DRACHENERDE - Die Trilogie
Erbe Eures ehemaligen Meisters zu erkennen.“
Erneut suchte Rajin mit seinen Blicken den Boden ab, konnte aber nichts erkennen, das auch nur entfernt wie ein drachenisches Schriftzeichen aussah.
Er sammelte seine innere Kraft.
„Das reicht noch nicht!“, meldete sich das Geistwesen in der Metallhand bei ihm. „Du brauchst mindestens so viel deiner Kraft, wie nötig gewesen wäre, den Block aus Drachenbasalt auf Burg Sukara zu zerschlagen. Also konzentriere dich! Sammle deine Kraft, deine Energie!“
Rajin dachte an jenen Moment, den das Wesen in der Metallhand offenbar in seiner Erinnerung entdeckt hatte. Jenen Augenblick, als er unter Anleitung des Weisen Liisho versucht hatte, einen großen Block aus Drachenbasalt zu zerteilen, in dem noch die Seelenreste eines während der Katastrophe am Ende des Ersten Äons hineingeschmolzenen Drachen schlummerten. Damals war er kläglich gescheitert. Es war einfach zu früh gewesen und Rajin zu ungeduldig.
Aber inzwischen hatte sich vieles verändert. Insbesondere hatte er das Gefühl, dass sein Reservoir an innerer Kraft in unvergleichlicher Weise gewachsen war.
Und darüber hinaus standen ihm nun noch die Kräfte der Metallhand zur Verfügung, auch wenn er weiterhin nicht genau wusste, ob er diese nun seinen eigenen zurechnen konnte oder sie eine Macht für sich darstellten.
Da geschah es: Er sah die Zeichen auf dem Boden. Sie glänzten hell und hoben sich deutlich von dem Gestein ab. Selbst kleinste Schriftzeichen konnte er auf einmal gut erkennen.
„Ah, offenbar habt Ihr jetzt zu sehen gelernt“, murmelte Branagorn.
„Er hat mir nie etwas davon erzählt, was hier zu finden ist“, äußerte Rajin gleichermaßen ernüchtert wie verwundert.
„Vielleicht hatte er das noch vor“, vermutete Branagorn. „Allerdings bin ich mir noch nicht sicher, ob diese Texte auch tatsächlich etwas enthalten, das mich dem Geheimnis der kosmischen Tore etwas näher bringen kann.“
„Warum habt Ihr und Liisho Euer Wissen nicht länger geteilt?“, fragte Rajin.
„Nun, wir hatten gewisse Meinungsverschiedenheiten. Er war ungeduldig und wollte zu vieles in zu kurzer Zeit. Eine Weile lang glaubte er, die Antwort all seiner Fragen im Land der Leuchtenden Steine bei Ktabor finden zu können. Nun, ich habe durchaus Verständnis dafür, dass ein kurzlebiges Geschöpf zur Hast und damit leider auch zur Ungenauigkeit neigt, auch wenn dies schwerwiegende Fehler nach sich ziehen kann. Tatsache ist, dass Liisho mich irgendwann nicht mehr besucht hat, da er wohl der Ansicht war, ich wäre nur ein wunderlicher Kauz, der ein abgeschiedenes Leben führt und ansonsten seine sonderbaren Eigenarten pflegt.“
„Er hat Euch nicht mehr zugetraut, das Geheimnis der kosmischen Tore zu lüften“, meinte Rajin.
„Das denke ich auch“, erwiderte Branagorn, wobei er mit seinen Gedanken offensichtlich nicht mehr ganz bei der Sache war, weil er sich auf die Zeichen am Boden konzentrierte. „Zeitweilig habe ja ich selbst kaum noch an die Möglichkeit geglaubt, in absehbarer Zeit diese Welt verlassen zu können. Wie hätte ich da jemand anderen davon überzeugen können?“
Bei den Schriften, die der Weise Liisho auf das Bodengestein geschrieben hatte, handelte es sich um ein auf den ersten Blick völlig ungeordnetes und wirres Sammelsurium aus persönlichen Berichten sowie Weisheiten und Erkenntnissen, die er im Laufe seines überlangen Lebens gesammelt hatte.
Branagorn entnahm der Wolfshirschledertasche, die er unter der Schulter trug, einen Kristall, der im Sonnenlicht funkelte, dann murmelte er eine Beschwörungsformel, woraufhin der Kristall hell aufleuchtete. Er warf ihn empor, und der Kristall schnellte etwa fünf Mastlängen in die Höhe. Dutzende Lichtstrahlen schossen aus ihm hervor und strichen die Kolonnen der Schriftzeichen zeilenweise entlang. Schließlich fiel der offenbar durch Zauberei in der Luft schwebende Kristall wieder nach unten, verlangsamte dabei aber seine Fallgeschwindigkeit und landete schließlich sanft in Branagorns ausgestreckter linker Hand.
Er leuchtete jetzt so stark, dass sein Licht durch die um den Stein geschlossene Faust des Bleichen Einsiedlers drang und die Knochen sichtbar wurden. Als das Licht wenige Herzschläge später verlosch, wirkte Branagorn sehr zufrieden.
„Alles, was Liisho hier hinterlassen hat, wurde von dem Kristall gelesen und von ihm aufgenommen, sodass ich jederzeit in den Texten des Weisen nach Hinweisen suchen kann, auch
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