Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Aaron hingegen hätte sie in eine Schlacht nach der anderen geführt, bis auch der Letzte umgekommen wäre. Für ihn würden sie immer nur ein paar Söldner und Piraten bleiben. Ihre Leben zählten nicht.
Für die Männer ist es besser, dass ich nun ganz allein das Kommando führe, dachte Kolja. Und dass Volodi ohne Abschied verschwunden war, nahmen ihm seine Kampfgefährten übel. Kolja hatte das Gerücht ausgestreut, sein Freund sei auf den Herrensitz seines Vaters zurückgekehrt. Wäre er einfach verschwunden gewesen, hätten die Männer womöglich noch angefangen, nach ihm zu suchen. So war es besser. Wer einmal das Weiße Tor der Tempelstadt hier in Nangog durchquert hatte, der kam nie wieder zurück. Heute Nacht würde er im Andenken an Volodi eine Amphore guten Weins leeren. Sein Kamerad war einfach nicht für diese Welt geschaffen gewesen.
Kolja stieg die ausgetretene Treppe zum Eingang des Hurenhauses hinab. Der Türsteher starrte ihn mit weiten Augen an. »Du bist zurück.«
Der Drusnier lächelte. »Gut beobachtet. Ich schätze Männer, die ihren Kopf gelegentlich zum Denken benutzen, und nun lass mich herein.«
Der verdatterte Kerl riss die Tür auf. Zufrieden registrierte Kolja, dass der Türsteher gewaschen war und in sauberen Kleidern steckte. Dieses Haus war reicheren Gästen bestimmt. Angetrunkene Schläger, die rochen, als hätten sie in ihrer eigenen Pisse übernachtet, waren hier nicht tragbar.
Zwei junge Frauen warteten hinter der Tür. Er kannte beide nicht. Eine war sehr klein und zierlich und schien vom Seidenfluss zu kommen.
»Wie können wir dich beglücken, Herr?« Die Zierliche sprach ihn ohne Zögern an, während es der anderen nicht gelang, ihren Abscheu vor ihm zu verbergen. Kolja wusste nur zu gut, wie übel er aussah, einarmig und mit seinem von Hunderten Faustkämpfen vernarbten Gesicht. Aber wer in ein Freudenhaus kam, wollte nicht schon beim Eintritt in die Wirklichkeit zurückgeholt wer den. Hier sollten Träume wahr werden. Die Blondine, die sich nun langsam fasste und zu einem falschen Lächeln zwang, war nicht gut fürs Geschäft. Sie sollte in einem billigeren Haus arbeiten, wo statt mit Träumen nur mit Fleisch gehandelt wurde.
Kolja hielt auf die kleine Treppe zu, die hinauf zu seinem Zimmer führte, das er Eurylochos überlassen hatte. Die Zierliche machte eine Geste, ihn aufzuhalten, stellte sich ihm aber nicht in den Weg. »Dort oben darf nicht jeder hin …«, sagte sie mit hinreißendem Akzent.
»Da stimme ich dir zu«, entgegnete Kolja und ging an ihr vorüber. Hinter ihm ertönte eine dunkle Männerstimme. Kolja ignorierte sie.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte er die Stiege hinauf. Der Lärm hinter ihm ebbte ab. Offensichtlich gab es außer dem Türsteher hier noch jemanden, der ihn kannte.
Kolja stieß die Tür zu seinem alten Zimmer auf, ohne sich der Förmlichkeit des Anklopfens zu unterziehen. Eurylochos lag mit einer dunkelhäutigen Schönheit im Bett, die aussah, als habe sie ein Leben zwischen Wind und Meer verbracht. Der Steuermann setzte sich auf, und sein Fluch erstarb, bevor er ihm über die Lippen kommen konnte. Seine grauen Augen schienen ihm schier aus dem Kopf quellen zu wollen. »Du …«, war alles, was er schließ lich hervorbrachte. Er war ein großer, muskulöser Mann, genauso braun gebrannt wie die Schöne neben ihm im Bett. Irgendwann einmal hatte jemand versucht, ihm mit einem Messer das Gesicht zu halbieren. Eine weiße Narbe lief quer über seine Stirn und reichte bis zur linken Wange.
»Deine Freude, mich lebend zu sehen, ist wahrlich herzerwärmend.« Kolja setzte sein Lächeln auf, von dem er genau wusste, dass es bei seinem schrecklich vernarbten Gesicht selbst die tapfersten Männer bis ins Mark erschütterte. »Ich möchte meine Kammer zurück. Und mein Bett. Du darfst gehen. Das Mädchen bleibt. Weiche Betten und hübsche Frauen habe ich in den letzten Monden auf der Ebene von Kush vermissen gelernt.«
Eurylochos erhob sich ohne Widerspruch, was ihm einen bösen Blick von seiner Gefährtin einbrachte. Er nahm seine Kleider von einem Hocker neben dem Bett, versuchte sie kurz zu ordnen, gab es aber fast sofort auf. Seine Hände waren unter der zerknüllten, roten Tunika verborgen. Ein bronzebeschlagener Gürtel hing zwischen den Kleidern hinab. Er trat um das Bett herum und kam Kolja nun lächelnd entgegen. »Schön zu sehen, dass du das Gemetzel überlebt hast, altes Ross.«
»Du weißt ja, ich bringe aus jedem
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