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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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sind.«
    »Ganz sicher nicht. Wir haben nur einfach die Küste erreicht«, antwortete Laurence. »Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Sie so leichtgläubig sind, O’Dea. Sie können doch wohl eine Karte lesen.«
    »Nun ja, Kapitän«, antwortete O’Dea, »das kann ich. Aber ich habe da hinten auch Chinesen gesehen, und dort unten am Hügel sind noch weitere vier von ihnen.«
     
    »Was hat er gesagt?«, fragte Laurence, als der Eingeborene Temeraire in bruchstückhaftem, aber erkennbarem Chinesisch antwortete.
    »Galandoo sagt, hier seien zwei Drachen«, sagte Temeraire und drehte den Kopf.
    Laurence hielt sich am Geschirr fest und kletterte von Temeraires Rücken, dann erklomm er den Hügel. Unten im Hafen lag eine kleine, schmale Dschunke vor Anker. Vorne am Bug und achtern schwankten Laternen, die im frühen Morgenlicht noch immer brannten. Ein kleiner, offener Pavillon aus Holz und Stein stand etwas weiter entfernt am Ufer. Die vier Ecken des Daches ragten gen Himmel und wurden von kleinen, geschnitzten Drachen gestützt.

14
    Laurence hätte sich auf ihrer Reise keinen seltsameren und unpassenderen Augenblick vorstellen können als den Moment, in dem ein Dutzend gut gekleideter Männer sich in den feuchten Sand des Ufers vor ihm – in seiner schlichten und fleckenübersäten Reisekleidung – zum Kotau niederwarfen. Ehe Laurence es hatte verhindern können, hatte sich Temeraire zuvor auf Chinesisch vorgestellt: »Ich bin Lung Tien Xiang, und dies ist der Adoptivsohn des Kaisers, William Laurence.«
    Diese Adoption hatte sich damals als nützlicher, diplomatischer Schachzug dargestellt, der es sowohl der britischen als auch der chinesischen Seite ermöglicht hatte, das Gesicht zu wahren. Nun, unter den gegebenen Umständen, daraus persönlichen Nutzen zu ziehen, das kam Laurence gleichermaßen unehrlich und entsetzlich peinlich vor. Diesen Männern blieb nichts anderes übrig, als jene förmliche Verbeugung zu machen, die ihre Hofetikette verlangte, gleichgültig, wie unangemessen sie vor Laurence erschien. Mit einer Verweigerung hätten sie es ihrem eigenen Herrscher gegenüber an Respekt mangeln lassen: ein Vergehen, das mit dem Tod bestraft wurde.
    Das Ritual wurde von Galandoo und mehreren anderen Eingeborenen mit großem Interesse beobachtet. Die dauerhaften Bauten an diesem Ufer waren vom chinesischen Stil geprägt. Die Eingeborenen, die kulturell aufgeschlossen zu sein schienen, machten den Eindruck, sich in der Umgebung wohlzufühlen. Mehrere jüngere Männer waren zu sehen: Jäger, die ihre Beute zu den Kochstellen brachten. Auch Frauen waren dort, die auf dem riesigen Vorhof des Pavillons arbeiteten und die Zeremonie ebenfalls gebannt verfolgten.
    Falls die chinesischen Gentlemen diesen Akt unpassend fanden, so wussten sie ihre Gefühle gut zu verbergen. Nachdem sie sich wieder aus dem Sand erhoben hatten, luden sie die Neuankömmlinge in den Pavillon ein, wo Laurence unglücklich auf der Schwelle Halt machte. Ein Gelber Schnitter, vielleicht eine Woche alt, lag gemütlich auf einem Stein neben einem kleinen Springbrunnen und schlummerte. Mehrere Frauen der Eingeborenen saßen daneben und polierten Edelsteine.
    »Oh, da seid ihr ja«, sagte der Schlüpfling nach dem Aufwachen, hob den Kopf, wandte sich einer der Frauen zu und sagte etwas – dem Klang nach in ihrer eigenen Sprache. »Ich bin Tharunka«, fügte das junge Drachenmädchen hinzu und merkte mit vorwurfsvollem Unterton an: »Ihr habt aber ganz schön lange gebraucht, um mich wiederzufinden.«
    »Da du ja geschlüpft bist, weiß ich nicht, was du dich zu beklagen hast«, antwortete Temeraire, der seinen Kopf in den Pavillon gesteckt hatte. »Wer sind denn diese Leute? Und ich möchte wissen, was sie sich dabei gedacht haben, dich einfach wegzubringen.«
    »Dies hier sind die Larrakia«, erklärte der Schlüpfling, »die mich von den Pitjantjajara bekamen, die mich von den Wiradjuri erhielten. Und bitte seid nicht böse. Sie brauchten mich wirklich dringend. Ihr müsst wissen, dass sie die Waren in weit entfernte Gebiete verschicken, wo all die verschiedenen Stämme auch unterschiedliche Sprachen sprechen, und dann gibt es auch noch euch in Sydney. Und niemand kann sich mit ihnen allen unterhalten. Aber jetzt bin ich ja da, denn ich habe alle Sprachen in der Schale gelernt.« Selbstzufrieden ergänzte sie: »Ich lerne jetzt auch Chinesisch, so schnell ich kann, und sie haben mir schon viele Edelsteine gebracht.«
    »Und wo hast du

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