Drachenei
der nächsten Phase der Umwandlung beginnen.
In den Sagen der Geschichtenerzähler hieß es, Schnell-Töterin habe nach der Umwandlung Pusteln auf der Oberseite gehabt. Schmerzhafte Versuche mit Freiwilligen, die sich dafür opferten, einen kleinen Teil ihrer Oberseiten in langen Sitzungen unter einem Röntgenstrahlbogen versengen zu lassen, hatten gezeigt, dass die Pusteln von den Blasen zurückblieben, die sich auf von Röntgenstrahlen verbrannter Haut bildeten. Es war jedoch schwierig, die Zeitdauer zu bestimmen. Setzte man die Haut der Strahlung zu lange aus, verkohlte die blasenbedeckte Oberfläche, und dann war die Verbrennung zu schwer. Der Freiwillige behielt eine scheußliche Narbe zurück, und hätte man das Experiment nicht nur an einer kleinen Hautstelle gemacht, würde er es nicht überlebt haben.
Besänftigerin war kaum noch bei Bewusstsein, als man mit der Bestrahlung anfing. Unbarmherzig brannte violettweißes Licht auf ihren geschwächten Körper herab. Schmerz und Schock gaben ihr den Rest, und sie zerfloss. Die Ärzte beobachteten den Vorgang genau.
Die Bogen wurden in dem Moment ausgeschaltet, als sich Blasen zu bilden begannen.
Der Truppenkommandant und Besänftigerins Erster blickten mit Ekel und Entsetzen auf den flachen Sack blasenbedeckter Haut, der vor ihnen lag. Wissenschaftler und Ärzte umkreisten ihn ständig und berührten den jetzt schlafenden Körper mit ihren Fühlern.
» Sie lebt noch«, erklärte einer der Ärzte. » Aber ihre Körperfunktionen sind sehr ungewöhnlich. Ihre Flüssigkeitspumpen hämmern nicht, wie es bei einem Cheela der Fall ist, der durch einen Schlag auf den Gehirnknoten bewusstlos wird. Stattdessen arbeiten sie sehr langsam. Es ist ein Zustand, den die Menschen Schlaf nennen.«
Besänftigerins Erster näherte sich dem Körper und bestätigte die Diagnose. » Es ist wahrlich ein Glück für euch, dass sie noch lebt«, trommelte er. » Fahrt mit eurer Arbeit fort.«
» Uns bleibt nichts mehr zu tun übrig«, erklärte einer der Wissenschaftler. » Jetzt liegt alles an ihrem Körper. Wir können nur noch dafür sorgen, dass sie nicht gestört wird. Wir werden warten und beobachten.«
Zwei Dutzend Umdrehungen lang geschah nichts, abgesehen davon, dass die verbrannte Oberseite langsam zu heilen begann. Als dieser Prozess fortschritt, bemerkte Besänftigerins Erster, dass die Muskelspannung der Haut, die am Ende der Hungerperiode schwach gewesen war, jetzt so gut wie ganz verschwand. Die Haut unter den heilenden Blasen war beinahe transparent. Und dann, nach einem weiteren Dutzend Umdrehungen, erhob sich unter dem Mittelpunkt des Hautsacks eine kleine zwölfstrahlige Krone.
» Es sieht aus, als sei die Umwandlung im Gang«, meldete einer der Wissenschaftler. » Die Pfahlwurzel muss inzwischen vollständig ausgebildet sein, und das ist der Beginn des Stützwerks, das die Haut hochheben wird.«
In Besänftigerins Innerem waren die Hormone und Enzyme eifrig an der Arbeit. Die tierischen Muskeln wurden angegriffen und aufgelöst, aber die Enzyme gaben Acht, dass dieser Prozess nur bis zu einem bestimmten Punkt ging. Die wie auf Ketten aufgereihten Moleküle im Muskelgewebe wurden vorsichtig in einzelne Reihen getrennt, aber diese Reihen blieben als lange Fibern intakt. Je länger sie waren, desto stärker würde der daraus entstehende Drachenkristall sein. Die Fibern trieben durch die Säfte, und die Enzyme ergriffen sie und bauten daraus das technische Wunderwerk, das den schweren Körper gegen die ungeheure Schwerkraft der Ei-Oberfläche hochwuchten würde. Das brachte nur eine Pflanze mit ihrem starren Rahmenwerk fertig, nicht die flexibleren animalischen Gewebe. Sorgfältig arbeiteten die Enzyme die langen Fibern in den Kristall ein, verankerten sie fest und schufen so ein Material, das um ein Vielfaches stärker war als der Kristall allein. Eine Weile ging alles gut. Die Stützen wuchsen und hoben den ausgedünnten Hautsack vom Boden hoch. Doch lange bevor die zwölfstrahlige Struktur fertig war, ging der Vorrat an Muskelgewebe zu Ende. Das Wachstum verlangsamte sich. Jede Fiber, die vorbeitrieb, wurde von den Enzymen, die mit unzureichendem Baumaterial ihre Arbeit vollenden wollten, eilig gepackt. Am Ende mussten die letzten Dornen beinahe völlig aus klarem Kristall hergestellt werden.
Besänftigerin hatte mit ihrer Umwandlung zu lange gewartet. Schnell-Töterin war damals eine gut trainierte Truppenkommandantin gewesen, und noch in ihrem
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