DRACHENERDE - Die Trilogie
wollte sehen, wie Liisho darauf reagierte.
„Es wird ein Sohn, Liisho! Ein Sohn, der dereinst ebenso ein Anrecht auf den Thron haben wird wie ich. Vielleicht interessieren dich Nya und ihr Kind jetzt etwas mehr. Vielleicht können die beiden dir ja auch hinsichtlich deiner Pläne dienlich sein. Ich hätte nichts dagegen, wenn es ihr Los erleichtert.“
Liishos Blick gefror. „Sag mir, woher du weißt, dass es ein Sohn werden wird!“, forderte er, und sein Blick fixierte Rajin auf eine Weise, die diesem unangenehm war.
Die innere Kraft des Weisen wirkte auf einmal wie eine unausgesprochene Drohung. Auch wenn sein Tonfall ruhig und gütig klang, so verrieten seine Augen eine Art von unbedingter Entschlossenheit, die Rajin erschreckte.
„Nun?“, fragte Liisho. „Ich nehme nicht an, dass deine kleine Freundin über die Gabe verfügt, das Geschlecht ihres Kindes bereits im Mutterleib zu erkennen.“
Dass er Nya als seine kleine Freundin bezeichnete, gefiel Rajin nicht.
Der Weise trat noch einen Schritt näher, die Hand war noch immer ausgestreckt. „Nur Magier haben die Gabe, das Geschlecht eines Kindes vor dessen Geburt zu erkennen. Also nehme ich an, ein Magier hat dir dies mitgeteilt. Ein Magier, der in den Diensten des Usurpators steht. Er hat über dieses Dokument mit dir Kontakt aufgenommen – wahrscheinlich nur, um dich zu manipulieren!“
„Nein“, widersprach Rajin, „sie hat es gesagt!“
Liisho schüttelte zornig den Kopf. „Was weißt du denn schon, welche Illusion man dir vorgespiegelt hat, um dich zu beeinflussten! Und selbst gesetzt den Fall, du hättest tatsächlich mit ihr Verbindung gehabt, so hätte man sie dazu benutzt, dich zu beeinflussen. Es läuft immer aufs selbe hinaus: Sobald du auf dieses Pergament blickst, wird dein Geist zum Spielball unserer Feinde!“
„Nein! Nicht noch einmal!“, behauptete Rajin. „Ich weiß jetzt, dass ich Nya nicht hätte antworten dürfen …“
„Und das wirst du in Zukunft vermeiden können?“ Liisho lachte freudlos auf. „Wenn dich Nyas Augen flehend ansehen und unsere Feinde sie zu dir sprechen lassen? Rajin, gib mir das Dokument, damit ich es vernichten kann. Es gefährdet unseren Plan.“
Rajin wich noch einen Schritt zurück. Er spürte den geistigen Druck, der immer stärker werdend von dem Weisen ausging. Sammle deine innere Kraft!, dachte Rajin. Du wirst ihm etwas entgegensetzen müssen, wenn du nicht willst, dass er deinen Willen einfach ausschaltet!
„Was hast du vor, Rajin?“, fragte Liisho. „Vielleicht ist deine kleine Freundin …“
„Nenn sie nicht so! Du hast ihren Namen oft genug gehört, um sie dabei zu nennen!“, unterbrach ihn Rajin schroff.
Der Weise schien im ersten Moment erstaunt. Offenbar hatte er nicht mit so viel Widerstand gerechnet. Andererseits – wäre Rajin leicht zu beeinflussen und zu lenken gewesen, durfte Liisho wohl kaum hoffen, dass er den Thron von Drakor für sich zurückerobern konnte.
Liisho ließ die Hand sinken. „Gut, wie du willst. Doch wie kannst du sicher sein, dass Katagi deine kl…, dass er Nya tatsächlich in seiner Gewalt hat und man dich nicht nur mit einem magischen Trick getäuscht hat?“
„Weil nur diejenigen Illusionen wirklich überzeugen, deren Kern die Wahrheit ist. Das hast du selbst mich gelehrt.“ Rajin schüttelte den Kopf. „Ich kann es dir letztlich nicht erklären - ich weiß es einfach.“
„Nehmen wir an, du hast recht. Dann hat Katagi von nun an ein Mittel in Händen, um dich nach Belieben zu knechten. Er wird dich irgendwann so weit haben, dass du alles tun wirst, nur damit Nya nichts geschieht – oder deinem angeblichen Sohn. Aber du kannst sicher sein, dass man Nya nichts antun wird, sofern sie tatsächlich deinen Sohn in sich trägt. Denn dieser Junge ist für Katagi als Faustpfand sehr viel wert. Wenn er ihn nach seinem Gutdünken erziehen und beeinflussen und sogar als möglichen Nachfolger vorstellen kann, wird er damit selbst jene, die bis heute dem Hause Barajan treu geblieben sind, auf seine Seite ziehen …“
„Ich werde alles daran setzen, sie zu befreien“, kündigte Rajin an.
„Du wirst sie vergessen!“, widersprach Liisho entschieden. „Wenn du das nicht vermagst, wirst du nicht frei sein, um das zu tun, wozu du bestimmt bist. Rajin. Du bist jung. Du wirst andere Frauen kennenlernen, die deiner würdig sind – und mit ihnen wirst du genug Söhne zeugen, um fähige Herrscher für ein Dutzend Reiche zu haben. Aber Vorrang
Weitere Kostenlose Bücher