Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
geringsten Skrupel, nachdem er – Gott, was war bloß in ihn gefahren?
Er zog sich frische Klamotten über und putzte seine Zähne, wobei er der übermüdeten Fratze im Spiegel halbherzige Grimassen schnitt, was ihn allerdings nicht sonderlich aufheiterte. Dann ging er zurück in die Küche, um sich einen starken Kaffee zu machen. Er warf einen Blick auf die Uhr über der Spüle – es war fast sechs Uhr morgens. Er schaufelte frisches Kaffeepulver in den Filter der Maschine und hätte den Löffel beinahe fallen lassen, als hinter ihm eine Stimme sagte: »Machst du mir bitte einen mit?«
Es war Singer.
Martin lächelte halbherzig und deutete auf einen der Küchenstühle an dem großen Esstisch. »Klar. Dauert nur einen Moment«, sagte er und schaufelte zwei weitere Löffel Kaffee in den Filter. Dann noch zwei. Singer nickte, stützte sein Kinn auf den Daumen seiner rechten Hand und trommelte mit dem Mittelfinger auf seiner Oberlippe herum. Dann legte er eine kleine Kassette auf die polierte Marmorplatte des Küchentischs. Martin hatte das Befüllen der Maschine beendet und lehnte an der Anrichte. Stumm musterten sich die beiden für eine Weile.
Schließlich wandte sich Singer an Martin: »Schlecht geschlafen?«
»Ehrlich gesagt ja. Sieht man’s so deutlich?« Singer nickte zögernd. »Und selbst?«
»Ich bin ein Frühaufsteher. Schon immer gewesen«, erwiderte Singer, »Und danke, ich habe ganz ausgezeichnet geschlafen. Die vollen vier Stunden.« Das war offensichtlich die Wahrheit. Singer sah wesentlich erholter aus als am Vorabend, auch wenn er immer noch dringend eine Rasur und andere Klamotten benötigte. Auf irgendeine unbestimmte Weise erleichterte diese Tatsache Martin, aber er kam nicht darauf, wieso. Der Kaffee war durchgelaufen und die Maschine beendete den Gang mit dem typischen Röcheln der letzten Tropfen. Aromatischer Duft erfüllte die Küche, als Martin das heiße Getränk in zwei große Thermosbecher goss.
»Zucker? Sahne?«, fragte er Singer.
»Danke. Schwarz und stark.«
»So, dass der Löffel drin stehenbleibt, nehme ich an?«
»Genau.«
»Dann wird Ihnen der hier schmecken«, sagte Martin und schob einen der Becher in Singers Richtung. Dann goss er seinen mit reichlich Milch aus dem Kühlschrank auf und setzte sich an den Küchentisch.
Für eine Weile schwiegen sie beide, gänzlich versunken in die Betrachtung des Geschehens in ihren Kaffeetassen.
»Sie haben mir gestern nicht alles erzählt, oder?«
Singers Gesicht ließ sich keine Reaktion erkennen. »Beziehungsweise uns ?« Dabei ließ Martin bewusst offen, ob er mit ‚uns’ sich selbst und Antonia oder seine ominösen Verbündeten im Kampf um Informationen meinte.
»Ich habe nicht gelogen, falls du das meinst.«
»Nein?«, fragte Martin und nahm einen kleinen Schluck Kaffee. »Was dann?«
Singer schien zu überlegen. »Okay«, sagte er. »Ich habe etwas ausgelassen, weil es mir selbst fast zu fantastisch erscheint, als dass ich es glauben könnte. Ich glaube, ich möchte es auch gar nicht glauben.« Er seufzte und starrte in seine Kaffeetasse, während er abwesend darin herumrührte. »Und ich möchte es Antonia ersparen. Aber ich habe es nun mal mit eigenen Augen gesehen.« Nun wirkte Singer doch ein wenig müde, und irgendwie älter. Etwas wie ein dunkler Schleier legte sich für einen Sekundenbruchteil auf seine Augen und war gleich darauf wieder spurlos verschwunden.
»Und Sie haben es aufgezeichnet«, sagte Martin und deutete auf die kleine Kassette auf dem Tisch. Singer legte einen Finger darauf und schob sie unschlüssig auf der glatten Platte hin und her. Dann sagte er: »Es geht um die Biowaffe, Martin. Es ist nicht im eigentlichen Sinne eine Waffe . Oder doch, schon. Nur ist es kein Virus oder ein im
Weitere Kostenlose Bücher