DRACHENERDE - Die Trilogie
Rücken und drehte sich, wobei er seinen stachelbewehrten Schwanz herumschwenkte. Einer der Dreiarmigen wurde erst von den Hornzacken aufgespießt und anschließend durch das offene Tor des Drachenstalls geschleudert, aus dem Ghuurrhaan ausgebrochen war. Ein Drachenhals reckte sich daraus hervor. Mit dem Maul hatte das Ungetüm den Dreiarmigen aufgefangen und verschlang ihn als zwar aufgrund der Schuppenhaut etwas arg zähe, aber wegen der Stockseemammutknappheit dennoch willkommene Zwischenmahlzeit. Die mächtigen Kiefer des Drachen ließen die Knochen krachend zerbrechen, dann würgte er den Dreiarmigen geräuschvoll hinunter.
Rajin erkannte den Drachen sofort an der Zeichnung seiner Schuppenhaut. Es war Ayyaam, der Drachen des Weisen Liisho, der ein direkter Nachfahre des Urdrachen Yyuum sein sollte. Auch er hatte die Ketten gesprengt und schob sich nun durch den Bogen des Stalltors, das größer war als das Tor so mancher Festung im Seereich oder in Feuerheim. Offenbar hatte sein weiser Mentor den Drachen dazu gebracht, sich ebenfalls zu erheben, so wie es Rajin zuvor von Ghuurrhaan verlangt hatte. Aber der Prinz spürte gleich, dass etwas nicht so war, wie es hätte sein sollen.
Dieser Drache war nicht unter Kontrolle, erkannte er sofort an der geistigen Präsenz des Giganten. Dann vernahm er die Stimme Liishos in seinem Kopf. „Ich bin zu schwach! Meine Kräfte … sie reichen nicht aus …“
Offenbar hatte Liisho seine innere Kraft bereits zu einem allzu großen Teil verausgabt, als er sich in höchster Not gegen den Angriff der Dreiarmigen hatte verteidigen müssen.
Rajin drehte sich um. Er sah Liisho inmitten des Kampfgetümmels, sah ihn auf die Knie sinken, sich dabei auf sein Schwert stützend und den Drachenstab zitternd in Richtung des Drachenstalles richtend. Für einen kurzen Moment umflorte erst ein bläuliches, dann ein grünliches Leuchten das Metall des Stabes. Das Gesicht Liishos wirkte bleich wie die weiße Kalksteinwand süddrachenischer Häuser, die Haut sah aus wie Pergament.
Ein entsetzlich schwacher Gedanke erreichte den jungen Prinzen. „Du wirst beide Drachen beherrschen müssen, Rajin!“
Rajin wurde von einem Dreiarmigen angegriffen, parierte dessen wütenden Schwertstreich und duckte sich im nächsten Moment unter der blutigen Axt weg. Mit seinem eigenen Schwertschlag zertrümmerte er den Schild seines Gegners, und der Dreiarmige brüllte auf, weil die Klinge nicht nur durch das Hartholz aus den Wäldern von Tembien hieb, sondern auch den Knochen seines Schildarms durchtrennte.
Rajin stieß den Dreiarmigen mit einem wuchtigen Tritt zur Seite. Sein Gegner taumelte ein paar Schritte zurück, und Rajin strebte auf Liisho zu.
Nachdem ein weiterer Samurai unter den Schlägen eines Feindes zu Boden gegangen war, befand sich der Weise in großer Gefahr. Der Dreiarmige hackte dem am Boden liegenden Samurai mit der Axt den Kopf ab, dann stapfte er auf den völlig apathisch wirkenden Liisho zu.
„Ich bin nicht wichtig, Rajin. Meine Zeit habe ich ohnehin lange überschritten. Sammle deine innere Kraft für die Drachen! Du wirst sie beide beherrschen müssen! Und erfülle deine Bestimmung!“
Der Dreiarmige hatte Liisho erreicht. Die gewaltigen Muskeln seines Axtarms spannten sich. Er holte zu einem mächtigen Schlag aus, mit dem er Liisho den Schädel bis zum Brustbein spalten würde.
5. Kapitel
Drachenblut und Drachengeist
„Ghuurrhaan! Ayyaam! Gehorcht!“
Rajins Gedanken waren wie ein Aufschrei. Die Zeit schien in diesem Augenblick so stark verlangsamt, als ob ein Zauber sie lähmte. In den Monaten, die der Weise Liisho ihn bereits auf Burg Sukara in der verfeinerten Anwendung der inneren Kraft unterwies, hatte Liisho immer wieder erwähnt, dass solche Empfindungen möglich seien. „Diese Momente sind ein Zeichen wahrer Macht und wahrer Beherrschung“, erinnerte sich Rajin der Worte seines Mentors, die durch seinen Kopf hallten und ihn für einen Moment völlig erfüllten, ähnlich wie es von der Litanei der Priesterschaft des Unsichtbaren Gottes in den Kathedralen Drachenias gesagt wurde.
Die mit Blut beschmierte Doppelklinge der Axt sauste mit atemberaubender Genauigkeit auf den Schädel des Weisen zu. Gleichzeitig hatte sich Ghuurrhaan erneut zu einem Flugsprung erhoben, um jenes Luftschiff zu attackieren, aus dem sich die Dreiarmigen herabgeseilt hatten.
Mit dem stachelnbewehrten Schwanz schwang er dabei peitschenartig durch die Luft. Einer der Stacheln fuhr
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