Drachenblut
der stählernen Nadel ein Loch durch den Körper gebrannt wurde. Nur einen Augenblick später rutschte Dr. Freak vom Spieß herab und fiel in die Flamme, die ihn sofort mit einem Knistern verzehrte.
Dr. Freak zuckte verkrampft zusammen, zog die Beine im Reflex an und stieß sie wieder von sich. Erst nachdem er eine Weile hilflos unter dem Einfluss der Starkstromstöße gezappelt hatte, gelang es ihm wieder, die Kontrolle über seine Muskeln zu erlangen und die Kabel von sich zu werfen, welche er offensichtlich an der falschen Stelle mit der zentralen Steuereinheit der Maschine verbinden wollte. Da war er wohl doch zu fahrlässig zu Werke gegangen, und dieser kleine Zwischenfall erinnerte ihn wieder einmal daran, dass mit der Technik nicht zu spaßen war. Er musste auf alle Fälle kühlen Kopf bewahren, wenn er seine Pläne zur Unterwerfung der Menschheit ohne größere Zwischenfälle verwirklichen wollte.
In der Menschheitsgeschichte hatte es nicht an Despoten gemangelt, die ganze Armeen ins Feld geschickt hatten, um die Weltherrschaft zu erlangen. Aber wie kläglich waren sie alle gescheitert! Aus diesen Fehlern hatte Dr. Freak seine Lehren gezogen, er hatte erkannt, dass er sich nicht auf ein Gefolge von unzuverlässigen Kriegern verlassen durfte, die beim ersten Schuss wie die Hasen das Weite suchten. Nein, die Zukunft der Kriegsführung lag nicht im Menschen, sondern in der Maschine. Roboter, Cyborgs, Replikanten, Androiden, die künstlichen Wesen konnten ebenso vielfältig sein wie die menschliche Rasse. Entsprechend ihrem jeweiligen Design unterschieden sie sich weder im Aussehen, noch im Verhalten von den echten Menschen. Es gab also keinen Grund, warum er nicht zur Durchführung seiner Pläne auf seine Kriegsmaschinen vertrauen sollte, wenn sie ohnehin den Menschen gleichgesetzt waren, die sich bei jeder Gelegenheit die Köpfe einschlugen, ohne dafür eine Rechtfertigung zu benötigen. Im Gegensatz zu den ewig unbelehrbaren Menschen hatten seine Geschöpfe aber einen Vorteil: Sie gehorchten ihm, Dr. Freak, aufs Wort.
Die zur Produktion der Maschinen erforderliche Energie stand ausreichend zur Verfügung, da er die direkt über der Lagerhalle verlaufende Überlandleitung kurzerhand angezapft hatte und die gewünschten Mengen an Strom mit geringfügigem technischem Aufwand einfach entnehmen konnte. In den armdicken Kabeln der Überlandleitung flossen hunderttausende Volt Strom über die Halle hinweg. Die Leitungen brummten wie ein Schwarm wilder Hornissen, die man aus ihrem Nest aufgescheucht hatte. Vermutlich war auch darin die Ursache zu suchen, dass die hier arbeitenden Wissenschaftler und Techniker häufig über Migräne klagten und ihnen zuweilen nicht nur nach einem missglückten Experiment die Haare zu Berge standen.
Mit spitzen Fingern unternahm Dr. Freak einen erneuten Versuch, die zentrale Steuereinheit mittels der hierzu vorgesehenen elektrischen Leitungen an den Prototypen anzuschließen. Als promovierter Wissenschaftler gab er sich mit Schaltern erst gar nicht ab. Er nahm das blanke Ende des Kabels, hielt es ganz kurz an die Stelle, die er nun nach reiflicher Überlegung als den wirklich korrekten Anschluss erachtet hatte und zog es gleich wieder von der Maschine weg, um einen eventuellen ungewünschten Stromkreislauf sofort wieder zu unterbrechen. Die befürchtete Reaktion blieb jedoch aus. Es knisterte und funkte lediglich ein wenig, und Dr. Freak konnte das Kabel an den Schraubklemmen befestigen, ohne die Wunder der Elektrizität in der Form eines deftigen Stromschlages ein zweites Mal am eigenen Leib erfahren zu müssen.
Mit wenigen Handgriffen waren die Vorbereitungen für den ersten Test des Prototypen abgeschlossen. Noch war die Maschine weit davon entfernt, komplett montiert zu sein, aber für eine Demonstration der Einsatzbereitschaft der bereits fertig gestellten Baugruppen reichte es allemal aus. Bisher bestand der Prototyp im Wesentlichen aus einem Gittergestell, welches das Triebwerk und die Mechanik für die sechs stählernen Beine beherbergte, auf denen die Maschine jetzt noch ruhte und mittels derer sie sich schon bald frei und ungebunden fortbewegen sollte. Das Gittergestell hatte ungefähr die Größe eines Kleinlastwagens, und es bedurfte schon einer Leiter, um überhaupt hinauf auf die Maschine zu gelangen. Wo am Prototypen vorne und hinten war das konnte ohne fachliches Grundwissen kaum erkannt werden. Daher hatte Dr. Freak dort, wo er
Weitere Kostenlose Bücher