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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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irgendetwas bemerkt oder gespürt haben, denn er drehte sich um. Als er Rajin so vertieft auf das Pergament blicken sah, erstarrte er. Obgleich der Weise seine Gesichtszüge ansonsten zumeist vollkommen unter Kontrolle hatte, war für einen kurzen Augenblick das pure Entsetzen darin zu lesen.
    „Rajin! Fall nicht noch einmal auf dieselbe Magie herein!“, rief er beschwörend.
    Rajin antwortete nicht. Er stand einfach nur da, und die Stimme des Weisen erschien ihm wie ein unbedeutendes Geräusch aus weiter Ferne. Nya, dachte er, und am liebsten hätte er ihren Namen laut ausgesprochen, hätte sie gerufen. Er hatte das Gefühl, dass sie ihn vielleicht hören konnte.
    Die Farbkleckse bildeten eine Form, die man mit etwas Fantasie als groben Umriss einer menschlichen Gestalt interpretieren konnte. Nya! Wir kann ich nur zulassen, dass man dich gefangen hält?
    Liisho kehrte mit weiten, entschlossen wirkenden Schritten zu Rajin zurück. „Gib mir dieses Pergament!“, forderte er derart eindringlich, wie Rajin den Weisen selbst in all den Jahren, da sie nur eine geistige Verbindung miteinander gehabt hatten, nie erlebt hatte. Gleichzeitig spürte er die innere Kraft Liishos in einer nie gekannten Deutlichkeit. Eine Kraft, die es ganz sicher mit jener der stärksten Drachen aufnehmen konnte.
    Bis auf drei Schritte ließ Rajin den Weisen an sich herankommen, dann wich er zurück. Das Pergament rollte sich von selbst zusammen, und Rajin umklammerte es mit der Linken. Nein, um keinen Preis der Welt wäre er in diesem Augenblick bereit gewesen, dieses Dokument voller Magie abzugeben.
    Rajin sah die Entschlossenheit in den Zügen seines Gegenübers. Der Weise streckte die geöffnete Hand aus. „Gib es mir, Rajin! Gib es mir, bevor es dich vielleicht umbringt!“
    Rajin schluckte. Er schüttelte den Kopf. „Es wird mich nicht umbringen.“
    „Du hast die Magie des verlorenen Lebens zu spüren bekommen, Rajin! So etwas könnte jederzeit wieder geschehen – und wer weiß, welch uraltes Gezücht an dieser Stelle aus dem Stein hervorbrechen wird, um dich mit Genuss zu vertilgen. Ich habe nicht geahnt, dass du so ein Narr sein könntest, dieses verfluchte Pergament mitzunehmen, anstatt es in der kalten Senke dem Pflanzengezücht zu überlassen, das durch seinen Zauber erweckt wurde.“
    „Ich bin jetzt stark genug, der Magie des verlorenen Lebens zu begegnen“, behauptete Rajin. „Das, was in der kalten Senke geschah, wird sich nicht noch einmal ereignen.“
    „Wenn du vernünftig bist und mir das magische Pergament aushändigst, sodass ich es vernichten kann, behältst du vielleicht recht!“
    „Meine geliebte Nya …“, murmelte Rajin, dann starrte er Liisho an. „Du müsstest wissen, wer sie ist - schließlich waren wir geistig miteinander verbunden …“
    „Ja, das ist wahr.“
    „So weißt du auch, dass sie schwanger ist.“
    „Rajin …!“
    „Wahrscheinlich weißt du es sogar von dem Augenblick an, da ich es erfuhr – zumindest aber von da an, als ich dich um Rat anrief und keine Antwort von dir erhielt!“ Seine Stimme war auf einmal hart geworden, und eine unausgesprochene Anklage schwang darin mit.
    „Mir war klar, dass sich alles von selbst lösen würde, dass es keine Rolle mehr spielen würde, ob und wann dein Vater und der deiner kleinen Freundin davon erführen“, sagte Liisho mit sanfter Stimme. „Rajin, so große Dinge kündigten sich an, da …“
    „Da fiel so etwas nicht ins Gewicht und war zu unbedeutend, als dass sich der Weise mit dem großen Plan zur Welterrettung damit befassen konnte. Das ist mir inzwischen auch klar“, versetzte Rajin nicht ohne Bitterkeit. Und wieder brach das alte Misstrauen gegenüber Liisho in ihm auf. War er - Rajin - für diesen geheimnisvollen Mann nicht nur ein Werkzeug, das der Erfüllung irgendwelcher hochtrabenden Pläne diente? Beschränkte sich seine Rolle nicht darauf, ein Schwert zu sein, das scharf genug war, dem Usurpator den Kopf abzuschlagen und ebenso dem aufmüpfigen Urdrachen, dem man aber keinen ewigen Willen zubilligte?
    Rajin zögerte, ehe er weitersprach. Dass das Kind, das Nya erwartete, ein Sohn sein würde, hatte Rajin erst durch das magische Pergament erfahren, und wahrscheinlich würde der Weise die Ansicht vertreten, auch darin würde eine magische List liegen - die Absicht, Rajin zu beeinflussen oder irgendetwas in der Art. Doch Rajin entschied sich schließlich doch dafür, den Weisen mit dieser Neuigkeit zu konfrontieren. Er

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