer Mann. Und John sollte sich glücklich schätzen, bei diesem Unternehmen dabeisein zu dürfen. Ich bin sehr stolz auf dich, John, wirklich.«
Iris wischte einen Spinatklecks weg, der irgendwie den Weg von John Juniors Lätzchen zu seiner Stirn gefunden hatte. »Jaja, ich weiß«, sagte sie. Ihre Stimme war müde und durchtränkt von Sarkasmus. »Ich danke Gott täglich auf Knien.«
Und dann war ich draußen in der Kälte, der Dodge erwachte beim dritten Versuch unwillig zum Leben, die Scheinwerfer bohrten sich durch die Nacht, als ich in die Stadt und zu Proks Haus fuhr, dem Lebkuchenhaus, das in weihnachtlichem Lichterglanz erstrahlte. Ich stieg aus dem Wagen, zog fröstelnd die Schultern hoch und eilte den Fußweg entlang zum Haus, wobei ich kaum auf die dunklen Umrisse der erfrorenen Blumen und zahlreichen jungen Bäume achtete, die im verwahrlosten Vorgarten um Halt für ihre Wurzeln kämpften. Ich stand auf der vertrauten Schwelle und läutete.
Mac öffnete die Tür mit einem freundlichen Lächeln. Sie war gekleidet – und geschminkt –, als wollte sie ins Konzert oder ins Theater gehen. Es war ein Kleid, das ich noch nie zuvor gesehen hatte, und die Ohrringe waren juwelenbesetzte kleine Weihnachtsbäume. Sie hatte eine frische Dauerwelle. »John«, hauchte sie, »komm rein. Schön, daß du da bist.« Es tat mir leid, daß ich ihr nichts mitgebracht hatte, keine Blumen, keine Pralinen, nicht einmal einen Käse.
»Ich ... ich wußte nicht, daß das eine so offizielle Sache ist, sonst hätte ich mindestens einen Käse mitgebracht.«
Das war ein alter Witz zwischen uns, und sie lachte, um mir zu zeigen, wie sie sich darüber freute. »Heute abend brauchen wir keinen Käse. Prok hat extra einen Barbados-Punsch gemacht.« Sie hielt inne. »Und
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