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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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späten Nachmittag querten sie einen Bach. Das eisige Wasser tat ihren Füßen gut. Am anderen Ufer legten sie endlich eine kurze Rast ein. Der Hirte bot ihr erneut etwas von seinem schimmeligen Brot an. Diesmal gab es einen weißen, krümeligen Käse dazu. Wenn sie ihn beobachtete, wurden seine Bewegungen linkisch. Er hielt den Kopf meist geneigt, sodass sein schwarzes Lockenhaar vor sein Gesicht fiel und es vor ihrem Blick verbarg.
    »Wie war es, dem Unsterblichen Muwatta zu begegnen?«
    »Schmerzhaft!«, entgegnete sie bitter, entschlossen, dazu kein weiteres Wort zu sagen.
    Er schien verstanden zu haben.
    Erneut nahmen sie ihren quälenden Marsch auf. Er ging diesmal langsamer. Hatte er gemerkt, wie erschöpft sie war? Er sagte jedenfalls nichts, und so flüchtete sich Shaya in Erinnerungen an Aaron: Ihre gestohlenen Nächte auf dem Rücken eines Wolkensammlers, als sie nach dem Himmelspiraten Tarkon Eisenzunge gesucht hatte. Immer und immer wieder dachte sie daran, wie sie für ihn getanzt hatte und wie sie einander ihre Narben gezeigt hatten.
    »Dort ist ein Lager.« Die Stimme des Jungen ließ die süßen Träume zerfließen. Er deutete den Hang hinauf. Ein Felsen reflek tierte den Lichtschein eines Feuers. Eine schmale, blassgraue Rauch säule war zu sehen. Mehr Ahnung als Gewissheit.
    »Menschenjäger«, sagte er knapp.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Es riecht nach Gebratenem. Wir Hirten braten nur an Festtagen eine Ziege. Und außer uns Hirten gibt es niemanden in diesen Bergen.«
    Shaya roch keinen Bratenduft. Sie sah nur den gelben Feuer schein auf der Felswand über ihnen. Das Lager musste sich in einer Senke befinden. Klammen Herzens folgte sie ihrem selbsterwählten Wächter den Hang hinauf. Sie hatten sich vielleicht auf hundert Schritt genähert, als ein Warnruf erklang. Nur Augenblicke später erschienen zwei Männer mit Gesichtern wie Schakale, zwischen ihnen eine Frau, die Shaya nur zu gut kannte – Malnigal, eine der Wächterinnen aus dem Haus des Himmels. Ein böses Lächeln spielte um die Lippen der Priesterin, die sich schwer auf einen Eschenholzstab stützte.
    »Weit bist du nicht gekommen, Prinzessin«, begrüßte sie Shaya mit ihrer vertrauten, grotesk hohen Stimme, die so gar nicht zu ihrem bulligen Aussehen passte. Dem Hirten warf sie einen misstrauischen Blick zu. »Wie kann so ein Knochensack wie du eine Kriegerin überwältigen?« Sie musterte Shaya, sah all die Prellungen und Schürfwunden und das Blut an ihren Füßen, das das Leder der Hirtenschuhe dunkel gefärbt hatte. »War wohl ein harter Kampf.«
    »Ich konnte sie im Schlaf überwältigen«, gestand ihr Wächter freimütig. Shaya schüttelte den Kopf. Der Junge würde es nie weit bringen. Er war einfach zu ehrlich und hatte es verpasst, mit einer Lügengeschichte gut dazustehen.
    »Du hast jetzt Gelegenheit, vor mir niederzuknien, Barbarenhure, und meine Füße zu küssen. Dann werde ich dir vielleicht sogar etwas zu trinken geben.« Wäre sie ein Mann, Malnigal hätte ein Schmied sein können. Ihre Gestalt war massig, das Gesicht grob und flächig. Selbst die kunstvoll hochgesteckte und mit Knochennadeln geschmückte Frisur der Priesterinnen half nicht, ihr Anmut zu verleihen. Ihr tief orangenes, unförmiges Kleid hing wie ein Sack an ihr herab.
    »Selbst wenn ich knie, werde ich mich zu weit über dir erheben, um deine Füße zu erreichen.« Der Spruch war dumm und ohne Finesse, doch Shaya konnte nicht anders. Bei ihrer ersten Begegnung, als die Priesterin versucht hatte, sie mit ihrem Eschenholzstab zu schlagen, hatte sie Malnigal das Handgelenk gebrochen. Damals waren ihre Hände nicht gefesselt gewesen .
    »Haltet sie fest«, zischte Malnigal ihren beiden Handlangern zu.
    Die Jäger traten vor und packten sie bei den Armen. Beide rochen, als würden sie Wasser nur zum Trinken benutzen. Sie waren mit gekrümmten Häutemessern bewaffnet.
    Malnigal umrundete Shaya. »Du hast keine Angst?«, flüsterte sie ihr ins Ohr.
    »Wer nichts mehr zu verlieren hat, verliert auch jegliche Angst.«
    »Ich glaube, da irrst du, Prinzessin. Solange man lebt, hat man immer noch etwas zu verlieren. Ich werde dir helfen, dies zu begreifen.« Mit diesen Worten rammte sie ihr den Eschenstab in die linke Kniekehle.
    Shaya stöhnte auf und knickte ein. In dem Moment traf sie ein zweiter Stoß in die rechte Kniekehle. Die beiden Jäger drückten sie zu Boden und zerrten ihre gefesselten Hände hoch, sodass ihr Gesicht nun fast den steinigen

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