Drachenblut 01 - Die Väter
langsam«, vernahm er nun ein Flüstern, »meine Brüder werden
sich über deine Rüstung und deinen Geldbeutel sicher freuen, Ritter.«
Auf
wackeligen Füßen stapfte Siegfried zur Feuerstelle hinüber, an der sein
Erscheinen für lebhaftes Treiben sorgte. Ausgerechnet die einzige verwundbare
Stelle hatte sich dieser Kerl ausgesucht. Er hatte die Klinge zwischen seinen
zweiteiligen Rückpanzer geschoben und war dabei unbewusst auf diesen
unerfreulichen Schwachpunkt gestoßen. Siegfried spürte bereits das Blut an
seinem Rücken hinablaufen. Wenn dieser Kerl in einem unüberlegten Moment
zustoßen würde, dann wäre es um ihn geschehen.
»Wen
haben wir denn da?«, krähte der Größte lachend, nachdem er sich müde erhoben
hatte.
»Endlich
mal ein Ritter. Allein sein Schwert wird uns ein paar Silberstücke einbringen«,
meinte ein Zweiter begeistert.
»Reißt
ihm die Rüstung runter und durchsucht ihn. Ich will wissen, was der Kerl in
seinem Wams mit sich trägt.«
Siegfried
wurde von hinten zu Boden gestoßen. Noch immer spürte er die Klinge zwischen
seinen Schultern. Jetzt nahm der Druck sogar noch zu und fast glaubte er, dass
sein letztes Stündlein geschlagen hätte, als die Gesetzlosen einen
verhängnisvollen Fehler begingen.
»Dreht
ihn auf den Rücken! Ich will endlich sehen, was dieser Narr vor uns verbirgt«,
polterte wieder der Größte, der offensichtlich der Anführer dieser Meute war,
»und zückt die Waffen - der Kerl hat es gleich hinter sich.«
Siegfried
spürte, wie das Messer aus seinem Panzer herausgezogen wurde. Jetzt fühlte er
viele Hände, die nach ihm griffen und seinen Leib auf den Rücken drehten. Aus
dem Augenwinkel konnte er eine andere, weit größere Klinge erkennen, die ihm
seine Flanke aufschneiden sollte. Krachend brach auch dieser Stahl, denn von
dieser Seite gab es kein Eisen, dass die Härte des Drachens zu durchdringen
imstande war. Das nächste Schwert packte Siegfried erneut mit bloßen Händen und
rammte dem Angreifer seine Waffe durch das Wadenbein. Mit ohrenbetäubenden
Schreien sprang dieser davon, als ob er Veitstänze vollführte. Schnell hatten
zwei weitere Gesetzlose ihr Leben verloren, was den Rest der Meute nun zögern
ließ.
»Wer
seid Ihr?«, erkundigte sich der Große knurrend, »und warum schlachtet Ihr meine
Männer ab?«
»Das
fragst du noch, du Barbar«, gab Siegfried höhnisch zurück, »mit dem Messer im
Rücken hättest du mich vielleicht besiegen können, aber jetzt seid Ihr alle dem
sicheren Tode geweiht!«
Siegfried
erkannte Angst, aber auch Entschlossenheit in den Augen seiner Gegner. In
diesem Augenblick erinnerte er sich an das Rudel Wölfe, welches ihm vor nicht
allzu langer Zeit, fast ebenso gegenübergestanden hatte. Vernunft oder Furcht
war bei dem einen, Wut und Auflehnung bei dem anderen zu erkennen. Als dann die
ersten Zwei auf ihn zusprangen, waren sie für ihn nichts anderes als die
letzten Wölfe, von denen er den einen glatt in der Mitte geteilt hatte.
Ungestüm drangen die beiden mit gezogenen Kurzschwertern auf ihn ein.
Siegfrieds Klinge beschrieb einen Halbkreis, an dessen Ende der Kopf des Ersten
auf dem Waldboden landete. Sein zweiter Hieb teilte die Flanke des anderen fast
bis zur Hälfte und ließ auch diesem keine Zeit mehr für weitere Atemzüge.
Die
kurze Pause nutze er nun dazu, einen Blick auf den Verschlag zu werfen.
Tatsächlich! Gunther lag zusammenkrümmt darin und war durch den Lärm nicht
einmal erwacht. Entweder er war bereits tot, oder kurz davor, seinem Schöpfer
entgegenzutreten. Wütend sprang Siegfried nun dem Rest der Meute entgegen, der
sich ängstlich immer weiter zurückzog. Sein nächster Hieb ließ gleich zwei
Männer auf einmal ihr Leben aushauchen. Immer ungestümer führte der junge
Ritter seine Klinge, um am Ende erschöpft vor einem Haufen lebloser Körper zu
knien. Leises Stöhnen oder Wimmern verriet, dass der eine oder andere noch
verzweifelt am letzten kargen Rest seines Daseins festhielt. Daran, ihnen einen
Gnadenakt zu schenken, dachte Siegfried nicht. Er rappelte sich stattdessen auf
und eilte zu dem Verschlag hinüber, in dem sich jetzt auch Gunther zu bewegen
begann.
»Herr«,
flüsterte er kraftlos, »Ihr seid gekommen ... Ihr seid wirklich gekommen.«
Kapitel 25: Neues Grauen
Totenstill
war es im Burgsaal, nachdem Ritter Veit auch Parcival und den Arzt getötet
hatte. Edward lief triumphierend durch die Reihen und erwartete eine Reaktion -
vielleicht noch weitere Stimmen, die
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