Drachenblut

annahm, dass es vorne sei, zwei große Scheinwerfer montiert, die wie riesige Augen aussahen.
        Die zentrale Steuereinheit befand sich in einem Computerterminal, das in einer Ecke des Labors stand und an dem Dr. Freak mit den knöchrigen Fingern seiner linken Hand aufgeregt irgendwelche Steuerbefehle eintippte. Diese Steuereinheit würde in der zweiten Phase des Projektes in der Maschine selbst eingebaut sein, um ihr möglichst viel Bewegungsfreiheit zu geben. Auf den sehr hinderlichen direkten Draht zum Computer würde Dr. Freak dann verzichten können, weil die Maschine in der Lage sein würde, ihre Aufgabe selbständig wahrzunehmen.
        ENTER PASSWORD
        Misstrauisch blickte Dr. Freak über seine Schultern und gab dann mit vorgehaltner Hand das Passwort in den Computer ein.
        123ABC
        Freilich war das Programm auch ohne diesen Code zu starten. Dr. Freak konnte seit seinem Unfall nur noch schwer irgendwelche Zahlen- oder Buchstabenkombinationen im Gedächtnis behalten. Es war nicht selten vorgekommen, dass er stundenlang vor der Tastatur gesessen hatte und sich des Codes zu erinnern versuchte, mit dem er seine Arbeit fortsetzen konnte. Daher hatte er die Sicherheitsroutine schon längst wieder außer Betrieb gesetzt. Die Passworteingabe war nur Makulatur. Aber das wusste ja niemand, und eine abschreckende Wirkung auf unbefugte Benutzer war damit allemal erzielt.
        Dr. Freak schloss die Eingabe des Codes ab, und der Computer akzeptierte die Zahlenreihe ohne Proteste.
        I.D. APPROVED - READY TO PROCEED
        Dr. Freak ging zurück zum Prototypen und umrundete ihn abschätzend. Hier und da schlug er mit einem Schraubenschlüssel gegen die Maschine, um am Klang des Metalls die Festigkeit der Konstruktion zu überprüfen, zog noch die eine oder andere Schraube nach und rüttelte immer wieder an den Steckverbindungen der unzähligen elektrischen Leitungen, um sich deren korrekten Sitzes zu vergewissern, wobei er unverständliches Zeug murmelte, mit dem er wohl seine Zufriedenheit über den Stand der Dinge zum Ausdruck brachte.
        Dann war der Zeitpunkt der Wahrheit gekommen. Auch das wissenschaftliche Team hatte seine Vorbereitungen abgeschlossen, und die Techniker starrten erwartungsvoll auf Dr. Freak, der mit einer erhabenen Geste einen altmodischen Hebel neben der Computerkonsole umlegte. Sofort begann sich die Maschine in der Mitte der Halle zu regen. Schwerfällig drückten die sechs stählernen Beine den wuchtigen Leib des Prototypen vom Boden hoch. Pumpen surrten, Zahnräder rasselten, Kolben und Schwungräder mahlten im Takt, Überdruckventile zischten, und dann setzte die Maschine langsam ein Bein vor das andere. Zunächst noch etwas unsicher wie ein neugeborenes Fohlen, das eben erst das Licht des Tages erblickt hatte und nun die ersten wackligen Schritte auf der Weide tat. Doch schnell in den Bewegungen sicherer werdend, bis die Maschine durch die Fabrikhalle stolzierte und den Anwesenden vor Ehrfurcht die Kinnladen herunterfielen. Es dauerte einige Zeit, bis sich das Erstaunen gelegt hatte, doch dann brach allgemeiner Jubel aus. Die Techniker und Wissenschaftler fielen sich gegenseitig in die Arme, Mützen und Hüte flogen durch die Luft, und die Freude war grenzenlos.
        Dr. Freak war sehr gerührt. Stolz verbeugte er sich vor seiner Mannschaft und bedankte sich artig für den Applaus. Zur Feier der Stunde ließ er den Prototypen in der Halle auf und ab gehen, gab ihm über den Computer den Befehl, sich im Kreise zu drehen, ja, sich gar auf die Hinterbeine zu stellen und sich aufzurichten, wobei die Techniker respektvoll zurückwichen, als die Maschine sie passierte. Der Prototyp war kinderleicht zu steuern, und so bereitete es selbst Dr. Freak keine Schwierigkeiten, ihn zu befehligen. Eine Eigenheit der Maschine, das stellte Dr. Freak schon bald fest, lag darin, dass ihre Mechanik einige Zeit benötigte, bis sie auf die Steueranweisungen reagierte. Er musste also mit seinen Befehlen stets einen Schritt voraus sein, um die Reaktion zum gewünschten Zeitpunkt und am vorgesehenen Ort stattfinden zu lassen. So auch jetzt, wo der Prototyp wieder am Ende der Lagerhalle angekommen war. Dr. Freak beeilte sich, die erforderliche Richtungskorrektur zu veranlassen.
        TURN LEFZT
        Hoppla, das war falsch geschrieben. Schnell löschte Dr. Freak den Wert und wiederholte die Eingabe des Befehls.
        TURN LEFTT
        Wieder nichts! Jetzt durfte er nur