Drachen-Mädchen
der Party für die Zwillinge beginnen, bevor sie noch unruhiger werden, damit wir wenigstens dies hinter uns haben. Danach können wir uns noch einmal treffen und ein gemeinsames Vorgehen planen…«
Draußen erscholl plötzlich Lärm und Getöse und schnitt ihm das Wort ab.
»Ich fürchte, sie sind bereits unruhiger geworden«, bemerkte der Zombiemeister schiefmäulig.
Sie eilten zu dem Fenster, das der Gute Magier benutzt hatte. Von dort hatten sie einen guten Blick auf den Graben und die nähere Umgebung des Schlosses. Irene erspähte eine Rauchwolke, die durch den Wald immer näher kam. »Ich glaube kaum, daß das die Kinder sind«, meinte sie.
Nein, es war auch kein richtiger Rauch, eher ein Dampf oder kondensierendes Wasser. Es war…
»Der Spaltendrache!« rief Arnolde Zentaur. »Er wagt einen Überfall, und zwar hier !«
»Und wir dürfen ihm nichts tun«, warf Dor ärgerlich ein. »Was erwartet Humfrey eigentlich von uns – daß wir dem Vieh ein gelbes Schleifchen um den Schwanz binden und es dienernd nach Hause begleiten?«
»Die Kinder!« rief Irene plötzlich entsetzt. »Die Kinder sind draußen!« Sie jagte durch das Schloß und rannte durch die Vordertür, alles andere vergessend. Ihre Vision, der Drache… »Ivy! Ivy!« rief sie.
Lacuna saß am Rand des Grabens und überzog die schleimige Oberfläche des Grabens mit Worten, Sätzen und Absätzen. Das war ihr Talent: sie konnte alles mit Druckschrift überziehen und sie nach Belieben verändern. Sie war so sehr in ihre Beschäftigung vertieft, daß sie die drohende Gefahr offenbar überhaupt nicht bemerkte. »Ivy geht es gut, Euer Majestät. Sie verzaubert gerade die Zombies. Die mögen sie.«
»Der Spaltendrache ist da!« keuchte Irene. Doch sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als das Ungeheuer, von einer gewaltigen Dampfwolke umhüllt, auch schon erschien.
Irene versuchte, den Grabenrand entlangzulaufen, um zu Ivy zu gelangen, doch das Kind befand sich auf der gegenüberliegenden Seite. Der Drache auch. Er kam gerade auf sie zu gestürzt.
Irene stieß einen Schrei aus. Ivy hob den Blick und bemerkte sie. Das Kind hatte dem Drachen den Rücken zugekehrt.
Da erblickte einer der Zombies den Drachen. Einen langen Augenblick hielt er inne, während sich ein Gedanke einen Weg durch sein Schlammhirn bahnte und der Drache immer näher herandampfte. Der Gedanke hatte Glück: er schaffte es bis ins Befehlszentrum des Zombies.
Der Zombie nahm das Kind auf und schlurfte den Graben entlang, um dem Ungeheuer aus dem Weg zu gehen.
Der Drache stürzte dampfend bis zum Grabenrand – und stieß mit seinem Vorderkörper vor. Ein großes Grabenungeheuer griff ihn an. Es war schon so weit jenseits von Gut und Böse, daß es weder über Furcht noch über Vernunft verfügte, doch bestanden seine Zähne größtenteils nur noch aus Karies und konnten die stahlharten Schuppen des Drachens nur wenig beeindrucken. Der Drache schüttelte es ab und machte sich, Schnauze zuerst, daran, die Außenmauer des Schlosses zu rammen, daß das Gestein nur so bröckelte.
Endlich hielt er inne, den Kopf tief in der Mauer vergraben. Doch befand er sich nicht etwa in der Falle; er hob vielmehr nur den Kopf, worauf ein noch größerer Mauerabschnitt einstürzte. Schleimstein war einfach nicht dafür gedacht, einer solchen Behandlung zu widerstehen!
Nun kamen Zombies herbeigerannt, um das Schloß zu verteidigen. Sie hielten rostige Schwerter und ranzig stinkende Keulen in den halbverwesten Händen. Erfolglos hieben und stachen sie auf den Rücken und die Flanke des Drachens ein. Von diesem Unfug irritiert, zog der Drache den Kopf aus der Lücke und ließ eine Dampfwolke hervorschießen, die die Zombies völlig umhüllte. Als die Wolke sich wieder verzogen hatte, befanden sich die Zombies in einem beklagenswerten Zustand: Teile ihres verfaulenden Fleisches waren dahingeschmolzen, daß nur weichgedampfte Knochen übrig blieben, und der Rest war viel zu sehr durchgekocht, um noch richtig funktionsfähig zu sein. Im allgemeinen waren Zombies immun gegen körperliche Schäden, wenn man einmal vom Zerhacken absah, aber auch das hatte seine Grenzen. Sie stürzten taumelnd in den Graben, was zwar die anderen Grabenbewohner heftig irritierte, das Gewässer selbst dafür aber sehr bereicherte.
Nachdem es ihm gelungen war, die Verteidigung des Schlosses zu durchbrechen, verlor der Drache das Interesse und drehte sich zu Irene um.
Der Spaltendrache war ein flaches Geschöpf
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