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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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hatte. An manchen Stellen sickerte noch immer Blut hervor und suchte sich seinen Weg durch die Zwischenräume, die die hornigen Schuppen trennten.
    Ayyaam ließ ein tiefes Brummen hören, das jedoch sofort sehr viel leiser wurde, als Liisho ihn entsprechend anwies und dabei den Drachenstab benutzte. „Hör auf damit“, ereiferte sich der Weise, „oder willst du, dass hier überhaupt kein Stein mehr auf dem anderen stehen bleibt?“
    Der Gedankenstrom, den Liisho dabei konzentrierte, war offenbar stark genug, dass der Drache nur noch einen verhaltenen Brummlaut von sich gab. Vielleicht war er ein Ausdruck der Schmerzen, die ihm seine Wunden bereiteten.
    Rajin war froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Wenig später waren auch Bratlor und der Weise Liisho vom Rücken des Drachen geklettert.
    Rajin atmete tief durch. Er schwitzte erbärmlich, denn die Kleidung, die er trug, war für das warme Klima dieser Insel nicht geeignet. Also öffnete er den Mantel und schnürte den Kragen seines Wamses auf. Bratlor schien es ebenso zu gehen, denn auch dem Sternseher stand der Schweiß auf der Stirn.
    Liisho ging zum Kopf des Drachen, den dieser auf den Boden gelegt hatte. „Sieh her, Rajin! Jetzt kannst du etwas lernen, was jeder Drachenreiter – aber vor allem ein zukünftiger Drachenkaiser - beherzigen sollte“, sprach der Weise. „Nähere dich nie von vorn! Selbst wenn diese Kreaturen es gar nicht beabsichtigen, kommt hin und wieder ein sehr heißer Luftstrom aus ihrem Maul oder den Nüstern. Manchmal ist eine Flamme zu sehen, manchmal nicht. Aber selbst wenn nichts zu sehen ist, kann dieser heiße Luftzug dich schlimm verbrennen.“
    „Ich werde es mir merken“, versicherte Rajin. Auf jeden Fall gehörte das zu den Dingen, die Liisho ihm in den Visionen und Traumgeschichten noch nicht beigebracht hatte.
    Liisho suchte eine ganz bestimmte Stelle seitlich am Kopf des Drachen. Dort befand sich eine Öffnung, von der Rajin annahm, dass es sich um das Ohr des Drachen handelte.
    Ungefähr eine Handbreit darunter existierte eine kleine Vertiefung. Dorthin stieß Liisho seinen Drachenstab mit einer solchen Wucht, dass Rajin dachte, der geschuppte Riese würde unwirsch aufstöhnen. Aber der Stoß mit dem Drachenstab schien Ayyaam keineswegs Schmerzen zu bereitet - das Gegenteil war der Fall. Die Kreatur wirkte beruhigt. Der brummende Laut wurde leiser und war nicht mehr ganz so tief. Liisho murmelte daraufhin unablässig Worte in alt-drachenischer Sprache vor sich hin - Formeln, mit denen er auf den Geist des Drachen einzuwirken hoffte.
    Der Erfolg war klar zu erkennen: Der Drache schloss sogar die Augen, faltete die Flügel zusammen, und sein Schweif zuckte nicht mehr nervös am Boden herum. Die Pranken am Ende der mächtigen Gliedmaßen entkrampften und öffneten sich. Sogar der Atem wurde gleichmäßiger. Dennoch zeigte sich, dass Liisho hinsichtlich der Hitze des ausgestoßenen Luftstroms die Wahrheit gesprochen hatte, denn schon sehr bald waren die Steine in unmittelbarer Nähe des Mauls angerusst, obwohl der Drache gar keinen Flammenstrahl mehr ausgestoßen hatte.
    „Was ist mit den Wunden?“, fragte Rajin.
    „Dazu kommen wir gleich“, entgegnete Liisho unwirsch. Mochte Rajin auch der Sohn des letzten rechtmäßigen Kaisers von Drakor sein - der Weise mochte es nicht, wenn ihn jemand zur Unzeit mit Fragen löcherte, die sich seiner Meinung nach von selbst beantworteten, sofern der Betreffende ein Mindestmaß an Geduld aufbrachte und einfach eine Weile abwartete.
    Davon abgesehen war Liisho die Gesellschaft anderer Menschen offenbar nicht mehr gewohnt. Anscheinend lebte er seit dem Sturz von Kaiser Kojan I. vor achtzehn Jahren zurückgezogen auf dieser Insel.
    Rajin begann plötzlich so etwas wie Bewunderung für ihn zu empfinden. Er stellte sich vor, wie entkräftend und zum Schluss entmutigend es gewesen sein musste, über Jahre hinweg die fünf Prinzen des Hauses Barajan nur mit der Kraft des Geistes zu unterrichten, mit ihnen durch pure Willenskraft ständig in Kontakt zu bleiben und sie zu erziehen – nur, um dann miterleben zu müssen, wie der Usurpator Katagi einen dieser Zöglinge nach dem anderen aufspürte und tötete.
    Rajin versuchte sich die Verzweiflung vorzustellen, die Liisho empfunden haben musste. Schließlich war der Weise zur Untätigkeit verdammt gewesen, denn wie hätte er eingreifen können, ohne das Leben der anderen Prinzen und deren Erziehung in Gefahr zu

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