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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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der Warze versüßte ihm seinen Abgang und ließ ihn den Ärger über seinen Rausschmiss beinahe vergessen.
        Die Tore des Studios fielen hinter Dr. Erzbergh ins Schloss, und er stand endgültig auf der Straße. Die anderen Passanten scherten sich nicht um ihn. Niemand sprach ihn auf ein Autogramm an oder fragte wenigstens nach dem Weg oder der Uhrzeit. Dr. Carl Erzbergh war nicht länger ein Fernsehstar und stand im Mittelpunkt des Geschehens. Die Zeiten waren endgültig vorbei, in denen er sich als Schauspieler automatisch der ungeteilten Aufmerksamkeit anderer sicher sein konnte. Erst jetzt wurde Dr. Erzbergh bewusst, dass ein neuer Lebensabschnitt für ihn begonnen hatte. Seinen Platz in der Welt musste er sich neu erkämpfen. Es reichte nicht mehr aus, einen berühmten Namen zu tragen. Vor ihm lag die Zukunft, die jeden mit offenen Armen empfing, der bereit war, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
        Schon als Kind wollte Dr. Erzbergh gerne Kapitän eines Piratenschiffes sein und über alle Weltmeere segeln. Diesen Traum hatte er in all den Jahren wie einen kostbaren Schatz gehütet, und die Zeit war gekommen, diesen Traum zu verwirklichen. Es war wohl das Beste, wenn er gleich hinunter zum Hafen fuhr, wo die großen Tanker aus Übersee anlegten. Alles Weitere würde sich schon von selbst ergeben.
        »Taxi!« Dr. Freak stieß seinen Metallhaken in die Höhe. Aber der Versuch, eine Kraftdroschke anzuhalten, war vergeblich, kein Wunder bei seinem Aussehen. Das war die erste Lektion, die Dr. Freak in seinem neuen Leben lernen musste. Die Wirklichkeit duldete eben nicht unbedingt die Sorte von Menschen, die in der Welt des Fernsehens idealisiert und verherrlicht wurden.
     

49
     
    Nach der Sache mit der Gerichtsverhandlung um das zerstörte Papierknäuel war Arthur unfreiwillig, wenngleich auch nicht ganz ungern, zu einer Art lokalen Größe geworden. In künstlerischen Fragen konnte man nicht mehr so einfach über ihn hinweg gehen. Wenn man sich als Kenner der Szene ausgeben wollte, galt es daher, ihn bei den entsprechenden Veranstaltungen zu hofieren.
        Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Popularität des »Dialektikers der Modernen« (Zitat) hatte ein populärer Kunstkritiker geleistet, der für den STAR oder die POST schrieb und sich des Falles journalistisch angenommen hatte, um über das Sommerloch zu kommen. So war auch die Kunstakademie auf Arthur aufmerksam geworden, und wie konnte es sein, fragte man sich an zuständiger Stelle, dass man noch nie von diesem Arthur, T. S. gehört hatte, schließlich hatte man als maßgebliche Institution über die Szene informiert zu sein. Den Neuling, der da in der Presse so viel Aufmerksamkeit erregt hatte, den wollte man sich schon einmal gerne aus der Nähe ansehen, und so fand Arthur eines Tages in seinem Briefkasten einen Umschlag mit persönlichem Inhalt:
     
     
    EINLADUNG
     
    Sehr geehrte/r Frau/Herr …
     
    Wir dürfen uns erlauben, Ihnen unsere Ausstellungsräume zur Präsentation Ihrer/Ihres Skulptur/Gemäldes/(sonstiges) für den Zeitraum von … bis … zur Verfügung zu stellen.
     
    Wir möchten Sie jedoch bitten, im Interesse unserer Studenten von anstößigen und möglicherweise kontroversen Themen/Darstellungsformen Abstand zu nehmen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
     
    (Leiter der Kunstakademie)
     
     
    Das maschinell gefertigte Formular war augenscheinlich in aller Eile ausgedruckt und versandt worden, ohne dass die erforderlichen Eintragungen mit der nötigen Sorgfalt gemacht worden wären. Aber das sollte Arthur nicht weiter stören, er hatte es immerhin geschafft, sich der Aufmerksamkeit der Kunstszene zu versichern.
        In der Szene ging ohne die Akademie gar nichts, wobei sich allerdings umgekehrt genauso gut sagen ließe, dass mit ihr ebenso wenig ging. Die Akademie war viel zu sehr mit internen Streitereien beschäftigt, um befruchtend oder stimulierend auf die betreuten Künstler zu wirken. Außerdem war Arthur sehr wohl bekannt, dass die Kunstakademie im Rahmen solcher regelmäßig stattfindender Ausstellungen ausschließlich darauf aus war, die jeweiligen Künstler, welche natürlich der Akademie nicht angehörten, mit ihren Werken bloßzustellen und den Löwen zum Fraße vorzuwerfen. Aber er war doch darauf erpicht, sich dem Gegner zu stellen und sich die Gelegenheit zur öffentlichen Ausstellung seiner Kunstwerke nicht nehmen zu lassen. Zumal er sich die Einladung ausnahmsweise einmal nicht

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