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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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mit einem feinverzweigten Muster aus dunkleren Adern und Sehnen. »Das kann nicht sein! Es dauert doch mindestens zwanzig Jahre, um auch nur halbwegs eine neue Rasse zu erhalten, und das ausschließlich dann, wenn man es in Kauf nimmt, dass die Tiere halb blind sind, sobald man fertig ist.«
    »Oh, es ist nicht so, dass sie nicht wussten, wie es geht«, sagte Temeraire. »Sie sagt, dass ihre Art schon früher von den Ming gezüchtet wurde und dass es Aufzeichnungen darüber gibt.«
    »Aber warum zum Teufel haben sie dann die Züchtung nicht schon früher vorangetrieben?«, fragte Granby.
    Laurence dämmerte es, und langsam sagte er: »Weil sie es nicht wollten. Oder besser gesagt: Die konservative Splittergruppe hatte es nicht zugelassen. Dies hier ist die Konsequenz aus dem Tod von Prinz Yongxing.«
    Sie schwiegen und sannen darüber nach, was das für das britische Königreich bedeutete. China hatte sich entschieden, die Fühler auszustrecken, und hatte dafür die nötigen Mittel zur Verfügung. »Glaubst du, wir werden uns mit ihnen um den Platz streiten?«, fragte Granby mit Zweifeln in der Stimme. »Ich weiß nicht, wie viel von diesem Land wir für uns beanspruchen, und auch nicht, wo genau wir uns im Augenblick befinden.«
    Laurence breitete die Karte auf dem Boden ihres Zimmers aus, aber sie waren sich unsicher über ihren genauen Aufenthaltsort,
was es mehr als nur ein bisschen schwierig machte, irgendwelche Schlüsse zu ziehen. »Ich glaube, wir befinden uns irgendwo in der Nähe von 130 Grad Ost«, sagte Laurence schließlich, »was bedeuten würde, dass wir jenseits der Grenze sind, denn Cooks Gebiet beginnt bei 135 Grad. Natürlich könnte auch den Holländern etwas gehören, aber ich kann mich nicht daran erinnern, ob und wie viel.«
    »Nun, von der Politik verstehe ich nichts«, sagte Granby, »aber ich bin mir sicher, dass man in Whitehall davon wird erfahren wollen. Und ich bin mir ebenfalls sicher, dass es sie freuen würde, wenn die Nachricht nicht erst in elf Monaten bei ihnen einträfe.«
     
    Es gab noch mehr, worauf sie gerne eine Antwort finden wollten. An diesem Abend schlüpfte Tharkay aus dem Lager, und als er wiederkam, berichtete er, dass die Hafenanlage nicht so schlicht war, wie sie auf den ersten Blick aussah: Auf der Pier gab es Zugrollen, und das Ufer war mit Steinen gepflastert, die in ordentlichen Reihen eine Straße markierten, welche im chinesischen Stil sehr breit befestigt war, um sie für Drachen gut passierbar zu machen. »Es sind auch schon zwei Fundamente für Gebäude gelegt«, sagte er. »Für Warenlager, könnte ich mir vorstellen. Oder auch für Kasernen, wenn man schwarzsehen will.«
    Was auch immer die größeren, politischen Fragen waren – Laurence war dankbar dafür, dass sie an diesem Ort angekommen waren. Es gab einen fähigen Arzt, der sich um das Wohlergehen von Lung Shen Li kümmerte, denn man wollte auf alle denkbaren Komplikationen vorbereitet sein, die die Gesundheit der neuen Züchtung hätten gefährden können. Ausgesprochen höflich hatte dieser Arzt sich mit Dorset über Temeraires Gesundheitszustand ausgetauscht, und er hatte eine Behandlung vorgeschlagen, die dank der vorhandenen Mittel möglich sein würde. Außerdem hatte Jia großzügig die Vorratskammern geöffnet, und Gong Su war begeistert an die Arbeit gegangen. Temeraire hatte in einer Woche besser als in den letzten
zwei Monaten gegessen, und es kam Laurence so vor, als habe sich sein Zustand bereits sehr verbessert.
     
    Es gab sogar genug zu essen, um Kulingiles Appetit zu stillen. Zum ersten Mal erlebten sie ihn wirklich richtig satt, nachdem er einen Haufen von der Größe seines eigenen Körpers an frisch gefangenem Fisch verspeist hatte. In den kleinen, persönlichen Dingen kam ihnen dieser Ort wie ein Paradies vor. Nach ihrer langen und entbehrungsreichen Reise waren sie so zivilisiert und großzügig willkommen geheißen worden, dass ihnen ihre Umgebung sofort vertraut erschien, obwohl sie so fremd war.
    Doch ebendiese Dankbarkeit machte Laurence nur noch sensibler für die große Gefahr eines drohenden Konfliktes, die dieser Außenposten in sich barg. Es war nicht nur die Anwesenheit der Chinesen oder ihr Handel mit dem eingeborenen Volk der Larrakia. Zwei Tage nach ihrer Ankunft erschien eine Reihe macassischer Praus im Hafen, um Trepang zu fangen. Bald darauf fuhr die kleine Flotte von Kanus die Küste entlang, malaiische Taucher sprangen immer wieder von den Seiten ins Wasser,

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