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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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würde Muwatta bekämpfen! Mit aller Entschlossenheit, aber ohne Hass.
    Was du tust, ist verbohrt und dumm! Sieh dich um. Sieh dir die Toten an. Und dann jene, die leben. Jeder von ihnen weiß, dass die Toten hier liegen, weil du weichherzig bist. Weil du nicht verstanden hast, wie Unsterbliche miteinander umgehen. Muwatta kann man keinen Vorwurf machen. Er hatte eigentlich keine andere Wahl. Insbesondere nicht, nachdem Kurunta gedemütigt wurde. Aber du hattest die Wahl! Niemand hätte von dir erwartet, hierherzukommen. Mit Muwatta kann man nicht reden. Geh hin und sieh dir die Toten an! Merke dir jedes einzelne Gesicht, denn ihr Blut klebt genauso an deinen Händen, wie an denen von Muwattas Brandstiftern.
    Artax erhob sich. Stumm zählte er die in Tücher eingeschlagenen Toten. Fünfunddreißig! Dann entdeckte er eine zweite Reihe. Ein zierlicher Fuß in einem roten Pantoffel, der unter einem Tuch hervorlugte, verriet ihm, wer dort lag. Selbst im Tode noch von allen anderen getrennt. Seine Haremsdamen. Alle siebzehn, die Datames ausgewählt hatte. Artax ballte die Fäuste in hilfloser Wut. Sie waren nur schmückendes Beiwerk auf dieser Reise gewesen. Es stand ihm nicht an, ohne Begleitung aus seinem Harem an den Hof eines anderen Unsterblichen zu kommen. Er wusste nicht einmal, wen Datames ausgewählt hatte.
    Steif und mit schmerzendem Rücken erhob er sich und ging zu ihnen hinüber. Er kniete neben jeder von ihnen nieder, schlug die Tücher zurück und küsste sie zum Abschied auf die Stirn. Manche Gesichter waren vom Feuer so sehr entstellt, dass er nicht mehr zu erraten vermochte, wen er küsste. Andere sahen aus, als seien sie gar nicht in die lange Dunkelheit gereist, sondern würden nur schlummern und von seinem Kuss wieder erwachen. Die letzte in der Reihe war Schaptu. Er erinnerte sich noch gut an ihre erste Begegnung im Fliegenden Palast, als sie ihn gemeinsam mit Aya und Mara empfangen hatte. Ihr rotes
Haar war fast vollständig verschwunden. Doch ihr Gesicht war nicht entstellt. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, sodass er ihre makellos weißen Zähne sehen konnte. Zärtlich küsste er sie auf die Stirn und deckte sie behutsam zu wie ein schlafendes Kind.
    Als Artax sich erhob, wurde er sich bewusst, dass jeder auf dem Hof ihn ansah. Er war einmal mehr aus der Rolle des Unsterblichen geraten! Und er bereute es nicht. Sollte der Löwenhäuptige ihn nur bestrafen! Er war nun einmal nicht der kaltherzige Adelige, der Aaron gewesen war. Und er würde sich auch nicht dazu machen lassen.
    Langsam ging er zur gegenüberliegenden Seite des Hofes, wo die anderen Toten aufgebahrt lagen. Die Diener und Soldaten, Pferdeknechte, Mundschenke und Näherinnen. All jene, die namenlos blieben und doch das Reich auf ihren Schultern trugen. Wie die Haremsdamen küsste er jeden, der dort lag, auf die Stirn. Auch jener Diener, der ihn geweckt hatte, lag nun in der Reihe der Toten. Äußerlich ganz unverletzt … Ihn zu sehen versetzte Artax einen Stich. Der Mann war gestorben, weil er ihn, Artax, den vermeintlich Unsterblichen, aus der Schilfbündelhalle gerettet hatte. Er hätte einfach davonlaufen können.
    Â»Bitte, Erhabener. Ihr seht durstig aus.« Eine junge Dienerin war vor ihn getreten. Tief vorgebeugt, die Arme erhoben, bot sie ihm einen schlichten Tonbecher mit Wasser.
    Dankbar nahm er ihn an und trank. Seine Kehle war wie ausgedörrt.
    Â»Erhabener …« Die Dienerin blickte scheu zu ihm auf und Tränen standen ihr in den Augen. »Dort liegt meine kleine Schwester …« Ihre Stimme brach. »Ich … Ich war es, die sie zum Dienst im Palast überredet hat. Ich habe meiner Mutter versprochen, immer auf sie achtzugeben. Ich …«
    Artax strich ihr sanft über die tränennasse Wange. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Stumm verfluchte er sich für seine Arroganz. Er hätte auf den Löwenhäuptigen hören sollen! Er hätte niemals hierherkommen dürfen.

    Â»Es hat mir viel bedeutet, dass Ihr sie geküsst habt, Erhabener. Ich …« Sie ergriff seine Hand, presste den Handrücken gegen ihre Stirn und küsste ihn dann. »Ich … Danke!«
    Artax konnte es nicht fassen. Er hätte erwartet, dass sie ihn verfluchte! Noch immer standen alle auf dem Hof still und blickten zu ihm hinüber.
    Â»Wir werden deine Schwester nach Hause bringen. All unsere Toten. Noch heute

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