Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Marketenderinnen, wenn die Tage des großen Sterbens vorüber sind. Sie hatten ihn gesehen, als er zum Lagerplatz der Katzenmänner ging, so drückten sie sich aus, und schlugen sogleich das Zeichen des schützenden Horns. Obgleich die Menschenkinder keinerlei Zaubermacht besitzen, sind fast alle von ihnen fest davon überzeugt, dass bestimmte Rituale, Symbole oder Flüche das Schicksal zu ihren Gunsten verändern können. Damals belächelte ich das nur. Ich war jung und fühlte mich trotz all dem, was ich auf dem Schlachtfeld gesehen hatte, unbesiegbar. Ein Wahn, von dem ich bald geheilt werden sollte.
Die beiden Marketenderinnen waren sich ganz sicher, dass Volodi von den Katzenmännern nicht zurückgekommen war. Sie hatten bis zum Morgengrauen auf einem Hügel gearbeitet, von dem aus sie einen Blick auf das Lager hatten. Es war ein Hügel voller Leichen, die noch niemand berührt hatte. Vielleicht weil die Katzenmänner so nahe lagerten.
Sosehr ich auch suchte, es gab niemanden, der Volodi danach noch einmal gesehen hatte. Er schien bei den Katzenmännern geblieben zu sein. Er hatte von ihnen immer mit einer Mischung aus Abscheu und Respekt gesprochen. Ihm war auch klar, dass sie die Schlacht gerettet hatten, als er versagt hatte und auf das Täuschungsmanöver Muwattas hereingefallen war. Aber dass er deshalb mit ihnen gehen sollte, ergab für mich keinen Sinn.
Ich entschied, dass ich zu wenig über den Mann wusste, dessen Wagenlenker ich gewesen war, und begab mich an jene Stätte des Jammers, an der die Menschenkinder ihre Verwundeten versorgten. Man muss das Elend gesehen haben, das dort herrscht. Jede Koboldhöhle ist sauberer als diese Verbandsplätze. Ich musste mich beherrschen, um sie in ihrem Unverstand nicht zurechtzuweisen und sie zu lehren, wie Wunden zu versorgen sind, wie man ein Fieber behandelt und wie bedeutsam sauberes Wasser ist. Es sind Orte zum Sterben, diese Verbandsplätze. Es ergeht den Verwundeten dort kaum besser als auf dem Schlachtfeld, nur dass ihnen hier, wenn sie Glück haben, einer zur Seite sitzt, wenn es ans Ende geht.
An diesem Sammelplatz künftiger Leichen fand ich zwei Drusnier, die in ihrer Einsamkeit und vom Fieber geschüttelt sehr gesprächig waren. Beide hatten zu den Zinnernen gehört, und sie erzählten mir von ihren Schlachten. Davon, wie der Unsterbliche Aaron, König Geisterschwert, wie sie ihn nennen, sie auf der Insel Kyrna aufgespürt und sie dazu gezwungen hatte, ihm zu Diensten zu sein. Wie sie die verborgenen Eisenhütten der Luwier gefunden und ihre Schmiede entführt hatten. Sie behaupteten, auf Nangog reiche Männer zu sein, und bedauerten, dass sie nicht den Tod sterben würden, den Kolja ihnen versprochen hatte – in einem schönen Bett, mit einem hübschen Mädchen an ihrer Seite. Sie waren sehr redselig. Erzählten von den Freudenhäusern, die ihnen gehörten, und von Volodi, den sie zwar bewunderten, der aber keinen Sinn für Geschäfte hatte und einen mörderischen Streit mit den Zapote heraufbeschworen hatte. Ich werde hier nicht von all den grausamen Einzelheiten berichten, die sie mir über den Tod eines Freundes namens Atmos erzählten. Die Menschenkinder sind Barbaren, und ich fürchte, sie werden es immer bleiben. Jedenfalls waren sich beide Männer darin einig, dass Volodi den Streit heraufbeschworen hatte, weil er ins Bett einer Zapotepriesterin gestiegen war. Und das, obwohl er unter den Weibern in einem halben Dutzend Freudenhäusern hätte wählen können.
Sie erzählten auch viel über das verwunschene Nangog, und es war nicht allein das Fieber, das ihre Augen glänzen ließ, als sie von fliegenden Schiffen und Höhlen voller Smaragde schwärmten. Von all den Möglichkeiten, dort ein neues Leben zu beginnen. Ich muss gestehen, ich erlag der Versuchung und habe einen Zauber gewirkt, der ihr Fieber senkte und das Gift aus ihrem Blut sog. Sie waren keine guten Männer, und in späteren Jahren habe ich mich manchmal gefragt, ob vielleicht andere, bessere Männer hatten sterben müssen, weil ich diese beiden gerettet hatte. An jenem Nachmittag aber war ich den beiden so dankbar, dass ich daran keinen Gedanken verschwendete. Sie hatten mir den Weg nach Nangog gewiesen. Ich wusste nun, dass ich bei den Zapote suchen musste, denn so gut kannte ich den Menschensohn, dessen Wagenlenker ich gewesen war, dann doch.
Er hatte diese Priesterin ganz gewiss nicht vergessen. Sie war der Schlüssel zu allem.
So reihte ich mich in den langen Zug der
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