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Drachenbraut

Drachenbraut

Titel: Drachenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Günak
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Und dass es etwas zu schaffen gab, war offensichtlich. Alexander rief sie sonst nur im äußersten Notfall an.
    Hinter der nächsten Ecke drosch sie förmlich auf den silbernen Türöffner zur Station ein, der nur widerwillig seinen Dienst aufnahm und sie in einen weiteren Flur ließ. Achtlos schmiss sie ihre Tasche in dem kleinen Personalzimmer auf einen Stuhl, bevor sie in den Nebenraum stürzte, um sich umzuziehen. Schwester Natascha streckte den Kopf durch die Tür herein und bedachte Josefines hektisches Umkleiden mit einer hochgezogenen Augenbraue.
    Josefine pfefferte die Straßenschuhe in den Spind. «Bin gleich da.»
    «Äh, alles okay bei Ihnen?»
    Schwester Natascha versuchte sich an einem Lächeln. Ein fragwürdiges Vergnügen. Sie lächelte nie, und wenn sie es dann doch mal versuchte, missglückte dieses Projekt meistens gründlich und hinterließ ratlose Angehörige und Kollegen.
    «Dr. Franke hat mich angerufen.»
    Josefine war mittlerweile schon bei der weißen Hose angelangt und angelte hektisch ihren Schlüsselbund aus der Jeanstasche.
    «Wieso?»
    «Was weiß ich wieso? Weil’s brennt?»
    Sie warf der Schwester einen kurzen Blick zu, erschüttert von so viel Ruhe, und widmete sich dann ihrem widerspenstigen Oberteil.
    «Hier ist alles ruhig. Keine aktuellen Notfälle, alle anderen sind stabil.»
    Wieder erschien dieses ungeübte Lächeln auf Schwester Nataschas rundem Gesicht und Josefine stutzte. Hatte sie vielleicht den Anruf falsch interpretiert? Sie hatte Alexander immerhin keine weitere Redezeit eingeräumt, sondern einfach das Gespräch weggedrückt und war losgeprescht. Etwas langsamer zog sie sich nun ihr weißes Shirt über den Kopf.
    «Dann habe ich das wohl falsch verstanden.»
    «Hatten Sie denn eine gute Sitzung?»
    Die Sitzung, genau. Josefine sah Schwester Nataschas sonderbar freundlichen Gesichtsausdruck im Spiegel, während sie versuchte, ihre roten Locken zu einer für eine Ärztin annehmbaren Frisur zu nötigen.
    Die besagte Sitzung war in der Welt der Menschen eine außerordentliche Zusammenkunft einer gemeinnützigen Ärzte-Organisation, die überhaupt nicht existierte, aber die Macht des Magischen Rates deutlich machte. Schließlich brauchte die menschliche Welt eine passable Entschuldigung für ihre spontanen Fehlzeiten. Gemeinnützige Arbeit in Krisen gebieten kam als Ausrede immer gelegen.
    «Ja, war gut», antwortete sie einsilbig und wollte sich gerade an der sonst so muffeligen Kinderkrankenschwester vorbeischieben, als diese eine Akte hervorzauberte.
    «Können wir ganz kurz darüber sprechen? Bezüglich dieser Verordnung habe ich noch eine Frage.»
    Hier war etwas sehr seltsam. Dennoch griff Josefine nach dem Papierstapel und vertiefte sich kurz in den Bericht. Sie zückte den Kugelschreiber, der immer in der linken Kitteltasche zu stecken pflegte und dort herrliche blaue Flecke auf den weißen Stoff zauberte, und änderte einige Zahlen in der Dosierung ab.
    «So passt es.»
    Sie reichte gerade die Akte zurück, als es im angrenzenden Personalzimmer plötzlich voller wurde. Interessiert spähte sie über die weiß gewandete Schulter Schwester Nataschas, die sich schnell vor das kleine Sichtfenster des Türrahmens schob.
    Im nächsten Moment hob ein gar schauriger Gesang an: «Happy birthday toooo youuu …», und Schwester Natascha trat einen Schritt zur Seite.
    Josefine musste einmal trocken schlucken. Ganz vorne, vor der nahezu komplett versammelten Mannschaft, stand Schwester Gaby und hielt ihr eine Torte entgegen. Eine echte Torte, mit Sahne und zweiunddreißig brennenden Kerzen. Josefine blinzelte, um die sofort parat stehenden Tränen unter Kontrolle zu bringen, und presste eine Hand fest auf den Mund.
    «Liebe Josefine.» Alexander schob sich neben Schwester Gaby und schien gewillt, eine echte Rede zu halten. «Wir alle», er machte eine allumfassende Bewegung mit den Armen, «und alle, die auf Station geblieben sind, wünschen dir von Herzen alles Liebe und Gute zu deinem Geburtstag!»
    Als ob das nicht ausreichte, holte er tief Luft und sprach ungerührt weiter: «Wir sind sehr froh, dich hier bei uns zu haben. Unsere Patienten sind häufig so schwer krank, dass sie sich nicht selbst äußern können. Es bedarf einer großen Fähigkeit, ihre Bedürfnisse einzuschätzen. Und genau das kannst du. Manchmal scheinst du die Gedanken der Patienten geradezu lesen zu können. Wir sind sehr froh, dass du hier bei uns bist.»
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich und

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