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Drachenblut 01 - Die Väter

Drachenblut 01 - Die Väter

Titel: Drachenblut 01 - Die Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Herzberg
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niedergestreckt. Aber seinem Knappen das Bein abzuschlagen ...
    Wieder
rannte Siegfried wie kopflos durch das Lager, in dem noch kurz zuvor ein Haufen
Männer ihr Unwesen getrieben hatte. Sein Blick fiel auf einen ledernen Beutel,
aus dem ein ganzes Bündel sauberer Tücher hervorschaute. Wie in Trance griff er
nun nach seinem Schwert, zog es aus der Scheide und machte ein paar
entschlossene Schritte auf Gunther zu. Noch ein letztes Mal schaute er in das
freundliche Gesicht seines Knappen. Obwohl sie sich erst kurze Zeit kannten,
hatten sie doch eine Menge miteinander erlebt. Schon seit Beginn ihrer Reise
waren sie von Tag zu Tag enger zusammengewachsen. Was sonst hätte ihn dazu
gebracht, auf die vermeintliche Belohnung für seine Heldentaten zu verzichten
und stattdessen nach ihm zu suchen?
    Die
scharfe Klinge fand ihr Ziel genau zwischen Knie und Leiste. Überraschend wenig
Widerstand spürte Siegfried, dessen Hieb trotz aller Entschlossenheit dann doch
eher zögerlich erfolgte. Gunther hatte sich nicht einmal bewegt ... kein
Geräusch von sich gegeben.
    »Ob er
schon bei seinem Schöpfer ist?«, entfuhr es ihm in leisem Ton.
    Kein
Laut, keine Bewegung. Siegfried betrachtete den übriggebliebenen Stumpf.
Hellrotes Blut spritze in langen unregelmäßigen Abständen aus einer der
freiliegenden Adern. Sein Herz schlug noch. Jetzt galt es so schnell wie
möglich die Wunde zu verbinden, damit nicht Schmutz oder zu hoher Blutverlust
zum unausweichlichen Tode führte.
     
    Wo
war nur dieser große Kerl geblieben? Ein letztes Mal schaute Siegfried suchend über die Lichtung. Gunther hatte er
auf ein Pferd gelegt und mit zwei Stricken darauf fest verzurrt. Sobald er sein
eigenes Ross erreicht hätte, galt es so schnell wie nur möglich zu reiten. Wenn
es für seinen Knappen überhaupt noch eine Rettung gab, dann war es Lucy, die
hübsche Magd aus dem Kinderheim. Siegfried hatte gesehen, wie liebevoll aber
auch kundig sie die Wunden der Kinder versorgt hatte. Mit Kräutern und Blättern
hatte sie heilende Umschläge bereitet, die manch eine Verletzung schon nach
kurzer Zeit harmlos wirken ließ. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Entweder
Lucy konnte helfen - oder ...
     
    Sein
Pferd schwitze und auch der Schaum vor seinem Maul verhieß kaum etwas Gutes.
Seit Ewigkeiten galoppierte Siegfried nun schon durch den Wald. Vor einiger
Zeit hatte er erneut die alte Eiche passiert, die nunmehr wie ein Meilenstein
aller Geschehnisse auf ihn wirkte. Immer wieder hatte er an dieser Stelle
Entscheidungen treffen müssen oder war, von eben dort, zu neuen Abenteuern
aufgebrochen.
    Als er
endlich das Kinderheim erreichte, graute bereits die nächste Nacht. Lucy kam
herausgeeilt. Ich Lächeln wich einer besorgten Miene, als sie Gunther sah, der
leblos über dem zweiten Pferd hing.
    »Was
ist geschehen?«, wollte sie wissen.
    »Später!
Hilf mir ihn hineinzutragen. Wir brauchen deine gesamte Kunst ... sonst ist er
verloren.«
    Sie
packten den Knappen, dessen Stöhnen, zumindest in diesem Moment, erleichternd
auf Siegfried wirkte. Wenigstens steckte noch ein wenig Leben in ihm.
    Im
Inneren angekommen betteten sie Gunther auf einem langen Tisch. Lucy holte
einen Tiegel hervor, in dem sich ein fürchterlich stinkendes Gemisch aus
Kräutern, Blättern und einer zähen Paste befand, die Siegfried nicht zu
erkennen vermochte. Als sie die Verbände entfernte, wäre der Drachentöter am
liebsten gleich wieder hinausgelaufen. Wobei in seinem Magen ohnehin nichts
mehr war, was diesen hätte verlassen können.
    »Haltet
das Bein hoch - ich muss von allen Seiten herankommen«, forderte ihn Lucy jetzt
bestimmt auf.
    »Glaubst
du, dass er noch eine Chance hat?«, erkundigte sich Siegfried besorgt.
    »Ich
weiß es nicht. Aber ich werde nichts unversucht lassen, um Euren Knappen dem
Tod von der Schippe zu reißen.« Lucy schien genau zu wissen, was zu tun war.
Immer wieder salbte sie die Wunde bis tief ins Innere hinein. Gunther spürte
von all dem nichts, denn seine Ohnmacht war so gewaltig, dass er selbst den
eigenen Tod verschlafen hätte.
     
    Eine
bessere Pflege hätte sich kein Mann wünschen können, dachte Siegfried am Morgen
des nächsten Tages. Lucy kühlte ohne Unterlass Gunthers glühenden Kopf und
erneuerte immer wieder die Umschläge, welche das Gift aus dem eitrigen Stumpf
saugen sollten. Zumindest die Nacht hatte Gunther überlebt. Ein gutes Zeichen!
Siegfried hatte es dann nicht mehr ausgehalten und war zu den Pferden
hinausgeeilt.

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