Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
verfüttern.«
»Gar nichts wirst du«, lachte der Mann, und Speicheltropfen sprühten Shaya ins Gesicht. »Du bist keine Prinzessin mehr, verstehst du. Du bist jetzt unsere Hure.«
Der zweite Jäger packte sie von hinten und zerrte sie auf einen Felsblock. Dann schob er ihre Tunika hoch.
E ine Prinzessin des Reiches
Shaya konnte nicht sagen, wie lange sie schon eingesperrt war. Ein paar Stunden? Ein paar Tage? Die Kälte war tief in ihre Knochen gedrungen. Sie hätte es nie für möglich gehalten, aber sie sehnte sich nach der Zeit im Ziegenstall zurück. Dort hatte es wenigstens Licht gegeben. Und die Leiber der Tiere waren warm gewesen.
In dieser Zelle herrschte Finsternis. Sie musste irgendwo tief im Fels liegen. Genau erinnern konnte sie sich nicht mehr daran, wie sie hierhergekommen war. Jede Faser ihres Leibes war vom Schmerz versengt gewesen. Aber ihre Träume hatten sie gerettet. Nicht nur die von Aaron. Auch davon, wie sie einst für ihren Vater auf der Trommel getanzt hatte. Damals war er stolz auf sie gewesen. Und sie würde ihn noch ein letztes Mal stolz machen. Sie würde nicht Hand an sich legen, ganz gleich, was sie ihr auch antaten. Selbstmord begehen hieß, den Kampf aufgeben. Sie war eine Kriegerin! Sie mussten sie schon umbringen. Brechen konnten sie sie nicht.
Shaya hob den Kopf – da war ein Geräusch. Schritte. Nicht die leisen Schritte der Priesterinnen. Feste, selbstbewusste waren das. Der Riegel scharrte, und einen Augenblick später stach gleißendes Licht wie Dolche in ihre Augen. Sie stöhnte auf. Schloss die Lider, doch das Licht brannte weiter, bis sie ihren Arm hochnahm und die Augen damit abschirmte.
»Was habt ihr mit ihr gemacht?«, fragte eine fremde Stimme empört. »Sie ist eine Prinzessin des Reiches! Wie könnt ihr sie in dieses Rattenloch sperren?«
»Sie ist geflohen. Sie ist gefährlich, Unsterblicher.« Das war die Stimme Tabithas, der Mutter der Mütter.
»Ich will keine Ausflüchte hören. Wenn sie fliehen konnte, dann habt ihr versagt. Holt sie hier raus. Wascht sie. Ich will sie in dem großen Zimmer sehen, in dem du mich empfangen hast. Und ich will, dass eure Häscher ebenfalls dorthin gebracht werden. Immerhin haben sie Shaya zurückgeholt. Und behandelt die Prinzessin mit mehr Respekt!«
Shaya konnte spüren, wie sich jemand näherte, doch sie wagte nicht, den Arm von den Augen zu nehmen. Eine Hand strich über ihre Wange. »Es ist vorbei, Prinzessin. Euer Leiden hat ein Ende.«
Das war nicht Muwattas Stimme! Wer war der Fremde, den Tabitha Unsterblicher genannt hatte? Und was bedeuteten seine Worte? War der Winter schon vorüber? War so viel Zeit verstrichen? Sie reckte stolz ihr Kinn vor. Wenn der Tag ihres Todes nun gekommen war, dann wollte sie wie eine Kriegerin sterben.
Aufrecht und ohne Angst.
P ferde
Das Licht machte ihr noch immer zu schaffen. Shaya hatte die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, Tränen rannen ihr über die Wangen, und die Wut darüber verbrannte sie schier. Dieses verdammte Licht! Sie konnte nichts dagegen tun. Das Zimmer war zu hell! Es war zu groß, die Wände zu weiß getüncht. Nur die Decke war vom Ruß zweier Feuerschalen, die angenehme Wärme spendeten, gezeichnet.
Shaya gegenüber stand ein hünenhafter Krieger. Sie glaubte, ihn schon einmal gesehen zu haben. Jetzt erinnerte sie sich: Er war der Hauptmann von Kuruntas Leibwache gewesen. An seinen Namen erinnerte sie sich nicht. Hatte Muwatta ihn als ihren Henker geschickt?
Der Krieger hatte ein hartes Gesicht. Ein struppiges Wolfsfell hing von seinen Schultern. Sein prächtiger Glockenharnisch funkelte golden im Licht der Feuerschalen. Die Hände über den Griff einer riesigen Keule gefaltet, sah er sie unverwandt an. Neben ihm stand die Mutter aller Mütter, hinter ihm die Leibwachen des Unsterblichen. Sie trugen prächtige rote Wollumhänge. Doch keiner von ihnen war so groß wie der Hüne mit der Keule.
»Ihr also seid Shaya.« Er deutete eine Verneigung an. »Ich habe Euch bislang nur von Ferne gesehen. Ich bedauere, dass man Euch so schlecht behandelt hat. Dies geschah ohne mein Wissen. Doch es war auch nicht klug zu fliehen.«
War das die Stimme, die sie im Kerker gehört hatte? Sie war sich nicht sicher. »Ich hatte entschieden, lieber auf der Flucht zu sterben, als länger wie ein Tier in einen Stall voller Ziegen gesperrt zu sein.«
»Unter Ziegen gesperrt?« Der Hüne sah auf Tabitha hinab. Die alte Priesterin wirkte neben ihm wie ein Kind
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