Drachenei
halbverhungerten Zustand hatte sie sehr viel Muskelgewebe besessen. Aber Besänftigerin hatte sich zu lange nur noch mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt und die Tortur ohne genügende Reserven auf sich genommen.
Höchst beeindruckt betrachtete Besänftigerins Erster die riesige Pflanze, die über ihm aufzuragen begann. Sogar die Wissenschaftler waren mit dem Resultat sehr zufrieden. Die Zeit verging, die Hautfalten hoben sich von der Kruste, und die Ärzte erkannten bereits an den Ausscheidungen der immer noch teilweise funktionierenden animalischen Öffnungen, dass der pflanzliche Teil des Körpers neue Nahrung produzierte. Alles sah gut aus. Besänftigerins Erster dachte bereits daran, das Himmelsgespräch-Gelände zu verlassen und Besänftigerins Stolz zu besuchen, um mit ihm die Einzelheiten ihrer gemeinsamen Herrschaft während der Verjüngung ihrer Mutter auszuarbeiten.
Dann geschah es. Die Spitze eines der geschwächten Dornen brach bei dem Versuch, die Haut zu straffen. Entsetzt sah Besänftigerins Erster, wie sich eine zackige Spitze durch die zerrissene Haut bohrte. Die Haut hielt noch eine Weile, und die Wissenschaftler versuchten, den Körper an einer Seite durch einen Hügel abzustützen. Aber bevor sie damit fertig waren, gab der nächste Dorn unter der ungleichmäßigen Spannung nach. In einer schnellen Folge von scharfem Krachen und lautem Knallen brach das gesamte zwölfstrahlige Skelett in sich zusammen und fiel um.
Ein paar Augenblicke lang standen alle wie gelähmt. Aus den Löchern in der Haut tröpfelte der letzte Rest der Säfte auf die Kruste. Dann wandte sich Besänftigerins Erster dem Truppenkommandanten zu.
» Ich bin Besänftiger aller Clans«, sagte er. Seine Augen richteten sich auf die schreckensstarre Gruppe aus Wissenschaftlern und Ärzten.
» Sie haben versagt«, erklärte er. » Tu, was meine Mutter befohlen hat!«
Der Truppenkommandant zögerte. » Aber sie haben ihr Bestes getan!«, protestierte er. » Es muss an Besänftigerins Körper gelegen haben, dass es zu einem solchen Fehlschlag gekommen ist. Es ist nicht recht, wenn du sie bestrafst.«
» Belehre mich nicht, was recht ist, denn ich bin Besänftiger aller Clans«, erwiderte er zornig. » Gehorche mir sofort, oder du wirst nicht mehr länger Truppenkommandant sein.«
Der Truppenkommandant spürte das ärgerliche Murren seiner Krieger. Auch wenn sie alle gut ausgebildete Soldaten waren und ihre Pflichten kannten, würde er seine ganze Autorität einsetzen müssen, um sie zur Ausführung dieses Befehls zu zwingen. Dann wurde ihm plötzlich klar, wie stark seine eigene Position war. Seine Leute besaßen mehr Loyalität ihm persönlich gegenüber als Besänftigerins Erstem. Bei einer Auflehnung gegen die legendäre Besänftigerin selbst hätten sie ihn nicht unterstützt, aber er zweifelte nicht daran, wie sie sich jetzt entscheiden würden.
» Wer ist Anführer aller Clans, alter Mann?«, fragte er ruhig. Nicht eine einzige Sohle bewegte sich, als die uralte Herausforderung durch die Kruste vibrierte.
» Was soll der Unsinn?«, schimpfte Besänftigerins Erster. » Die Herausforderung wurde von Besänftigerin schon vor Langem für ungesetzlich erklärt.« Sein Blick wanderte über die Soldaten und entdeckte eine stämmige Schwadronsführerin.
» Du da!«, befahl er. » Du bist jetzt Kommandantin dieser Truppe. Übernimm den Befehl und verhafte den Verräter!«
Die Schwadronsführerin zögerte. Ihr Leben war fest eingebettet gewesen in die Sitten und Gebräuche der Clans. Doch dann hatte Besänftigerin sich entgegen aller Regeln um ihre eigenen Eier gekümmert und die alte Ordnung zerstört. Lang unterdrückter Zorn machte sich mit dem heftigen Aufstampfen Luft: » Ich nehme nur von meinem Kommandanten Befehle entgegen, nicht von dir – du clanloses Mutter-Liebchen!«
Die Heftigkeit dieser Antwort erschreckte Besänftigerins Ersten. Er suchte Unterstützung in den Soldatenaugen, doch er fand keine.
Der sich seiner Leute jetzt ganz sichere Truppenkommandant wiederholte die Herausforderung. » Wer ist Anführer aller Clans, alter Mann?«
Besänftigerins Erster antwortete nicht. Er wusste, dass er gegen diesen schlachtenerprobten Krieger keine Chance hatte. Er versuchte, nach Westen davonzufließen. Der Truppenkommandant sah dem Vorhaben einen Augenblick zu. Dann ließ er sich von dem nächsten Soldaten einen Drachenzahn reichen. Nach einer sehr kurzen Jagd beendete ein gut geführter Stoß in den Gehirnknoten die
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