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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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auf ihre Schritte, um den Burschen nicht zu zerquetschen, und näherte sich dem Haus.
    »Verzeihung. Ist jemand daheim?«
    Drinnen brannte Licht.
    »Wir sind da«, antwortete eine Frauenstimme. »Kommen Sie rein.«
    Dtui hatte das Gefühl, dass es die Frau gewohnt war, zu dieser späten Stunde noch Besucher zu empfangen. Die Tür schien unverschlossen, doch niemand öffnete. Sie klopfte an und stieß die Tür vorsichtig auf.
    »Entschuldigen Sie.«
    »Willkommen.«
    Ein Ehepaar in mittleren Jahren saß auf dem Boden. Zwischen den beiden lag eine Matte, auf der eine einfache Mahlzeit stand. Sie blickten lächelnd auf.
    »Haben Sie schon gegessen?«
    »Ja, danke«, log Dtui.
    »Kommen Sie. Setzen Sie sich zu uns, und essen Sie ein Häppchen mit.«
    Das verstand Dtui unter echter Nachbarschaft. Früher hatte selbst die ärmste Familie bereitwillig ihre letzten Brosamen geteilt. Diese Leute kannten sie nicht. Hoffentlich machte der Sozialismus all das nicht kaputt.
    »Verzeihen Sie, dass ich hier einfach so hereinplatze«, sagte sie und starrte auf die Matte auf dem holprigen Parkettfußboden.
»Mein Name ist Chundee Chantavongheuan, aber alle nennen mich nur Dtui. Ich arbeite als Krankenschwester im Mahosot.«
    »Wohlsein, Dtui«, sagte die Frau und schob ihr die kleinen Teller mit Fisch und Gemüse hin. Sie nahm den Deckel vom Klebreisbehälter und stellte ihn zu den anderen Sachen. Jetzt erhob der Mann das erste Mal die Stimme. Die Gesichter der beiden trugen sowohl männliche als auch weibliche Züge.
    »Ich bin Dr. Vansana, wie Sie vermutlich wissen. Das ist meine Frau Sam.«
    Dtui nickte lächelnd und klaubte mit den Fingern ein wenig Reis aus dem Behälter.
    »Wohlsein, zusammen.« Sie tunkte den Reis in eine der Saucen und schob ihn sich in den Mund. Sam verschwand durch die Hintertür.
    »Ich arbeite in der Pathologie«, sagte Dtui und nahm nach. »Ich arbeite für Dr. Siri Paiboun.«
    »Ja, ich habe schon von ihm gehört. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er vor allem im Dschungel praktiziert.«
    »Stimmt genau. Ich bin gekommen, um Sie um Hilfe in einem aktuellen Fall zu bitten; es geht um eine Mordserie.«
    »Der Bär?«
    In Vientiane gab es so gut wie keine Geheimnisse.
    »Ja. Nur bin ich mir allmählich ziemlich sicher, dass der Bär nichts damit zu tun hat.«
    »Ach nein?«
    »Dr. Vansana, Sie sind doch der Dienstarzt für die Umerziehungslager auf den Inseln im Nam-Ngum-Stausee?«
    »Ja. Seit über einem Jahr.«
    »Da müssten Sie die Insassen inzwischen doch eigentlich recht gut kennen?«

    »Sofern sie auf meine Bekanntschaft Wert legen, schon.«
    »Fällt Ihnen vielleicht jemand ein, der fähig wäre, Frauen gewaltsam umzubringen? Zum Beispiel ein psychopathischer Mörder, der kürzlich ausgebrochen ist?«
    »Ahh, Dtui. In Don Thao ist noch nie jemand ausgebrochen. Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit, die Insel zu verlassen: in einem Leichensack mit Namensschild daran. Unter den Häftlingen sind zwar ein paar Psychotiker und sicher auch der eine oder andere Mörder. Aber die wirklich ernst zu nehmenden Gewaltverbrecher werden alle … frühzeitig von den anderen Gefangenen abgesondert.«
    »Abgesondert? Sie meinen hingerichtet?«
    »Ich weiß nicht recht, ob ich überhaupt darüber sprechen darf. Es steht mir eigentlich nicht zu, mich dazu zu äußern.«
    »Aber möglich ist es?«
    »Ich glaube schon.«
    »Und wenn jemand hingerichtet wird, geschieht das auf der Insel?«
    »Ich habe nicht behauptet, dass das gängige Praxis ist, und habe es auch noch nie mit eigenen Augen gesehen. Aber die Verhältnisse dort sind barbarisch. Ständig stirbt jemand an Malaria, an der Ruhr oder Schlimmerem. Die Ausstattung lässt sehr zu wünschen übrig, und ich habe zu wenig Medikamente, um auch nur die einfachsten Krankheiten zu behandeln. Ich fahre zwei Mal die Woche auf die Inseln und stehe jedes Mal vor einem neuen Leichenberg. Ich habe keine Zeit, mir jeden Toten anzusehen, aber man hört so einiges.«
    »Nämlich?«
    »Zum Beispiel Bemerkungen wie: ›Sie brauchen Soundsos Lunge diese Woche nicht zu untersuchen, Doc. Die braucht
er sowieso nicht mehr. Er hat sich vorige Woche mit dem Direktor angelegt.‹«
    »Das ist ja furchtbar. Aber das haben Sie doch bestimmt gemeldet?«
    »Es steht in meinen Berichten, die ich wöchentlich beim Gesundheitsministerium einreiche. Das leitet sie dann an die Justizvollzugsbehörde weiter. Aber ich bezweifle, dass sie jemand liest. Die Verhältnisse haben sich jedenfalls

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