Drachenbraut
betonierte vorsorglich seine Gesichtszüge ein und starrte weiterhin auf die roten Locken. Es gab kein Wesen, das sich seiner Autorität widersetzen konnte.
Aber es hatte sie einmal geben, vor langer Zeit …
Dr. Rosenberg drehte den Kopf und warf ihm über die Schulter einen kurzen Blick zu. Ihr Blick war eine Rüge. Eine Rüge für seine zur ihr geschickte Macht. Verwundert atmete er tief durch. Er war lange nicht mehr gerügt worden.
«Es reicht jetzt!», fauchte Dupont.
Ganz offensichtlich verlor er genau in diesem Moment die Fassung. Der Ratsvorsitzende schoss aus seinem Ledersessel empor und riss Valentin damit aus seinen Gedankengängen. Wie aus dem Nichts stob seine aggressive Magie in Richtung der Ärztin. Aggressiv war in diesem Fall gleichzusetzen mit tödlich, und der Impuls, sich schützend vor die Frau zu werfen, war für einen Moment übermächtig. Aber Hornet war ihr näher und kam ihm zuvor. Der blonde Hüne stand plötzlich direkt vor ihrem Stuhl.
«Geh!», murmelte er leise, ohne Dupont aus den Augen zu lassen, und reichte ihr eine Hand. Sie griff zu und ließ sich auf die Füße ziehen.
Als die schwere Holztür hinter ihr ins Schloss gefallen war, hob Hornet seine Hand und schnüffelte einmal daran. «Altes Blut», murmelte er. «Kaltes Blut.»
Er leckte sich über die Handfläche, verdrehte kurz genießerisch die Augen und fuhr mit der Zunge über seine Lippen. Er seufzte. «Ich habe aber immer noch keine Ahnung, was sie ist.»
«Niemand interessiert sich für diese furchtbare Querulantin! Sie ist eine Ruhestörerin, lästig, aber eigentlich unwichtig. Es gibt weitaus Wichtigeres zu besprechen.» Armand Dupont wandte sich an Valentin: «Sire.»
Er benutzte die für den Umgang mit Valentin übliche Anrede. Die Etikette des Rates war genauso alt wie seine Mitglieder.
«Jenna de la Molin ist heute Morgen nicht erschienen.»
Der kleine Mann sprach mit hastiger Stimme. Seine Aggression war völlig verschwunden und Nervosität füllte den Raum.
«Wir hatten Jenna schon gestern Abend erwartet, und als sie heute zur Anhörung von der Frau», er macht eine wedelnde Handbewegung Richtung Tür, «noch nicht da war, haben wir einige Leute losgeschickt, um sie zu suchen.»
Valentin lehnte nach wie vor unbewegt am Fensterbrett, hob jetzt aber fragend eine Augenbraue. «Leute?»
Bei Armand Dupont konnte die Umschreibung «Leute» auf nahezu alle magischen und unmagischen Wesen zutreffen, die man nur ungern in die Welt der Menschen entsandte. Schon gar nicht, um nach Mitgliedern des magischen Rates und somit der obersten Instanz der magischen Welt zu suchen.
«Mitglieder unserer Garde, Wandler, fähige Soldaten», präzisierte Armand hektisch.
Valentin konnte das Blut des Mannes in den Adern rauschen hören. Armand war wirklich aufgeregt. Für einen fast siebenhundert Jahre alten Magier erstaunlich aufgeregt. Zuletzt hatte ihn der Zweite Weltkrieg dermaßen aus der Fassung gebracht. Und der Tod seiner geliebten Frau.
Die schwere Holztür öffnete sich. Valentin drehte den Kopf.
Ein Mann stand in der Tür, die Klinke noch in der Hand, als müsse er sich an ihr festhalten. Sein Brustkorb hob und senkte sich in einer hektischen Bewegung. Den Blick fest auf den Boden gerichtet murmelte er eine knappe Begrüßung. Caroline Heppner stand so plötzlich auf, dass sie den kleinen Beistelltisch neben ihrem Sessel umstieß und die darauf stehende Wasserkaraffe sich über das helle Holz und den Teppich ergoss.
«So sprechen Sie doch!»
Ihre Stimme war schrill und sie eilte mit weitausholenden Schritten auf den wie erstarrt dastehenden Mann zu. Sie schien zu wissen, wer er war.
«Ich habe eine Botschaft», raunte der Mann mit starkem slawischen Akzent.
Valentin spürte deutlich, wie sich bei diesen Worten Angst im Raum ausbreitete. Das Gefühl war undefinierbar und gut versteckt hinter ausdruckslosen Mienen, dennoch blieb diese Emotion seinen feinen Antennen nicht verborgen. Es wurde Zeit, die Situation aufzuklären.
«Caroline, was ist hier los?»
Sie fuhr zu ihm herum. Offensichtliche Panik hatte ihre Gesichtszüge verhärtet.
«Er ist ein Botschafter der Madronas.»
Ihre jetzt wieder leise Stimme durchdrang die Stille im Raum nur zögerlich. Valentin hob alarmiert den Kopf. Die Madronas waren eine Gruppe von weisen Seherinnen, die tief in Osteuropa lebten. Caroline war die Einzige, die bisher mit ihnen in Kontakt gestanden hatte. Ihre Weissagungen waren bis jetzt immer recht exakt gewesen. Was
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