Drachenblut
Positives mitteilen zu können. »Ich denke, morgen sollten wir ausprobieren, wie es um seine Flugfähigkeit bestellt ist«, verkündete er. »Zu einer Zeit, wenn die Luft noch kalt ist.«
»Kalte Luft ist schwerer als warme, nicht wahr?«, vergewisserte sich Lorana.
»Ganz recht«, bestätigte er. »Und wenn alles gut läuft, nehme ich euch mit zu meinem Weyr.«
Lorana setzte eine bedrückte Miene auf.
Fragend sah Jâtrel sie an.
»Ich weià nicht, ob ich dort nicht fehl am Platze wäre«, bekannte Lorana. Als Jâtrel zu einem Protest ansetzte, unterbrach sie ihn, indem sie die Hand hob und fortfuhr: »Ich weià überhaupt nicht, wohin ich gehöre.«
Jâtrel verbiss sich eine Entgegnung. Er maà sie mit einem langen prüfenden Blick und nickte bedächtig.
»Ich denke, ich kann dich verstehen«, erwiderte er schlieÃlich. »Ich kenne dieses Gefühl nämlich selbst.«
»Tatsächlich?«, fragte Lorana erstaunt.
Jâtrel stieà einen langgezogenen Seufzer aus. »Ich bin alt«, erklärte er dann. »Und beim nächsten Fädenfall kann ich nicht mehr mitkämpfen. AuÃerdem bin ich müde.«
»Müde?«
»Ich bin diese ewigen Schmerzen Leid, die mir zusetzen«, fuhr er fort.
»Alles wird mir zu viel â sogar meine Erinnerungen. Es quält mich, dass ich mich nicht mehr so agil bewegen kann wie früher, dass ich dauernd Zugeständnisse machen muss, und mich stören die Blicke, mit denen die jungen Leute mich ansehen â Blicke, mit denen ich früher alte Menschen betrachtet habe.«
Er legte eine versonnene Pause ein, ehe er weitersprach. »Als Kânad noch lebte, war alles anders. Ich hatte jemanden, mit dem ich meine Sorgen und Kümmernisse teilen konnte. Wir jammerten, wenn uns die Gelenke wehtaten, und dann lachten wir gemeinsam über uns selbst.«
Traurig schüttelte er den Kopf »Für die Zeit nach meinem Besuch bei Kânads Verwandten hatte ich keine Pläne gemacht«, gab er zu. »Und dann traf ich dich.«
Lorana suchte krampfhaft nach einer passenden Entgegnung. Jâtrel, der merkte, dass sie etwas sagen wollte, winkte ab. Er vermutete, das Mädchen wolle sich bei ihm entschuldigen, weil sie ihm vielleicht zur Last gefallen war. »Ich bin heilfroh, dass ich dir begegnet bin«, sagte er und lächelte Lorana an. »Du bist einzigartig. Ich kenne keine zweite Frau, die so geeignet wäre, einen Weyr zu führen, wie du.«
»Ich sollte einen Weyr führen?«, hauchte Lorana entgeistert. »Ich â eine Weyrherrin? Nein, nein â das wäre völlig unmöglich â¦Â«
»Du hast das Talent dazu, du wärst die ideale Weyrherrin«, bekräftigte Jâtrel. »Glaub mir, ich weiÃ, wovon ich spreche. Während der letzten dreiÃig Planetenumläufe haben ich und Talith die Hälfte der Drachenreiter von Ista ausgewählt.« Er lächelte stolz. »Was dich vor allem auszeichnet, ist deine Gabe, dich mit jedem Drachen verständigen zu können«, fügte er hinzu.
Verblüfft zog Lorana die Stirn kraus. »Wie kommst du darauf? Bis jetzt habe ich mich nur mit Talith unterhalten.«
»Ein Drache vermag mit jedem zu sprechen, dem er etwas mitteilen will. Die Drachenreiter können aber nur mit dem Drachen kommunizieren, mit dem sie in einer Partnerschaft verbunden sind. Es gibt Ausnahmen, aber die sind selten. Ein Mensch hingegen, der keine Bindung mit einem Drachen eingegangen ist, der nicht auf sein eigenes Tier geprägt wurde, kann in den allermeisten Fällen nicht mit einem Drachen sprechen. Doch ist er imstande, einen Drachen zu verstehen, kann er auch alle anderen hören. Hast du eine Ahnung, wie wenige Menschen mit dieser Fähigkeit gesegnet sind?«
Lorana schüttelte den Kopf.
»Torene ist die einzige Person, die mir auf Anhieb einfällt«, sagte Jâtrel. »Aber ich glaube nicht, dass es ihr so leicht fiel wie dir. Du kommunizierst mit den Drachen nicht so sehr mit Worten, sondern mehr mit deinen Gefühlen .«
»Ist es bei dir denn nicht so?«, platzte Lorana verblüfft heraus. Sie blickte zu Talith hinüber und lächelte den blauen Drachen zärtlich an. »Entschuldigung, aber ich â¦Â«
»Mädchen, wann hörst du endlich auf, dich für deine Begabung zu entschuldigen?«, unterbrach Jâtrel
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