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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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muss die Rückeroberung des Throns haben. Du musst die Drachenringe an dich bringen, um das Chaos aufzuhalten – und du musst deinen Platz im Thronssaal von Drakor einnehmen, damit das Gleichgewicht der fünf Reiche und das der ganzen Welt erhalten wird.“
    Rajin hob die Augenbrauen. „Alles andere ist dagegen ohne Bedeutung?“
    „Ein wahrer Drachenkaiser muss erkennen, was wichtig ist und was nicht.“
    „Und ich habe das in meinem Fall bereits entschieden“, entgegnete Rajin mit fester Stimme und so viel innerer Kraft, wie er nicht einmal in jenem Moment aufgebracht hatte, als er den roten Drachen bezwang.
    Auch Liisho schien das zu spüren. Ihrer beider Blicke begegneten sich, und eine ganze Weile lang sagte keiner von ihnen ein Wort. Es war ein stummes Kräftemessen.
    „Wir sollten nicht warten, bis Ayyaam erwacht, sondern zuvor seine Wunden versorgen“, sagte Liisho schließlich. „Was auch immer wir als Nächstes unternehmen werden – ohne Ayyaam werden wir es nicht schaffen.“
    Rajin nickte. Er steckte das Pergament zurück hinter den Gürtel. „Hilf mir, Nya zu befreien, Liisho. Denn nur dann werde ich frei sein, dass zu tun, was du von mir verlangst.“
    „Deine Bestimmung verlangt es, Rajin“, korrigierte der Weise, „nicht ich.“
     
    9. Kapitel:
    Wulfgarskints Asche
     
    Ein rastloser Dämon war Wulfgarskint geworden, der Sohn Wulfgar Wulfgarssohns aus der Sippe von Wulfgar Eishaar. Der Herr des Augenmonds hatte ihn in sein neues, untotes Leben entlassen. In ein Leben, das von Hass gespeist war – ein Hass auf alles, was in irgendeiner Weise für die Gräueltaten in Winterborg verantwortlich zu machen war. Hass auf die Drachenier und ihre Drachen, Hass auf jeden Einzelnen dieser schlitzäugigen gelbbraunen Männer, die den Tod in den nordwestlichsten Winkel des Seereichs gebracht hatten. Büßen sollten diese Mörder, die alles zerstört hatten, was er geliebt und wofür er gelebt hatte.
    Aber ebenso sehr galt der brodelnde Hass in ihm seinem Findelbruder Bjonn Dunkelhaar, der all das Unglück auf Winterborg gelenkt hatte. Hatte es nicht gereicht, dass er ihm die Liebe seines Vaters stehlen musste? Nur schwer hatte es Wulfgarskint ertragen, dass Bjonn so offensichtlich bevorzugt wurde - zumindest seinem Gefühl nach. Und wie hatte Bjonn seinem Ziehvater Wulfgar Wulfgarssohn die Fürsorge und den Schutz gedankt, die dieser ihm hatte zuteil werden lassen! Das pure Unglück hatte er heraufbeschworen und bewirkt, dass sich offenbar selbst die Götter vom ruhmreichen Anführer der ebenso ruhmreichen Sippe Wulfgar Eishaars abgewandt hatten!
    Das alles schrie nach Rache.
    Und Wulfgarskint fühlte die tiefe Wahrheit dessen, was der Todverkünder und Traumhenker Ogjyr ihm gesagt hatte: Es war der Hass, der dem neuen Leben, das ihn erfüllte, Kraft verlieh. Also musste er alles tun, um dieses innere, verzehrende Feuer am lodern zu halten. Denn nur so lange, wie es in ihm brannte, würde er existieren.
    Wulfgarskint hatte die Gestalt des Rattenmanns angenommen, die der Herr des Augenmondes ihm verliehen hatte. Der riesenhafte Aschekörper schritt über den weißen Schnee wie ein wandelnder Fleck auf dem Leichentuch Winterlands. Die Küste lag schon ein ganzes Stück hinter ihm. Immer wieder hob er die Nase, diese lange Rattenschnauze, von der sich manchmal kleine Stücke aus Asche lösten, die sich auf ihrem Flug aber wieder fingen, emporstiegen und sich an anderer Stelle mit jenem Körper wiedervereinigten, dessen Teil sie waren.
    Dies war von nun seine wahre Gestalt, so hatte Ogjyr gesagt, und für Wulfgarskint war das zunächst ein schwer zu verkraftender Schlag gewesen. War er dies wirklich? Dieses Monstrum, dass allein anzusehen viele schon das Grauen lehrte?
    Zwischenzeitlich hatte es Wulfgarskint nicht mehr ausgehalten und die Gestalt des vierzehnjährigen Jungen angenommen. Aber auch in diesem Punkt hatte der Herr des Augenmondes die Wahrheit gesprochen: Es war so unendlich anstrengend, diese Gestalt aufrechtzuerhalten, und da ihn in dieser Öde ohnehin niemand zu Gesicht bekam, verzichtete er schließlich darauf.
    Als Rattenmann ging er vorwärts – geradewegs in das weiße Landesinnere hinein. Schließlich blieb er stehen und drehte sich um. Ein letzter Blick war es, den er Winterborg sandte, dem Ort, wo alles vernichtet worden war, was ihm je etwas bedeutet hatte.
    Wohin gehst du?, fragte er sich. Gibst es da eine Spur, der du folgst? Einen Geruch, dessen Witterung dein Hass aufgenommen

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