Drachenflamme: Roman (German Edition)
Luft, den Kopf eingezogen, sodass dieser beinahe auf seine Vorderbeine schlug. Das glühende Orange des Feuers erfüllte plötzlich den ganzen Himmel, auf dem Boden gähnten blaue Wolkenschluchten, und dann drehte Temeraire sich immer und immer wieder um sich selbst, bis alles vor seinen Augen verschwamm. Die Flügel konnte er nicht ausbreiten.
Er riss den Kiefer weit auf und sog so viel Luft ein, wie er konnte. Während er zur Erde fiel, ließ zwar der Wind nach, dafür aber nahm die Hitze zu. Temeraire fühlte sich leichter, als sich seine Lungen aufblähten, und es gelang ihm, sich seitwärts zu drehen und seine Flügel geradewegs in einer Linie mit seinem Fallweg nach oben und unten auszustrecken, sich dann ein wenig schief zu legen und einen Aufwind einzufangen, der ihn in die blauschwarzen Höhen des Sturmes zurückkatapultierte. Sofort fühlte er ängstlich mit der Klaue nach dem Ei, um sich zu vergewissern, dass es nicht herausgerutscht war. Sehr sanft und vorsichtig streichelte er mit der Spitze eines Krallenknöchels darüber: Es war noch da. Es war in Sicherheit.
»Befestigen Sie den Sicherungsriemen, Roland«, hörte er Leutnant Forthing schreien, und während das Feuer ihnen brüllend hinterherschoss, glaubte Temeraire, Laurence’ Stimme zu hören, aber er war sich nicht ganz sicher. Doch er konnte nicht nachschauen, er konnte sich nicht umdrehen. Über ihnen tobte der Sturm, der in blinder und zielloser Wildheit in alle Richtungen wütete, unter ihnen das Feuer, riesig und grenzenlos. Caesar sah er nirgends mehr. Der Himmel war so dunkel, so schwarz und voller Donnerwolken, und kein Nachlassen war in Sicht. Irgendwo mochte es noch Sonnenlicht geben, aber für Temeraire schien es nichts und niemanden mehr auf der Welt zu geben, und er hatte jeden Orientierungssinn verloren.
Er ließ den Kopf hängen und flog weiter, einfach nur weiter.
Dankbar nickte Laurence Roland zu, als sie ihm einen kleinen Becher mit Wasser reichte, und er leerte ihn in einem Zug trotz des
bitteren und beißenden Geschmacks. Wasser schoss mit großer Gewalt durch die einst ausgetrockneten Bachläufe und hatte sich in tiefen Pfützen überall auf dem knochenharten, flachen Erdboden gesammelt. Doch es war mit Asche und Erde durchsetzt und ungenießbar, bis es durch ein Taschentuch geseiht wurde, um es so klar wie möglich zu bekommen.
Die Landschaft hatte sich vollkommen verändert: Die Bäume waren nun lediglich Skelette mit schwarzen Ästen; das dicke Gras war zu Staub zerfallen und hatte nur noch verkohlte und schwarz verfärbte Flecken auf dem Erdboden hinterlassen, aus denen dünne Rauchfäden aufstiegen. Lediglich die dicken, dunkelgrünen Büsche hatten überlebt, jedenfalls mehr oder weniger. Das Feuer war nur an ihrem Rand entlanggelaufen, und jenseits der Linie war ein Streifen mit spärlicherer Vegetation der Zerstörung entgangen. In einiger Entfernung vor ihnen tobte noch immer die Feuersbrunst und hob sich als dicke, schwarze Wand vom Horizont ab.
Temeraire lag auf dem Boden und schlief; sein Atem war flach und rasselte besorgniserregend. Nachdem er gelandet war, hatte er sein Maul in den reißenden Strom gesteckt und lange und gierig getrunken, trotz des Gerölls und Schmutzes darin. Dann war er wie betäubt eingeschlafen. Dorset hatte seine Brust und seine Kehle abgehört und den Kopf geschüttelt.
Caesar war vielleicht eine halbe Stunde später schwerfällig vor Müdigkeit in ihrem Lager gelandet, tropfnass und erschöpft davon, herumgeschleudert zu werden, aber ein bisschen weniger mitgenommen als Temeraire. Rankin hatte ihn in den schlimmsten Regen hineingelenkt, weit an den westlichen Rand der Wolken, wo das Feuer sich nicht ausbreiten konnte. »Ich hätte trotzdem nichts gegen einen Happen zu essen einzuwenden«, bemerkte Caesar schläfrig und legte seinen Kopf auf die Vorderbeine. Seine graue Haut war voller Streifen und Flecken vom Ruß.
Es war nicht schwer, an Fleisch zu kommen, nur die Müdigkeit
erwies sich als Hindernis. Viele der Wüstentiere, die sich vorher in den Büschen versteckt hatten, waren nun all ihres Schutzes beraubt, wenn sie nicht gleich ums Leben gekommen waren. Zwölf Kängurus lagen nahe genug auf dem Boden herum, sodass man sie zum Wasser ziehen konnte; ihr Fell war bereits versengt und das Fleisch zum Teil verschmort. Die Flieger machten sich erschöpft daran, die Tiere einzusammeln und zu zerlegen, alles unter der Anweisung von Gong Su. Das Beste, was Laurence über die
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