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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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anlegen müssen, wo er die Gastfreundschaft Wulfgar Wulfgarssohns angenommen hatte. Wulfgarskint erinnerte sich daran, wie Ramnjolf von einem Fluss in Feuerheim berichtet hatte, dessen Wasser gestaut und umgeleitet worden war, um die Wüste jenseits von Nom-Lo zu bewässern. In Wulfgarskints Vorstellung entstand das Bild eines mächtigen Stroms, dessen Wassermassen auf einen ganz bestimmten, vorausgeplanten Weg gezwungen wurden. Einen Weg, den sie natürlicherweise niemals genommen hätten. Die Kraft dieser Wassermassen war gemeinhin nicht beherrschbar, und es gab keine Macht, die sich einem reißenden Strom entgegenzustellen vermochte, wie Ramnjolf zu berichten gewusst hatte. Und doch war es möglich, diese Kraft zu lenken.
    Genau dies musste Wulfgarskint mit seinem Hass gelingen. Wulfgarskint erkannte, dass er andernfalls niemals in der Lage sein würde, die ihm gegebene Kraft wirklich zielgerichtet einzusetzen. Dass Ramnjolfs Geschichte einen schlechten Ausgang gehabt hatte, schreckte Wulfgarskint dabei nicht sonderlich: Die Feuerheimer Kanal- und Stauwehrbauer hatten offenbar nicht das Wohlwollen des Sonnengottes auf ihrer Seite gehabt. Zumindest erklärte man sich Ramnjolf zufolge in den Hafentavernen von Elabar so das Scheitern des Projekts. Der Stauwehr hatte nicht gehalten, und die Kanäle, die die Wüste jenseits von Nom-Lo hatten bewässern sollen, waren längst wieder ausgetrocknet.
    In meinem Fall ist es anders, dachte Wulfgarskint. Schließlich hatte er nicht nur das Wohlwollen, sondern sogar den ausdrücklichen Auftrag eines Gottes, der vom Augenmond aus auf ihn herabblickte und zweifellos jede seiner Handlungen verfolgte.
     
     
    Wulfgarskint folgte den Spuren, die ihm durch seine neuen Sinne offenbar wurden. Sowohl der Spur Bjonn Dunkelhaars als auch jener der Drachen-Armada, die sich beide in dieselbe Richtung bewegt hatten.
    Während er durch den Schnee stapfte und Stunde um Stunde verging, stellte er überrascht fest, dass er nicht ermüdete. Sein untotes Leben schien keine Erholungspausen zu benötigen. Desgleichen kannte er offenbar weder Hunger noch Durst noch irgendein anderes Verlangen – abgesehen von seiner Gier nach Rache und dem Verlangen zu töten.
    Als die kalte, kraftlose Sonne über Winterland ihren Höchststand erreichte, traf Wulfgarskint auf ein Rudel Eiswölfe. Einige der Tiere nagten noch an den Knochen ihrer letzten Beute. Wulfgarskint schätzte, dass es sich – der Größe und Gestalt der Knochen nach – um eine wildlebende Riesenschneeratte gehandelt hatte.
    Die Eiswölfe spürten die Gefahr in dem Moment, da sie die verbrannte, faulige und modrige Witterung aufnahmen. Sie winselten und ließen von den Knochen der Riesenschneeratte ab.
    Der Wunsch zu töten wurde in Wulfgarskint angesichts der lebendigen Kreaturen, deren Gegenwart er spürte, geradezu übermächtig. Auf einmal kam es ihm gar nicht mehr darauf an, wem oder was er den Tod brachte. Wichtig war nur, dass da etwas war, das ein schlagendes Herz, pulsierendes Blut und eine angstvolle Seele hatte, die sich vor nichts so sehr fürchtete wie vor einem qualvollen und grausamen Ende.
    Die Wölfe sprangen auf, scharrten sich um das Leittier, das deutlich größer war als der Rest des Rudels. Aber selbst der Anführer des Rudels wurde von jeglichem Mut verlassen und machte mit dem nur halb erhobenen Schwanz und dem sogar leicht gesenkten Kopf einen eher unterwürfigen Eindruck
    Wulfgarskint näherte sich dem Rudel, lief auf die Tiere zu. Doch dann hielt er inne, denn ihm kam in den Sinn, dass die Wölfe einfach die Flucht ergreifen könnten. Nichts wäre in diesem Augenblick furchtbarer für ihn gewesen, als wenn die einzigen Kreaturen im weiten Umkreis, die sein Bedürfnis zu töten befriedigen konnten, sich einfach davonmachten. Und wie schnell Eiswölfe zu laufen vermochten war Wulfgarskint aus seinem früheren Leben bekannt.
    Bleibt! Bleibt und lasst euch zerfleischen!
    Vielleicht spürten die Eiswölfe sogar seine Gedanken. Jedenfalls hetzten sie augenblicklich davon, als sich das Leittier endlich zur Flucht entschloss.
    Nein!
    Verzweiflung brandete in Wulfgarskint hoch. Die Aussicht, wieder vollkommen allein mit sich zu sein, erschreckte ihn bis in die Seele. Allein mit seiner Wut und seinem ungestillten Wunsch zu töten. Welch eine schlimmere Folter konnte man sich vorstellen?
    Er hetzte hinter den Wölfen her, aber deren Körper waren von den Göttern für das schnelle, ausdauernde Laufen geschaffen worden, der

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