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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Jungs, so kompliziert ist die Sache eigentlich gar nicht. Älterer Bruder, meinst du, du könntest mir etwas mehr Luft zuwedeln? Es ist heiß hier.«
    Civilai zog ihm eins mit dem Fächer über.
    »Danke. Wo soll ich anfangen? Als ich in Luang Prabang war, habe ich mich ein wenig nach der Truhe umgehört, die ich im Ministerium gesehen hatte. Als ich sie beschrieb, wurde ich an unseren Freund Inthanet verwiesen. Er war einer der fünf noch lebenden Hüter der königlichen Puppen des Xieng-Thong-Tempels, die seit einiger Zeit zum Schweigen verurteilt sind.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, hat mein Kabinett ihnen verboten, sich bei ihren Aufführungen höfischer Sprache zu bedienen, und die Puppen haben sich geweigert«, sagte Civilai grinsend.
    »Genau. Die Truhe wurde feierlich verschlossen und im Xieng-Thong-Tempel verwahrt. Es war der klassische Zweikampf zwischen Puppe und Politbüro. Aber da die Puppen nicht die Absicht hatten, den Tempel zu verlassen, ließ die Regierung sie entführen.

    Eines Tages kamen zwei Männer in Safarianzügen und schnappten sich die Truhe. Niemand wusste genau, wer die Männer waren und wohin sie die Puppen bringen wollten. Dem Abt, der sie bewachte, wurde eine Direktive der Regierung vorgelegt, nach der die Truhe aus Sicherheitsgründen fortgeschafft werden solle. Als der Abt Näheres wissen wollte, wurde ihm beschieden, es sei alles streng geheim. Ihm waren die Hände gebunden.
    So gelangte die Truhe ins Archiv des Ministeriums, und plötzlich war der Teufel los. Die Truhe kann nämlich nicht nach Lust und Laune von jedem x-Beliebigen geöffnet werden. Die Geister der Puppen sind sehr mächtig und noch dazu schrecklich impulsiv. Sie waren bereits …«
    »Seit wann haben Puppen Geister?«, fuhr Civilai dazwischen.
    »Was?«
    »Puppen sind keine Menschen, und sie sind auch nicht tot. Also wie …?«
    »Ah, aber die Puppen sind aus Balsa, und bevor das Holz, aus dem sie geschnitzt werden, vom Baum geschnitten wird, muss der Puppenmacher die Erlaubnis der Baumgeister einholen. Balsa ist ein zartes Holz, in dem unzählige Geister wohnen. Wenn sie dahinterkommen, dass aus dem Holz das Abbild eines Menschen entstehen soll, geraten die eher nostalgischen Geister nicht selten in Versuchung, sozusagen die Seiten zu wechseln, und fahren in die Puppe. Für sie ist das wie die Rückkehr zu einem alten Wirt.
    Die Balsageister ziehen wiederum andere Geister an: tote Puppenspieler, Handwerker, Tänzer, bis jede Puppe eine eigene Persönlichkeit, eine eigene Energie entwickelt hat. Inthanet kennt sie alle und weiß, wie man die Truhe öffnet,
ohne die Puppen in Rage zu versetzen. Als ich ihm erzählte, dass ich im Ministerium eine Kiste mit dem königlichen Siegel gefunden hatte, war er sofort bereit, mit mir nach Vientiane zu kommen. Er ist ein echtes Original. Er würde dir gefallen, Bruder. Er ist sein Lebtag nicht aus Luang Prabang herausgekommen.«
    Phosy stand auf und trat an den Rand der Uferböschung, wo sie steil zum seichten Fluss abfiel.
    »Gut. Jetzt wissen wir, wer Inthanet ist. Und nun zu gestern Nacht. Ein paar Dinge kapiere ich nämlich immer noch nicht ganz. Darf ich fragen, warum die Zeremonie ausgerechnet gestern Nacht stattfinden musste?«
    »Ursprünglich sollte es erst am Wochenende losgehen.Wir hatten sogar ein kleines Orchester engagiert, und das hatte frühestens Samstag einen Termin frei.«
    »Sie haben ein Orchester engagiert?«
    »Nur ein halbes Dutzend traditionelle Instrumente. Außerdem hätten wir mehr Zeit gebraucht, um den hiesigen Balsabäumen den gebührenden Respekt zu zollen. Aber all diese Pläne haben Sie mit Ihrer Ungeduld zunichtegemacht.«
    »Ungeduld? Ich habe meinen Chef eine volle Woche hingehalten.«
    »Geduld ist die Mutter der Porzellankiste, mein Junge. Nur wer wartet, kommt ans Ziel.«
    »Oder wird vorzeitig in den Ruhestand versetzt.«
    »Als ich in der Klinik erfuhr, dass Sie drauf und dran waren, die Truhe zu öffnen, wusste ich, dass Sie in Schwierigkeiten stecken. Ich bin sofort nach Hause gerast und habe Inthanet und die wenigen Utensilien, die er zur Hand hatte, auf mein Motorrad geladen. Die Sache mit dem Kassettenrecorder hätte schwer ins Auge gehen können. Die
Puppen bevorzugen Livemusik. Wir haben in einem Balsahain angehalten, den Geistern kurz erläutert, was wir vorhatten, und uns von ihnen grünes Licht geben lassen.
    Die ganze Zeit habe ich mir vorgestellt, wie Sie, von zornigen Geistern besessen, mit dem Kopf voran durch das

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