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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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spärlichen Verkehr zu regeln, der sich trotz der Absperrungen in die Kreuzung verirrte.
        Dann kam Leben in die Szenerie. Ein Mannschaftswagen brauste heran, ein kurzer Wink des Fahrers, und sofort wurde ein Absperrgitter zur Seite geschoben, damit das Fahrzeug freien Zugang zum Einsatzort hatte. Mittlerweile hatten sich doch einige Nachtschwärmer eingefunden, die zu dieser späten Stunde Zeugen des Spektakels werden wollten. Sie beobachteten, wie der Mannschaftswagen mit einem gewagten Schlenker in der Kreuzungsmitte zum Stehen kam. In unmittelbarer Nähe des Wagens stand eine Gruppe Soldaten im Halbkreis um einen geöffneten Kanalschacht herum und richtete die Läufe ihrer halbautomatischen Gewehre nach unten in die Dunkelheit des Abwasserkanals. Die Türen des Einsatzwagens wurden aufgestoßen, und eine Spezialeinheit des Straßenbauamtes stürmte heraus. Nacheinander verschwanden die schwer bewaffneten und vermummten Männer in der Tiefe.
        »Bitte, meine Herrschaften, gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen!« Ein Polizist fühlte sich berufen, die wenigen Schaulustigen zu zerstreuen, obwohl sie die Arbeit der Spezialeinheit in keinerlei Weise behinderten.
        Hank hatte ohnehin nicht vor, sich die Show bis zum Ende anzusehen. Er keuchte nicht schlecht unter seiner Last, irgendwie hatte er sich das alles anders vorgestellt. Mit dem Ärmel seines Mantels wischte er sich den Schweiß aus seinem Gesicht und setzte seinen Weg fort. Sein Rücken begann zu schmerzen, und die Tischdecke entglitt zusehends seinen verkrampften Fingern. Welcher Einfaltspinsel war eigentlich auf die Idee mit dem Hund gekommen, fragte sich Hank, und er wünschte dem Kerl die gleiche, oder noch besser, die doppelte Last auf den Buckel. In der Tat erschien es Hank, als würde der Hund mit jedem Schritt schwerer und schwerer.
        Ein paar Straßenzüge hinter ihm war eine dumpfe Explosion zu hören, dann wurden im Umkreis von einigen hundert Metern sämtliche Kanaldeckel aus ihren Fassungen gehoben und durch die Luft geschleudert. Die Spezialeinheit schien ganze Arbeit zu leisten.
        Früher hatte es in der Stadt noch einen Hundefänger gegeben, erinnerte sich Hank. Den Tierschützern war dies natürlich ein Dorn im Auge gewesen. Die Behörde hatte nach entsprechendem Protest auf diverse kommunale Hygienevorschriften verwiesen und lehnte die Einstellung der Säuberungsaktionen entschieden ab. Erst nachdem der Fahrer des Transportbusses nächtens überfallen und verprügelt worden war, wollte sich niemand mehr für diese Arbeit finden. Die Angelegenheit erledigte sich so von selbst, ohne dass das Wirken des Hundefängers je wirklich vermisst worden wäre. Schon kurz darauf hatte Hank einen neuen Job gefunden, und das Leben nahm wieder seinen gewohnten Gang.
        Während Hank seine Erinnerungen Revue passieren ließ, war der Hund nicht leichter geworden. Ob die Universität wohl noch an geeigneten Hunden für ihre Studien interessiert war? Früher war hier gelegentlich ein gutes Taschengeld zu verdienen gewesen.
        Hank überquerte die Brücke über den Kanal. Sein Blick fiel auf die rauschenden Fluten, die sich unter seinen Füßen ihren Weg in die finstere Nacht suchten. Nebel umhüllte die Ufer, sanft, beschützend. Hank verlangsamte seine Schritte. Irgendwo in der Ferne klirrte eine Glasscheibe, ein Auto hupte, einmal, zweimal, und selbst dieser nächtliche Lärm konnte die melancholische Stimmung nicht zerstören, welche Hank bei seinem Blick auf die Fluten in ihren Bann schlug. Glitzernde Schaumkronen zierten die Wellenkämme, hüpften, tanzten und trieben unbeschwert mit dem Strom dahin, scheinbar dem Irdischen durch magischen Zauber entflohen. Die Zeit stand still, alles schien so klar und einfach. Doch Hank widerstand der Versuchung. Entschlossen packte er fester zu, rückte das hilflose Bündel auf seinem Rücken zurecht und strebte mit festen Schritten der Heimat entgegen. In diesem Augenblick hatte Hank den Hund in sein Herz geschlossen, wie er noch nie etwas geliebt hatte. Und das würde sich niemals mehr ändern.
     
    Als Rex wieder zu sich kam, stellte er erst einmal fest, dass er nichts sehen konnte. Um ihn herum war es stockdunkel, ein dumpfes Keuchen drang an seine Ohren, und seine Schnauze witterte Schweißgeruch, Menschenschweiß. Außerdem war seine Bewegungsfreiheit sehr eingeengt. Dabei hätte sich Rex gar nicht so übel gefühlt, wenn da nicht diese unangenehmen Kopfschmerzen

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