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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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seinem Herzen wusste er die Antwort.
    Artax riss sich das dünne Hemd, das er trug, vom Leib, tränkte es mit Wasser und wickelte es sich um das Gesicht, sodass nur ein
schmaler Spalt für seine Augen blieb. Dann kehrte er durch das Tor zurück. Die Männer, die eben noch dort gestanden hatten, waren verschwunden. Vermutlich geflohen.
    Der Unsterbliche stürmte in den dichten Rauch. Er suchte nach Überlebenden, zerrte sie zum Tor und wies ihnen den Weg. Er fand Datames, der einen kleinen Trupp Dienerinnen führte. Sein Hofmeister war rußverschmiert, sein Haar versengt. die Augen rot gerändert vom Rauch. »Der Harem …« Datames hustete. »Sie sind alle … tot. Erstickt. Alle! Sie sehen aus, als würden sie schlafen. Sie …«
    Â»Komm hier heraus!« Er packte Datames und schob ihn zum Tor. Endlich kamen ihnen Höflinge Muwattas zu Hilfe. Diener und auch einige Wachen. Viel zu spät, dachte er bitter. Ganz, wie Muwatta es gewollt hatte. Der Herrscher hatte etwas unternehmen müssen, sonst würde das Feuer am Ende noch eine Gefahr für seinen Palast.
    Die Hilfe war gut organisiert. Bald waren die brennenden Stallungen gelöscht. Gegen das Feuer in den Schilfbündelhallen gingen die Helfer nicht vor. Dieser Kampf war aussichtslos. Wo das Schilf einmal Feuer gefangen hatte, war die verzehrende Wut der Flammen nicht mehr zu bändigen.
    Bald brachen die brennenden Hallen in sich zusammen und Ströme von Funken stoben über die Mauern des Palastes dem Sternenhimmel entgegen. Für sich genommen ein schönes Bild.
    Artax kauerte auf einer Treppe. Sein Rücken schmerzte, wo der siedende Schaum ihn verbrüht hatte. Er konnte nicht fassen, dass Muwatta das getan hatte! War das die Rache für Kurunta? Oder war es von Anfang an geplant gewesen?
    Der Unsterbliche blickte zum Himmel hinauf. Im Osten zeigte sich ein erster Streifen silberblauen Lichts. Über der Stadt hingen dunkle Regenwolken wie ein himmlisches Leichentuch. Man hatte angefangen, die Toten zu bergen. Sie wurden, in Tücher gerollt, entlang einer Mauer aufgereiht, hinter der sich wohl das Backhaus des Palastes verbarg. Der Duft frisch gebackener
Fladenbrote überlagerte den Geruch von schwelendem Schilfrohr.
    Artax beobachtete, wie die Morgendämmerung ihre Schwingen über den Horizont streckte. Der Anblick tröstete seine verwundete Seele und ließ ihn zugleich an den Göttern zweifeln. Die Welt könnte ein vollkommener Ort sein! Warum duldeten die Devanthar einen Mann wie Muwatta als Unsterblichen? Welchen Nutzen brachte er ihnen? Und warum hatte der Löwenhäuptige all das nicht verhindert?
    Weil du dich von ihm losgesagt hast, du Narr. Was erwartest du? Du willst neue Wege beschreiten, du willst das Reich verändern, das er in Jahrhunderten geformt hat. Stürzen, was er mit uns aufbaute. Was wunderst du dich da, dass du deine Kämpfe alleine austragen musst? Du solltest dich mit dem Löwenhäuptigen aussöhnen und auf seinen Rat hören. Und auch auf das, was wir dir sagen. Wir verkörpern Jahrhunderte der Erfahrung und du trittst unser Wissen mit Füßen. Haben wir dir nicht davon abgeraten, hierherzukommen? Nun höre auf uns! Mach deinen Frieden mit dem Löwenhäuptigen und dann vergelte Muwatta Gleiches mit Gleichem. Schick ihm Meuchler! Lass Kurunta die Kehle durchschneiden. Schick seinen Haremsdamen Seidenschals, die Pockenkranke in der Stunde ihres Todes in Händen gehalten haben, auf dass selbst jene, die ihr Leben behalten, für immer ihre Schönheit verloren haben werden. Höre auf uns! Nur Rache tilgt den Schmerz, den du jetzt fühlst.
    Artax schloss die Augen und floh dem Grauen. Nie zuvor war er so sehr versucht gewesen, dem Rat Aarons zu folgen. Doch der Quälgeist hatte immer nur sein Verderben im Sinn. Er durfte ihm nicht trauen – besonders dann nicht, wenn es süß und verlockend war, seinem Rat zu folgen. Rache macht blind, hatte seine Mutter ihm immer gesagt, wenn er verprügelt nach Hause gekommen war und darüber nachgesonnen hatte, wie er es den Siegern von heute an einem anderen Tag heimzahlen würde. Seine Mutter war eine einfache Frau gewesen, die nicht lesen konnte und die sich in ihrem ganzen Leben nie weiter als fünf Meilen von ihrem Dorf
entfernt hatte. Aber Wahrheit brauchte keine Gelehrsamkeit und keine großen Worte. Er durfte sich nicht von blindem Hass übermannen lassen. Er

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