Drachenbraut
Augen brodelte es.
Die Tür klappte erneut und sie drehte sich um. Caroline Heppner hatte zusammen mit Eduard Konnternontix, Mr. Gibbson und Ayikos, dem asiatischen Magier ohne Nachnamen, den Raum betreten.
«Wir beginnen jetzt.»
Armand Duponts Stimme war kraftvoll wie eh und je.
Ruhe senkte sich über den Raum. Auch wenn heute alles anders schien, verschaffte der übliche Ablauf des Rituals sofort eine gewisse Ordnung. Sie straffte die Schultern, um sich innerlich vorzubereiten, aber ihr Blick blieb augenblicklich an einem immer noch leeren Sessel hängen. Wo um alles in der Welt war die siebte Ratsfrau?
Der Name der fehlenden Schamanin wollte ihr gerade nicht einfallen, aber der Rat tagte immer zu siebt. Sieben waren sie seit Anbeginn der Zeitrechnung. Magische Wesen kannten keine menschlichen Unpässlichkeiten wie eine Sommergrippe.
«Ich muss Ihnen nicht erklären, warum Sie hier sind. Mit Ihrer geradezu sturköpfigen Haltung stellen Sie sich gegen alle Regeln und Gesetze.»
Duponts Stimme war ein tiefer Bass. Seine ganze Abneigung gegen sie lag in diesen Worten. Der Ratsvorsitzende, der im realen Leben Vorstandsvorsitzender eines börsennotierten Unternehmens war, starrte sie feindselig an. Augenblicklich riss sie sich zusammen und konzentrierte sich auf ihn. Ihre Gedanken waren heute wie ein Sack Flöhe.
«Sie scheinen die Notwendigkeit unseres Handelns nicht erfassen zu können. Oder ist es schlichte Ignoranz zu glauben, der Rat würde Ihr Handeln einfach übersehen?»
Josefine schwieg vorsorglich erstmal. Sie wusste nicht genau, wie es funktionierte, aber offenbar leuchtete irgendwo eine kleine rote Warnlampe auf, sobald sie ihre Gabe einsetzte. Der Gebrauch ihrer Fähigkeiten war eine erwiesene Tatsache. Sie wussten, dass sie ihre Gabe benutzte, nur ließ sich daraus keine Schlussfolgerung als endgültiger Beweis ableiten. Wer konnte schon sagen, dass der Patient nur überlebt hatte, weil sie ihm ihre Hände auf den Körper gelegt hatte?
«Es ist unsere Aufgabe, die magische Welt vor der menschlichen verborgen zu halten. Unsere Gesetze und Statuten sind älter, als sie offenbar auch nur ansatzweise in der Lage sind, zu verstehen. Und ihre Einhaltung unerlässlich. Der Einsatz magischer Rituale an rein menschlichen Wesen ist inakzeptabel. Dieser Grundsatz gilt auch für Sie.»
«Natürlich weiß ich das alles, Herr Dupont.»
Schnell nickte sie. Ja, ihre Gabe zu nutzen war verboten. Sie tat es trotzdem. Solange sie das nicht zugab, war alles gut. Irgendwie brachte sie sogar so etwas wie ein vorsichtiges Lächeln zustande. Mit der Strategie «kleine Brötchen zu backen» war sie bis jetzt am besten gefahren. Freundlich sein, den tobenden Unmut über sich ergehen lassen und zum Tagesgeschäft übergehen. Nicht dass sie sich dabei wohlfühlte, aber es schien der Preis zu sein, den sie zu zahlen hatte. Und letztendlich, was war das gegen das Leben eines Menschen?
«Es ist die letzte Verwarnung, die wir aussprechen. Das nächste Mal werden wir Sie unter Arrest stellen.»
Sie schluckte trocken, die Vorstellung, vom Rat eingesperrt zu werden, war wenig verlockend, wenn nicht gar Grauen erregend. Eisern hielt sie sich an dem Gedanken fest, dass sie ihr nichts nachweisen konnten.
Dupont knurrte noch etwas Unverständliches und verschränkte die Arme vor der Brust. Verstohlen warf sie einen Blick auf die Armbanduhr. Es waren noch keine zehn Minuten vergangen. Aber offenbar war schon jetzt alles gesagt. Verglichen mit den letzten Malen, war das heute eine sehr sonderbare Veranstaltung. Das letzte Mal hatte der Ratsvorsitzende sie bereits nach einer Minute dermaßen angebrüllt, dass fast der Putz von den Wänden des Zimmers gefallen wäre. Daraufhin hatte Mr. Gibbson wortlos den Raum verlassen und war auch nicht wiedergekommen. Elfen galten landläufig als sehr friedliebend.
Dupont schwieg. Genau wie alle anderen. Hornet drehte die Coladose in den Händen und starrte die Wand hinter ihr an. Sie räusperte sich und wollte gerade fragen, ob sie denn jetzt gehen dürfe, als sich schlagartig die gesamte Atmosphäre im Raum veränderte. Plötzlich war der Raum erfüllt von wachsamer Aufmerksamkeit. Sogar Hornet stellte beide Füße fest auf den Boden und richtete sich ein wenig auf.
Jemand hatte den Raum betreten.
Da sie mit dem Rücken zur Tür saß und sich die gesamte Aufmerksamkeit plötzlich auf den Bereich hinter ihrem Sichtfeld richtete, konnte sie nicht sehen, wer es war. Aber das musste sie auch
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