Drachenflamme: Roman (German Edition)
Ferne schließlich das schwache Glitzern entlang des Horizontes entdeckten, wo sich der Schein des Sonnenuntergangs auf dem Wasser brach, schlug Temeraire unwillkürlich schneller mit seinen Flügeln, und auch das Tempo der anderen Drachen erhöhte sich. Kaum eine Stunde später setzten sie am Ufer zur Landung an. Was sie erwartete, war jedoch der Gestank von verrottetem Fisch und eine rosafarbene Salzkruste am Ufer des Sees, der nur noch aus einem langen, schmalen Streifen Wasser bestand. Es war rosa verfärbt, salziger als Meerwasser und völlig ungenießbar. Tote und halb aufgefressene Fische schwammen auf seiner Oberfläche, und alle Vögel hatten sein Ufer verlassen.
Wenigstens gelang es ihnen, ein kleines Wasserloch zu finden, wo die Drachen einige Schlucke nehmen konnten, obwohl die notwendige Bestechung der Bunyips ihre Vorräte eigentlich viel zu sehr dezimiert hatte. Denn in Erwartung der Wildbestände am See hatten sie nicht mehr so viel Jagdpausen eingelegt. So verzehrten sie, schweigend und eng um ihre kleinen Feuer gedrängt, das Wenige, was ihnen noch geblieben war. Mehr noch als die Unannehmlichkeiten nagte die Enttäuschung an ihnen. Es war, als habe ihnen das wilde Hinterland zum Abschied noch einen letzten Schlag versetzt, um sie daran zu erinnern, dass sie nicht willkommen waren.
Als sie sich endlich als heruntergekommener und abgemagerter Haufen nach Sydney durchgeschlagen und erneut ihr Lager auf dem Felsvorsprung eingerichtet hatten, kam es Laurence allerdings so vor, als wären sie hier genauso unerwünscht. Gras, Unkraut und niedriges, dorniges Gestrüpp hatten sich aufs Neue festgesetzt. Ihre Ankunft war längst überfällig. Im Hafen lag die Allegiance vor Anker, und näher am Ufer drängte sich eine kleine Flottille aus Handelsschiffen.
Außerdem glitzerten im Schein der Sonne, die tief am Himmel stand und orangenfarbenes Feuer über das Wasser warf, auch die Schuppen von einem Dutzend Seeschlangen, die sich verspielt aus dem Wasser hoben und wieder hinabtauchten.
»Es geht nicht mehr darum, ob wir es angehen. Die Frage ist, wie wir es tun wollen«, sagte Gouverneur Macquarie. Der Nachfolger Blighs war kurz nach Granbys zweiter Abreise endlich eingetroffen. Während der vergangenen Monate, in denen sie unterwegs gewesen waren, hatte man auf dem Landvorsprung, der den Hafen überblickte, ein elegantes Haus für ihn errichtet. Von seinem Arbeitszimmer aus hatte er eine klare Sicht bis weit auf das offene Meer hinaus. Sogar ein kleiner Teppich lag auf dem Boden, und die Einrichtung war von erlesenem Geschmack. Mit ihrer verwilderten Erscheinung wirkten Laurence, Granby und selbst Rankin – der trotz all seiner Bemühungen kaum besser als die anderen aussah – völlig fehl am Platz.
Doch es hatte sich keine Gelegenheit ergeben, neue Kleidung zu beschaffen. Bevor sie überhaupt einen Läufer hatten entsenden können, um ihre Ankunft offiziell bekanntzugeben, war ihnen noch in der Nacht ihrer Rückkehr befohlen worden, am frühen Morgen auf dem Anwesen des Gouverneurs zu erscheinen. Kaum vor Ort, waren sie sofort zu dem neuen Gouverneur geführt worden, der bereits ungeduldig auf sie wartete, während er den Fußboden seines Arbeitszimmers auf und ab schritt.
»Es gibt keinen Grund für ihre Anwesenheit«, erregte sich Bligh, ohne seine Stimme allzu sehr zu senken, als Johnston und MacArthur hereingeführt wurden. MacArthur ging quer durch den Raum zu Laurence, um ihm die Hand zu schütteln.
»Wie ich hörte, haben Sie einen erstaunlich langen Weg zurückgelegt, Kapitän«, sagte er und warf einen Blick auf die verblichenen und staubverschmierten Karten, die auf dem geräumigen Tisch ausgebreitet
worden waren. »Ich bin froh, Sie nun wieder in Sicherheit anzutreffen.« Ein wenig war seinen Worten der Mangel an Enthusiasmus anzuhören, denn er und Johnston waren zusammen mit Bligh nach England zurückbefohlen worden, um sich für die Rebellion vor Gericht zu verantworten. Granbys Rückkehr bedeutete, dass die Allegiance, die das für sie vorgesehene Transportmittel war, endlich Segel setzen konnte.
»Zuerst müssen wir allerdings klären, was mit den Schlangen geschehen soll. Sie waren bereits vor dem Bericht, den Sie, meine Herren, uns geliefert haben, eine ernst zu nehmende Bedrohung«, unterbrach Macquarie die privaten Begrüßungen und winkte sie mit einer Handbewegung zu den Stühlen am Tisch.
Die Schlangen waren nicht allein aufgetaucht. Vor Kurzem war ein Drache mit
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