Drachenelfen
verglichen mit diesen! Sie sind alt, so alt wie die Schöpfung,
glaube ich, mit der Klugheit und Tücke von Äonen. Und sie sind stark, schier
unüberwindlich. Sie sind…« Er verstummte, zögerte weiterzusprechen.
»Sie sind was?« ermunterte ihn Xar freundlich.
»Allmächtig.« Das Unbehagen war Haplo anzusehen.
»Allmächtige Wesen?« sinnierte Xar. »Weißt du,
was du sagst, mein Sohn?«
Haplo hörte den warnenden Unterton in der Stimme
des Fürsten.
Nimm dich in acht mit deinen Gedanken, deinen
Vermutungen, deinen Schlußfolgerungen, mein Sohn, mahnte die Stimme. Sei
vorsichtig mit deinen Fakten, deinem Urteil. Denn indem du diese Wesen als
allmächtig bezeichnest, stellst du sie über mich.
Haplo beherzigte die Warnung. Ohne zu sprechen,
starrte er lange in die Flammen des Kaminfeuers, verfolgte das Spiel des
Lichts auf den blauen Linien der Tätowierungen an seinen Händen und Armen. Die
Runen auf der Haut des falschen Patryn standen ihm vor Augen: chaotisch,
unzusammenhängend, ohne Bedeutung. Diese Erinnerung zog eine andere nach sich:
an die eisige, lähmende Furcht, die er in der Höhle der Schlangen auf Draknor
empfunden hatte.
»Nie zuvor habe ich solche Angst gefühlt«,
sprach er plötzlich aus, was er dachte.
Obwohl er Haplos Gedankengang höchstens vermuten
konnte, nickte Xar verstehend. Der Fürst verstand immer.
»Am liebsten wäre ich in ein tiefes Loch
gekrochen. Ich wollte mich klein machen, verstecken. Ich hatte Angst – vor
meiner Angst. Ich konnte sie nicht begreifen, erklären, kennte sie nicht
beherrschen.«
Haplo schüttelte den Kopf. »Und ich bin groß
geworden mit Angst; sie war, seit ich denken kann, im Labyrinth mein
ständiger Begleiter. Worin bestand der Unterschied? Es ist mir ein Rätsel.«
Xar saß ruhig in seinem Lehnstuhl und schwieg –
ein ausgezeichneter Zuhörer, der sich nie eine Gemütsbewegung anmerken ließ,
aufmerksam, konzentriert. Ein solcher Zuhörer verführt die Leute zum Reden,
löst ihnen die Zunge. Sie werden unvorsichtig, vergessen den stillen Teilhaber
an ihren Gedanken. Deshalb erfuhr Xar von seinen Gesprächspartnern häufig auch
das, was unausgesprochen blieb.
Haplo ballte die Fäuste, beobachtete, wie die
Haut mit den eintätowierten Sigeln sich spannte. Er gab sich selbst Antwort auf
seine Frage.
»Ich wußte, das Labyrinth konnte besiegt
werden«, meinte er leise. »Das ist der Unterschied. Selbst als ich damals
glaubte, sterben zu müssen, dicht vor dem Letzten Tor, verspürte ich einen
bitteren Triumph. Beinahe! Ich hatte es beinahe geschafft. Und nach mir würden
andere kommen, um das Werk zu vollenden. Das Labyrinth, trotz all seiner
magischen Fallen und tödlichen Widerstände, ist verwundbar.«
Haplo hob die Augen zu Xars ausdruckslosem
Gesicht. »Ihr seid der Beweis, Fürst. Ihr habt es bezwungen, nicht einmal,
viele Male. Auch ich entkam schließlich mit etwas Hilfe seinen Fängen.« Er
bückte sich und strich dem Hund über das seidige Fell.
Der Vierbeiner aalte sich vor seinen Füßen in
der behaglichen Wärme des Feuers. Hin und wieder öffnete er die Lider einen
Spalt und heftete den Blick auf Xar.
Nur zur Sicherheit, schien er sagen zu
wollen.
Haplo blieb an seinem Platz die argwöhnische
Wachsamkeit seines vierbeinigen Gefährten verborgen. Xar, ihm gegenüber,
bemerkte sie wohl.
Der junge Patryn verfiel erneut in Schweigen;
ernst, grimmig, schaute er ins Feuer. Er brauchte nicht weiterzusprechen. Xar
verstand, was er meinte.
»Du willst sagen, diese Macht kann nicht besiegt
werden. Ist es das, mein Sohn?«
Haplo bewegte unbehaglich die Schultern. Er
streifte den Fürsten mit einem befangenen Blick, wandte ihn rasch, wie ertappt,
zur Seite. Seine Wangen röteten sich, die Hände umklammerten die Armlehnen des
Sessels.
»Ja. Das will ich sagen.« Er sprach langsam, bedrückt.
»Ich glaube, es ist möglich, dieser bösen Macht Einhalt zu gebieten, sie in die
Grenzen zu weisen, in Schach zu halten. Aber man kann sie nicht besiegen,
niemals endgültig vernichten.«
»Auch wir nicht, dein Volk, mit all unserer
Stärke und der uns zu Gebote stehenden Magie?« Xar stellte die Frage leichthin,
als wolle er sich nur vergewissern.
»Auch wir nicht, Fürst. Mit all unserer Stärke
und der uns zu Gebote stehenden Magie.« Er lächelte sarkastisch in sich
hinein, wie über einen nur ihm bekannten bitteren Scherz.
Der Fürst des Nexus sah es und war erzürnt,
obwohl ein
Weitere Kostenlose Bücher