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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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bestimmt gern, wie es ihm ergangen ist. Sie hatten früher einmal ein … Verhältnis.«
    »Aha. Nun ja, dann wird es sie sicher freuen, dass er es gut, um nicht zu sagen hervorragend getroffen hat.«

    »Wie schön.«
    »Bis vor Kurzem war er sogar Berater und Vertrauter der …« – er senkte die Stimme – »… königlichen Familie.«
    »Nicht möglich!«
    »Doch. Der König und er waren so dicke.« Er kreuzte die Finger vor seiner Nasenspitze.
    »Donnerwetter.«
    Plötzlich fiel dem Empfangschef ein, dass man ihm dringend geraten hatte, Fremden nicht zu trauen. Obwohl ihm der genaue Wortlaut entfallen war, hatte er für solche Gelegenheiten eine kleine Rede parat.
    »Die königliche Familie hat unserem Land und unserem Volk jahrhundertelang das Blut ausgesaugt. Zum Glück sind wir den Tyrannen jetzt los und können unser großartiges Vaterland mit vereinten Kräften wieder aufbauen.«
    Sein Vortrag ließ den rechten Schwung vermissen.
    »Wenn er zu den Blutsaugern gehörte, ist der gute alte Kumron vermutlich schon auf dem Weg ins Umerziehungslager.«
    »Aber nein, Genosse. Herr Kumron ist ja nicht auf den Kopf gefallen. Die Partei macht sich seine Kenntnisse zunutze, um ihre Macht in der Nordregion zu festigen.«
    Plötzlich passte alles zusammen: der Berater des Königs, der Rettungsversuch, die Verbannung der königlichen Familie, die Abrechnung mit ihr. Die Piloten hatten es gewusst: »Wir sind verraten worden.«
    Warum hätte ihm ein Lebender im Traum erscheinen sollen, es sei denn, er war auf andere Weise gestorben? Siri war kein Anhänger der Monarchie; er war nicht einmal ein besonders großer Freund des Kommunismus; aber er war ein Mann mit Prinzipien. Ganz gleich welche Überzeugung ein Mensch auch vertrat, er war auf die Ehre und das Vertrauen
der Männer und Frauen angewiesen, die derselben Überzeugung anhingen wie er. Dieses Vertrauen zu missbrauchen, kam in Siris Augen einer Sünde gleich.
    Er hatte die mehr als vierzig Jahre Dschungelkrieg nicht nur deshalb überlebt, weil er, wenn nötig, kämpfen oder die Flucht ergreifen konnte – das konnte schließlich jedes Tier -, sondern wegen der Menschen in seiner Umgebung. Sie alle einte dasselbe Schicksal. Man musste sich darauf verlassen können, dass ein Genosse zu seinem Wort stand und eher sein eigenes Leben hingab, als das eines Mitstreiters zu opfern. Zumindest anfangs war es so gewesen.
    Kumron war zum Berater des Königs aufgestiegen. Er hatte sich einen Platz im Herzen des alten Herrn erobert. Doch um seine Privilegien zu sichern, hatte er ihre Fluchtpläne ausgeplaudert und die königliche Familie so um ihre letzte Überlebenschance gebracht. Da sich ihre wahren Freunde ohnehin an einer Hand abzählen ließen, war dieser Verrat vermutlich der Giftpfeil gewesen, der dem königlichen kwun endgültig den Garaus gemacht hatte. Wenn das Wort Ehre in der heutigen Zeit überhaupt noch eine Bedeutung besaß, hätte der Mann nicht belohnt, sondern hingerichtet werden müssen. Aber wer außer ihm wusste davon?
    Siri bemerkte, dass er noch immer an der Rezeption stand und der Empfangschef ihn neugierig durch sein Brillenglas beäugte, weil er auf seine nächste Frage wartete. Außerdem schwante ihm, dass er der Einzige war, der in dieser Sache etwas unternehmen konnte.
    »Wissen Sie was?«, sagte Siri. »Ich glaube, ich sage ihm doch rasch guten Tag.«
    Er ging durch den braun getäfelten, mit rotem Linoleum ausgelegten Speisesaal. An der Rückwand brummte eine
riesige Klimaanlage und sorgte für eine angenehme Temperatur. Die kleinen Tische waren, bis auf einen, ungedeckt. Dort saß Kumron mit dem Rücken zur Tür und las Zeitung. Vor ihm stand etwas, das in Laos seltener zu finden war als eine zweiköpfige Nagaschlange – eine eisgekühlte Flasche Bier.
    Siri wusste, dass der Erfolg dieses kleinen Manövers davon abhing, wie sicher sich Kumron wähnte und wie sehr ihn sein Gewissen quälte. Der Doktor umrundete den Tisch und warf einen Schatten auf die Zeitung. Als Kumron bemerkte, dass Siri nicht der Kellner war, hob er den Blick.
    »Glauben Sie an Geister, Genosse Kumron?«
    Kumron war ein ruhiger, ausgeglichener Mensch, der sich von der Frage eines Fremden nicht aus der Fassung bringen ließ. Er lächelte höflich. »Darf ich fragen, wer das von mir wissen möchte?«
    »Mein Name tut letztlich nichts zur Sache. Ich bin nur ein einfacher Bote.«
    Der Kellner mit dem kurzärmeligen, ehemals blütenweißen Hemd und der breiten, grell gemusterten

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