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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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winkte die Schwester ab, die Vorstellung hätte ja erst angefangen.
        »Und jetzt aufgepasst!« Schwester Franklin riss den Mund weit auf und schnappte nach einer Tablette, wie man das im Zirkus nicht besser sehen konnte. Auf diese Weise schluckte sie auch noch die anderen beiden Tabletten, und das kleine Mädchen klatschte begeistert Beifall. Die Vorstellung gefiel ihr so gut, dass sie die Schwester aufforderte, noch ein anderes Kunststück vorzuführen.
        »Hmm, mal sehen …«, überlegte Schwester Franklin. Sie zog ihre Augenbrauen zusammen, rieb sich ihr Kinn, wie das Erwachsene taten, wenn sie angestrengt nachdachten, und dann hatte sie eine Idee. Die übrig gebliebenen Tabletten wurden von ihr nach einer unerfindlichen Methode sortiert (»Die guten ins Kröpfchen, die schlechten ins Töpfchen«), und dann suchte sie sich eine große Kapsel heraus, die sie in einen Teelöffel legte.
        »Achtung, jetzt geht's los!« Mit der Faust hieb sie auf das hintere Ende des Löffels, worauf die Kapsel nach den einfachen Gesetzen der Mechanik in die Luft katapultiert wurde. Aufmerksam verfolgte Schwester Franklin die Flugbahn des Objektes, sie legte ihren Kopf zurück und schluckte auch diese Kapsel wie ein Seehund, der nach einem Stück Hering schnappte.
        »Bravo, bravo!« Das kleine Mädchen jubelte der Schwester zu, die sich über den Zuspruch freute, den ihre kleinen Kunststücke fanden. So wurden Schwester Franklin und das kleine Mädchen schnell Freundinnen.
     
    Die Tage auf der Station waren lang und wenig abwechslungsreich. Es gab zwar einen Fernseher im Zimmer, auf dem waren aber immer nur die gleichen Bilder zu sehen: Dünne Linien, ein blinkender Punkt und viele Zahlen, die über den Bildschirm wanderten. In unregelmäßigen Abständen schauten Ärzte herein, die aber das kleine Mädchen kaum beachteten, sondern immer nur »Hmm, hmm« murmelten, während sie die Zahlen auf dem Fernseher sorgfältig in ein Formular übertrugen. Mehrmals schon hatte das kleine Mädchen versucht, einen anderen Sender einzustellen. Eine Fernbedienung war nicht zur Hand, und so drückte sie auf den Knöpfen herum, die sich unterhalb des Bildschirmes am Apparat befanden. Ihre Bemühungen waren jedoch vergeblich, es wollte ihr einfach nicht gelingen das Programm zu wechseln. Immerhin war es recht amüsant, wenn sich später die Ärzte darüber stritten, wer von ihnen für die fehlerhaften Einstellungen am Gerät verantwortlich wäre.
        Mittlerweile hatte man auch die Menge der Medikamente reduziert, mit denen das Mädchen behandelt wurde, und mit der Zeit erhielt sie das Gefühl für ihren Körper wieder zurück. Dieser Umstand machte ihren Aufenthalt im Krankenhaus kaum weniger unangenehm. Für Unterhaltung war nur alle paar Tage gesorgt, wenn Schwester Franklin Nachtdienst hatte. Dann setzte sich die Schwester zu ihr ans Bett und erzählte Geschichten über die anderen Patienten, die hier auf der Station lagen. Für die Gesellschaft revanchierte sich das kleine Mädchen, indem sie die verschiedenen Pillen, die man ihr täglich zur Einnahme gab, heimlich sammelte und der Schwester zusteckte.
        »Einmal ist ein verrückter Wissenschaftler, ich kann mich noch gut erinnern, vor meinen Augen durch das geschlossene Fenster in die Tiefe gesprungen und nie wieder aufgetaucht!« berichtete Schwester Franklin mit der gebotenen Dramatik. »Wer weiß, vielleicht war es die Nacht gewesen, die den Patienten aus dem Krankenhaus getrieben hatte, denn es ist nachts, wenn die Dämonen kommen.«
        Die Schwester nahm einen Schluck Früchtetee, um den bitteren Geschmack der Tabletten aus ihrem Mund zu vertreiben. Dann schaute sie bedeutungsschwanger auf ihre Armbanduhr. Es war kurz nach zehn, und durch das Fenster konnte man sehen, dass die Finsternis schon über die Stadt hergefallen war und sich der Wirklichkeit bemächtigt hatte. Das war genau die richtige Zeit für eine kleine Schauergeschichte. Es gefiel ihr einfach, das kleine Mädchen - und wer wusste, vielleicht auch sich selbst - mit solchen Erzählungen bei Laune zu halten. Die Kinder waren ja heute weiß Gott aus dem Fernsehen schon Schlimmeres gewöhnt.
        »Man erzählt sich, dass ein Zauber über dem Krankenhaus liegt, verwunschen sind die alten Mauern, die endlosen Gänge und alle, die sich in diesen Mauern aufhalten. Aber sieh selbst, wenn es Zeit ist, schlafen zu gehen: Schalte das Licht aus und achte auf die Lämpchen, die dort an den

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