Drachenblut
nicht nervös werden, ermahnte sich Dr. Freak, immer mit der Ruhe!
Unterdessen hatte der Prototyp natürlich seine Richtung beibehalten und krachte mit seinem massiven Körper gegen die Wand der Lagerhalle. Die Techniker erschraken und sahen hinüber zur zentralen Steuereinheit, an der Dr. Freak versuchte, mit dem Zeigefinger seiner linken Hand schneller zu schreiben als eine ausgebuffte Sekretärin, die ihre zehn Finger über die Tastatur fliegen lassen konnte.
Der Prototyp holte erneut Schwung und rannte gegen die Hallenwand an. Unter den Zuschauern machte sich Unruhe breit, besorgt betrachteten sie die Risse, die sich unter der Wucht der Stöße in der Wand zeigten.
Dr. Freak geriet ins Schwitzen und startete einen erneuten Versuch, die Maschine von ihrem Kurs abzubringen.
TURN LEFT
Der Prototyp rammte noch einmal gegen die Wand, drehte sich dann endlich nach links und lief, nun da der Weg wieder frei war, in die Richtung los, die ihm befohlen war.
Dr. Freak atmete erleichtert auf und beobachtete sein Geschöpf, das sich jetzt der Ecke der Lagerhalle näherte und dabei mehrere Regale und Schränke mit sich riss, die sich ihm in den Weg stellten.
TURN LEFT
Das konnte Dr. Freak inzwischen auswendig tippen, keine Sekunde zu früh, denn der Prototyp hatte das andere Ende der Lagerhalle erreicht und war drauf und dran, erneut gegen eine Wand zu stürmen. Die Maschine schwenkte nach links und wurde dann in ihrem Vorwärtsdrang durch einen Stützpfeiler gehemmt, auf dem die Last des Hallendaches ruhte. Weiter nach links ging es also nicht, und eine neue Strategie war angesagt, um den Prototypen wieder auf Kurs zu bringen.
Dr. Freak entschied sich dafür, die Maschine wieder zum Ausgangspunkt zurückmarschieren zu lassen.
TURN AROND
Aber der Prototyp reagierte nicht. Lag es etwa daran, dass der Befehl falsch geschrieben war?
TURN ARUND
Wieder keine Reaktion, es war zum Verzweifeln. Wie Dr. Freak feststellen musste, ging ohne solide Englischkenntnisse in der modernen Computertechnik nichts mehr. Und die Zeit drängte, da der Prototyp gegen den Stützpfeiler stieß und diesen bedrohlich zum Wackeln brachte.
UMDREHEN! UMDREHEN!
In der Not zog Dr. Freak die letzten Register und griff auf seine Muttersprache zurück (was er verstand, das musste doch auch der Rechner verstehen), leider ohne Erfolg, wie das zusammenstürzende Dach der Lagerhalle bewies. Mehrere Wissenschaftler wurden auf der Stelle erschlagen, lediglich der Prototyp zeigte sich von der herab krachenden Deckenverschalung unbeeindruckt, schüttelte die Bauteile wie lästige Fliegen von sich ab und stampfte weiter, nach links, wie ihm geheißen war.
Dr. Freak hämmerte hilflos mit seiner Faust auf der Tastatur herum und hoffte, vielleicht zufällig die richtigen Tasten zu treffen. Die Maschine war dadurch freilich nicht zu beeindrucken. Sie marschierte unaufhaltsam in den hinteren Teil der Lagerhalle, bis das Ende der Leitungen, mit denen sie mit der zentralen Steuereinheit verbunden war, erreicht war. Es gab einen Ruck, und dann zerrte die Maschine solange an ihren Fesseln, bis die Belastungsgrenze des Materials erreicht war und die Verbindung auseinander gerissen wurde. Aber anstatt durch diese Trennung zum Stillstand zu kommen, setzte der Prototyp seinen Weg fort und zog die elektrischen Kabel und Drähte, die Kunststoffschläuche und die hydraulischen Leitungen, wie einen Strang Eingeweide hinter sich her.
Die Wissenschaftler und Techniker sausten aufgeregt hin und her, berieten sich und wussten dennoch nicht, was zu tun sei. Auch Dr. Freak wusste nicht, was da vorging. Das konnte doch nicht wahr sein! Die Maschine verfügte über keinen internen Rechner, und es war eigentlich unmöglich, dass sie sich ohne die Verbindung mit dem Computer selbständig fortbewegte. Trotzdem sank sein Geschöpf nicht leblos nieder, sondern zertrampelte mit den stählernen Beinen zunächst einen unglücklichen Wissenschaftler, der es aufzuhalten versuchte, durchbrach anschließend das große Tor der Lagerhalle und taumelte ins Freie. Fassungslos musste Dr. Freak zusehen, wie seine Maschine über dem Berg hinter der Lagerhalle aus seinem Blick verschwand.
Als sich der Staub wieder etwas gelegt hatte, begannen die Techniker ihre Kameraden zu bergen, die im Verlauf der Ereignisse mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Dr.
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