Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Aber er war klug und hart. Mit Männern wie ihm konnte man Königreiche aufbauen. Statt zu jammern und noch eine Wunde davonzutragen, hatte er sich zusammengerissen und gewählt.
»Reiß ein Stück vom Bettlaken, und verbinde deine Hand. Du blutest hier alles voll.«
Eurylochos gehorchte. Er wickelte das Leinen straff um die Hand und zog den Verband mit den Zähnen fest.
Kolja beobachtete, wie sich der schmutzig weiße Stoff voller Blut sog. »Nun erzählst du mir von dieser Seidenen.«
Der Seemann begann stockend zu sprechen. Er kämpfte immer noch gegen den Schmerz an. »Keiner weiß, woher sie kommt, aber sie brachte uns allein im letzten Mond mehr Gold als alle Mädchen aus unserem besten Haus zusammen. Sie ist von sich aus zu mir gekommen und hat sich unter unseren Schutz gestellt. Sie wollte keine Wächter und in keines unserer Häuser. Ihr ging es einzig darum, dass die anderen Luden der Stadt wussten, dass sie unter unserem Schutz steht. Und das lässt sie sich ein Vermögen kosten.«
»Woher kommt all das Gold? Was ist an ihr so besonders? Ist sie so schön?«
Eurylochos hob resignierend die Hände, und Blut rann aus seinem durchnässten Verband seinen Unterarm hinab. »Wir haben schönere Frauen in unseren Häusern. Aber sie hat etwas an sich, das sich schwer in Worte fassen lässt. Wenn sie lächelt, dann geht dir das Herz auf. Ihre Blicke reichen bis auf den Grund deiner Seele. Man will sie haben, wenn man sie sieht. Will in ihrer Gesellschaft sein. Will ihre Aufmerksamkeit. Sie spricht sieben Sprachen, heißt es. Sie bewohnt ein großes Haus in bester Lage. Sie hat Dutzende Diener, mehrere Sänften. Und ihr Ruf reicht bis in die Paläste unserer Heimatwelt. Die reichsten Kaufmannsfürsten träumen von ihr. Es sollen Satrapen über den Abgrund zwischen den Welten geschritten sein, nur um eine Nacht mit ihr zu verbringen. Sie pflegt Umgang mit mindestens zweien der sieben Statthalter sowie mit hochrangigen Priestern. Sie soll gelehrt sein und kann angeblich genauso frei über Philosophie reden, wie sie einen Mann mit den ausgefallensten Spielen in ihrem Bett zu erfreuen vermag.«
Kolja lachte. »Diesen Wunderkäfer werde ich mir morgen ansehen.«
Der Steuermann schüttelte den Kopf. »So geht das nicht. Man muss um ein Treffen mit ihr anfragen. Das liegt an ihrer Kundschaft. Die Reichen und Mächtigen wollen Männer wie uns nicht sehen.«
»Du meinst, sie vergibt Audienzen?« Der Drusnier lachte noch lauter. »Nicht mit mir. Sie arbeitet für mich, und ich werde sie morgen sehen. Ich werde ihr ein Geschenk machen, das sie ganz gewiss nicht ablehnen wird. Und nun mach dich davon. Schick mir das Mädchen vom Seidenfluss herauf. Sie soll mir für heute genügen, bevor ich morgen die Seidene nehme.« Er schüttelte lachend den Kopf. »Eine Hure, die eine Philosophin ist. Das will ich sehen. In einer Stunde erwarte ich dich mit zehn der Männer, die mit mir auf dem Schlachtfeld von Kush gekämpft haben, vor dieser Tür. Und ihr alle werdet in unseren alten Rüstungen als Leibgardisten des Unsterblichen Aaron erscheinen. Wir haben einen Besuch zu machen.«
D er versunkene Wald
Nodon war diese neue Welt unheimlich. Sie hatten die Flussböschung hinter sich gelassen und streiften wieder durch dichten Dschungel. Doch seit Nandalee mit diesen eigentümlichen Geistern in Kontakt getreten war, hatte sich alles verändert. Sie brauchten keine Klingen mehr, um sich einen Weg durch das dichte Unterholz zu bahnen. Das Gestrüpp schien regelrecht vor ihnen zurückzuweichen. Das machte es ihnen leichter voranzukommen, aber dem Elf war auch bewusst, dass jeder ihrer Schritte damit gelenkt wurde.
Nandalee hatte ihnen versichert, dass hier im Wald keine Gefahr bestand, wenn sie mindere Zauber nutzten. Und so verschaffte ein einziges Wort der Macht augenblicklich Erleichterung: Es verbannte die schwüle Hitze und schuf einen angenehmen Kokon aus kühler Luft, die auch von den Moskitos und anderen Plagegeistern gemieden wurde. Nur gegen die fingerlangen Blutegel, die sie heimsuchten, schien weder Magie noch Kraut gewachsen zu sein.
Der Schwertmeister blickte zurück auf die kleine Kolonne, die er anführte. Nandalee wechselte sich mit ihm und Gonvalon ab. Sie waren am erfahrensten darin, durch die Wildnis zu streifen. Nandalee ging jetzt zwei Schritt hinter ihm. Ihr Blick wirkte in die Ferne gerichtet, obwohl man in diesem von warmem Nebel verhangenen Dschungel kaum weiter als zehn Schritt sehen konnte. In der
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