Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Opferung zu überwachen. Das sind erfahrene Krieger!«
»Und ich bin ein Daimon«, sagte er entschieden, und seine Augen wurden hart. »Glaubt Ihr wirklich, eine Handvoll Menschenkinder könnte mich aufhalten.«
In diesem Augenblick wirkte er ganz und gar nicht mehr weibisch, und sie war froh, dass er ihr nicht feindlich gesonnen war. Sie dachte an die Kristallhöhle in den Wäldern Nangogs, wo sie gegen die Daimonen gekämpft hatte. Er hatte recht, er würde kein Schwert brauchen, um die Männer Labarnas zu bezwingen.
»Ich werde auf einem anderen Weg aus dem Tal fliehen als Ihr, Prinzessin. Unsere Verfolger dürfen uns nie zusammen sehen. Deshalb treffen wir uns erst bei der Schäferhütte.« Er drückte ihr die Hand. »Es war mir eine Ehre, Euch kennengelernt zu haben. Ihr seid wahrlich eine Prinzessin unter den Menschentöchtern.«
Obwohl er ihr geholfen hatte, war sie froh, seiner Gesellschaft zu entkommen. Er war ihr erneut unheimlich geworden, als sie für einen Herzschlag die Härte hinter seiner weibisch höflichen Art hatte aufblitzen sehen. Er hatte ihr geholfen, aber er blieb ein Daimon. Sie sollte ihm nicht zu sehr vertrauen. Sie verneigte sich knapp.
»Ich danke dir«, sagte sie kurz angebunden, dann stieg sie mit klopfendem Herzen aus dem Fenster hinaus in eine sternklare Nacht. Von Norden wehte ein eisiger Wind ins Tal. All ihre Sinne waren geschärft wie zuletzt bei ihrer Flucht, die sie abgebrochen hatte. Sie musste nicht mehr fürchten, Aaron zu schaden. Die Prinzessin Shaya hatte aufgehört zu existieren. Sie war in ein neues Leben geboren worden.
D er Verrat
Nandalee lauschte auf die Geräusche der Nacht. Sie hatte fast keinen Schlaf gefunden. Es regnete. Leises Tröpfeln auf Stein und Blätter und der Wind, der ab und an in den Felsen heulte, waren die einzigen Laute, die sie vernahm.
Gonvalon lag reglos an sie geschmiegt. Sein Atem ging ruhig. Konnte er schlafen? Nandalee verfluchte sich immer noch dafür, dass sie in der Stadt nicht vorsichtiger gewesen waren. Sie hatten dorthin gemusst! Es war ihre Mission herauszufinden, wo sich Menschen und Götter versammeln würden. Ein seltsamer Auftrag … Sie würden Tage brauchen, um nach Albenmark zurückzukehren. Was nutzte dieses Wissen im Nachhinein? Vielleicht sollten zukünftige Versammlungen angegriffen werden.
War da ein Geräusch? Sie hielt den Atem an. Nein, nichts. Nur Wind und Regen. Den Reitern, die sie anfangs verfolgt hatten, waren sie leicht entkommen. Doch in der Abenddämmerung, als sie in die Berge oberhalb der Stadt zurückgekehrt waren, waren andere Kreaturen gekommen. Die Devanthar selbst hatten nach ihnen gesucht! Sie hatten in einer Felsspalte hinter dichtem Gebüsch Zuflucht gefunden. Ein Versteck, das im Dunkeln eigentlich unauffindbar war. Es sei denn, jemand besaß das Verborgene Auge. Nandalee war sich nur zu bewusst gewesen, wie verräterisch ihre Aura war. Sie war magiebegabt. Ihre Aura unterschied sich grundlegend von der aller anderen Kreaturen in weitem Umkreis. Deshalb hatte Gonvalon ihr befohlen, so tief wie möglich in die Spalte zu kriechen und sich dann schützend vor sie gelegt, sodass seine Aura die ihre überlagerte.
Jetzt war alles ruhig. Ein oder zwei Stunden noch, dann wurde es hell. Sicher würden die Devanthar sich dann ganz dem Schutz der Stadt widmen und nicht länger in den Bergen auf die Jagd gehen.
Sie spürte, wie Gonvalon sich regte. Er löste sich aus ihrer Umarmung, drehte sich zu ihr um und küsste sie. Im schwachen Licht konnte sie ihn kaum erkennen. Sein Gesicht war eine Fläche aus Schatten. Zärtlich strich seine Rechte über ihren Nacken. »Was immer auch geschieht, ich liebe dich«, flüsterte er und drückte im selben Augenblick auf einen Punkt in ihrem Nacken. Ein heißer Schmerz brannte bis in ihre Zehenspitzen. Was hatte er …? Sie wusste, was er getan hatte, auch wenn sie es nicht glauben wollte.
Ailyn, die Meisterin im waffenlosen Kampf, die sie an ihrem ersten Tag in der Weißen Halle so unbarmherzig mit einem Holzschwert verprügelt hatte, lehrte dieses Geheimnis. Aber nicht an Schüler. Nur wenige, auserwählte Meister wussten um die Nervenpunkte, bei denen ein leichter Druck genügte, um unerträglichen Schmerz oder Lähmung zu verursachen.
»Es tut mir leid, Nandalee. Ich weiß, dass du dies als Verrat empfinden musst. Aber bald schon wirst du wissen, dass diese Tat aus Liebe geboren wurde. Dieses Tagwerk heute muss ich allein verrichten. Ich habe Sorge, dass die
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