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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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nicht unterschritten.
    „Rajin ... Rajin ...“ Immer wieder hörte der junge Kaiser seinen Namen. Er mischte sich mit den klagenden Lauten und schrillen Schreien, von denen kaum zu sagen war, ob sie von Hass, Trauer oder Leid herrührten.
    Ghuurrhaan hatte den Kopf auf den Boden gelegt, so als wollte sich der ehemalige Wilddrache besonders klein machen. Er gab keinen Ton von sich, sah man einmal von einem unterdrückten Glucksen ab, das aus seinem Maul drang, aber wohl keine willentliche Lautäußerung war, sondern eher etwas mit den natürlichen Vorgängen in einem Drachenmagen zu tun hatte.
    Er hat Angst, erkannte Rajin.
    „Die solltest du auch haben“, meinte jenes Wesen, das sich in seiner Metallhand zusammengefügt hatte.
    „Sie halten Abstand“, sagte Branagorn. „Aber geht davon aus, dass ihr Respekt vor dem Bann Liishos schwinden wird.“
    „Woher wollt Ihr das wissen?“, fragte Rajin.
    „Der Zauber ist nur noch sehr schwach zu spüren, und die immense Kraft der Schatten sorgt dafür, dass er immer schwächer wird.“ Branagorn zuckte mit den Schultern und fügte dann hinzu: „Vielleicht haben ja auch die Geschehnisse am Himmel und die zerstörerische Kraft des Schneemondes einen gewissen Einfluss darauf, wer weiß? Eigentlich war ich nie ein Anhänger der astrologischen Lehre, aber auch wenn die Gestirne vielleicht keinen Einfluss auf das Schicksal des Einzelnen haben, gilt das vielleicht nicht für den Einfluss, den die Monde auf uns alle ausüben.“
     
     
    14. Kapitel
    Blutmond-Sonnenfinsternis
     
     
    Die geflügelten Schatten kreisten gewaltigen Rabengeier gleich über den Ruinen von Qô. Ihre Stimmen waren laut und schrill geworden, schrien die Namen der drachenischen Kaiser, und mitunter ergingen sich die Schattenkreaturen auch in finsteren Drohungen und Flüche. Fragmentarische Sätze und düstere Textfetzen mischten sich in ihrem die Ohren peinigenden Chor: „Der Tag der Rache wird kommen ...“ – „Die ewige Finsternis wird die Nachfahren Onjins heimsuchen!“ – „Den Geist all jener, die Schuld auf sich geladen haben, wird die Kraft der Totenseelen verzehren ...“
    Hin und wieder versuchte einer der geflügelten Schatten zu dem Plateau mit Rajin und seinen Begleitern vorzudringen. Manch eines dieser aus purer Finsternis bestehenden Geschöpfe bildete dabei Arme aus, die unterhalb der Flügel aus dem Schattenkörper hervorwuchsen und gegen die selbst der Axtarm Koraxxons geradezu schmächtig wirkte. Sie endeten in prankenartigen Händen, die glühende Schwerter hielten; diese waren irgendwo in der Finsternis der Kreaturen verborgen gewesen, bevor die Wesen sie hervorzogen. Grimmig schwenkten die düsteren Angreifer die Glutschwerter, so wie die Schattenriesen es bei ihrem Angriff auf Nangkor getan hatten, doch immer, wenn sich einer von ihnen dem Plateau zu sehr näherte, ließ etwas Unsichtbares ihn förmlich zurückprallen, so als wäre eine für die Schatten undurchdringliche Glocke über einen Teil der Ruinen von Qô gestülpt worden.
    Liishos Bann!, erkannte Rajin. Aber er bemerkte auch, dass es den Schatten gelang, immer tiefer hinabzusinken. Wenn sie dabei auf die unsichtbare Grenze trafen, die sie offenbar nicht zu durchdringen vermochten, zischte es manchmal. Bisweilen zuckten auch Blitzen und andere Lichterscheinungen auf, manche so grell, dass man Gefahr lief, für längere Zeit geblendet zu werden, wenn man nicht rechtzeitig den Blick abwandte.
    Insbesondere den empfindlichen Augen Branagors machte dieses Phänomen sehr zu schaffen. Aufstöhnend hob er die Hand vors Gesicht. „Ah, die Zeichen des Liisho ... Ich sehe sie nicht mehr!“
    Und auch für Rajin wurden die auf den Stein geschriebenen Schriften seines alten Freundes und Mentors unlesbar. Erst verschwammen sie, dann verschwanden sie völlig. Aber sie wurden nicht etwa von einer anderen Magie ausgelöscht – nein, Grund dafür war, dass sich Rajin nicht mehr ausreichend auf sie konzentrieren konnte.
    Die Schatten wollen mich, erkannte der junge Kaiser. Und die Schriften des Weisen Liisho werden kaum etwas enthalten, das sich gegen sie verwenden lässt.
    „Schuld ... Rache ...“ Diese zwei Worte erklangen mit besonderer Häufigkeit im Chor der geflügelten Schatten, und sie hallten jedes Mal dutzendfach in Rajins Kopf nach. Er spürte die innere Kraft, die diesen Schatten eigen war und die Generationen von Regenten auf dem Thron von Drakor offenbar völlig unterschätzt hatten. Eine Kraft, vor der

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