DRACHENERDE - Die Trilogie
Könner seines Fachs vermittelt bekommen, der mir den Gehorsam zurückgibt.“
„Ich persönlich würde es bedauern“, erwiderte Rajin. „Du wärst dann zweifellos nicht mehr derselbe.“
„So willst du ernsthaft behaupten, einen ungehorsamen Begleiter einem gehorsamen vorzuziehen?“, wunderte sich der Dreiarmige. „Einen seltsamen Herrscher wirst du abgegeben, wenn du nach dieser Devise auch noch verfährst, sobald du erst Kaiser bist.“
„Noch ist dies nicht der Fall, da kann ich mir diese Meinung erlauben.“
Sie flogen nach Nordosten, die gewundene Linie der magusischen Küste entlang. Eine Anzahl einsamer burgähnlicher Anwesen lag an dieser Küste, aufgereiht wie an einer Perlenkette. Dazwischen waren manchmal Fischerdörfer zu sehen. Es gab solche, die anscheinend von Menschen besiedelt wurden, andere hingegen von Echsenmenschen. Auch weiter im Landesinneren waren Dörfer und Höfe auszumachen, aber im Ganzen schien Magus ein vergleichsweise dünn besiedeltes Land zu sein. Lange Abschnitte des Küstenlandes waren vollkommen unbewohnt. Nur riesige Kolonien von Zweikopfkrähen sammelten sich dort am Ufer und brüteten.
2. Kapitel
Der Plan des Schattenpfadgängers
Der schwarze Rauchwirbel wurde selbst von den aufmerksamen Kampfmönchen, die die Zitadelle von Kenda bewachten, kaum bemerkt, und wer darauf aufmerksam wurde, der dachte an Staub, den der vom Meer her wehende Wind aufgewirbelt hatte.
Abrynos der Schattenpfadgänger huschte durch die schwere, mit gusseisernen Beschlägen versehene Tür der Kathedrale des Heiligen Sheloo – und dann wusste er plötzlich, dass er am Ziel war.
Ein einzigartiges Gefühl durchflutete ihn. Ein Gefühl der Kraft und der Erfüllung. Ja, hier bin ich richtig!, ging es ihm durch den Kopf. Endlich …
Abrynos aus Lasapur verließ den Schattenpfad und verstofflichte sich. Der schwarze Rauch verwirbelte und sammelte sich, nahm Substanz an und wurde zu einem Körper.
Die Kathedrale war ein Bauwerk, das Abrynos durchaus beeindruckte, obgleich er selbst nicht dem Glauben an den Unsichtbaren Gott anhing. Sein Blick glitt an den kunstvoll gestalteten Reliefs an den Wänden entlang und blieb dann auf dem aus einem Steinquader bestehenden Altar hängen, in den das Zeichen des Unsichtbaren Gottes hineingemeißelt war: die ineinander greifenden Kreise.
Einer der Kampfmönche der Bruderschaft des Leao, die mit der ehrenvollen Aufgabe betraut war, diese Zitadelle und vor allem die Kathedrale zu bewachen, kniete vor dem Altar und wirkte vollkommen in sich gekehrt. Seine Augen waren geschlossen, und das Gesicht des Mannes strahlte eine Form vollkommenen Friedens aus, die Abrynos aus Lasapur so nicht kannte. Der Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit war im verklärten Gesicht des Mönchs nahezu aufgelöst.
Abrynos tastete mit seinen magischen Sinnen nach den vielfältigen Kräften, die innerhalb dieses Gemäuers zu erspüren waren. Kräfte, von deren wahrer Herkunft auch die Mönche nichts ahnten.
Einst war dieses Gemäuer Teil eines kosmischen Tores, wusste Abrynos. Er hatte sich lange mit den Überlieferungen beschäftigt und in Bibliotheken in allen fünf Reichen nach Hinweisen auf jene kosmischen Tore gesucht, durch die einst sowohl die Drachen als auch Magier, Menschen und einige andere Völker die Welt betreten hatten. Tore, die eine Verbindung zu anderen, unsagbar fernen Welten oder gar zu verschiedenen Existenzebenen des Polyversums schaffen konnten.
Es war so bedauerlich, dass das Wissen um ihre Funktionsweise und die Kräfte, die in ihnen wirksam waren, fast vollständig verloren gegangen war und alle Bemühungen, es zurückzugewinnen, nichts gefruchtet hatten. Einigen wenigen Gelehrten war es angeblich gelungen, einen solchen Durchgang wenigstens für die Reise von einem zum anderen Tor zu benutzen, ohne dabei allerdings diese Welt zu verlassen.
Die Tore waren der Schlüssel zur Macht. Und diese Kathedrale war vielleicht der Schlüssel, um sie erneut zu öffnen …
Er spürte die Seelenreste von Ubranos, jenem Magier, der einst in den Diensten Katagis gestanden hatte. Abrynos murmelte eine Formel.
In diesem Moment erhob sich der Mönch am Altar von seinem Gebet. Er senkte kurz den Kopf, als er ihn sah, so als würde er einen Mitbruder grüßen, der ebenfalls Andacht und innere Versenkung suchte, dann schritt er an Abrynos voran.
Abrynos wartete, bis der Mönch von der Dunkelheit der Kathedrale verschluck worden und seine Schritte verklungen
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