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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Ziegenmeyer
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aber bisher haben wir dort draußen noch keine einzige Nonne gesehen. Es waren alles Männer.“
    Daraufhin begann die Fee leise zu kichern.
    Auguste, die nicht einsehen konnte, was an ihrer Beobachtung so unterhaltsam war, reagierte etwas säuerlich. Schließlich warf Lilly ihr einen zwinkernden Seitenblick zu, der gewisse Rundungen betraf.
    „Oh, ich bin mir sicher, meine Liebe: Du würdest einen vortrefflichen Mönch abgeben!“
    Die Hexe wurde ein bisschen rot, zupfte unsicher am Stoff ihres neuen Gewandes und begab sich schließlich in Richtung Tür. Kurze Zeit später brach sie gemeinsam mit Rasputin auf. William und Lilly blieben zurück, um ein Auge auf die Kinder zu werfen und den beiden einen Vorsprung zu verschaffen.
    Nicht alle Schüler schienen über diesen unvorhergesehenen Wechsel sonderlich betrübt. Und insgeheim war Auguste sicher, dass sie an diesem Tag einige höchst interessante Dinge lernen würden.
    Alles in allem war dies nun etwa zwei Stunden her.
    Sobald die Hexe und der Wolpertinger in die Nähe der Schwarzwasser gelangten, wurde es um sie her merklich ruhiger. Es handelte sich um ein touristisch nur wenig erschlossenes Gebiet. Das Wasser des Flusses war kalt und von ausgesprochen dunkler Farbe, da er aus einigen Hochmooren entsprang. Wie das Rinnsal eines geschmolzenen Spiegels zog er sich durch die karstige Gegend. Die meisten Wanderwege waren schon lange zugewachsen.
    An die Seite eines Höhenzuges zu ihrer Rechten schmiegte sich eine breite Straße, die beständig unter dem Summen vieler Räder vibrierte. Dort befand sich der Rastplatz ‚Schwarzwassertal’ mit Tankstelle, Schnellrestaurant und Kinderspielplatz, sowie Hunderten von Wagen, die beständig hin und her flitzten.
    Hier unten dagegen war nichts – außer einem überwucherten Fluss, verwachsenen Fichten und jeder Menge Unterholz. Streng genommen war dies nicht einmal ein Ort – es war ein unbestimmtes Irgendwo, das anständigen Orten als Verbindung diente.
    Von genanntem Höhenzug gingen im Abstand von mehreren hundert Metern immer wieder einzelne Vorsprünge aus, die sich allmählich in sanfte Hänge verloren und das Tal in einzelne Kammern teilten. Im Schutze eines dieser Vorsprünge wand sich ein unscheinbarer, schmaler Feldweg herab. Er war notdürftig geschottert und wurde oben, am Rand der Straße, von einer Schranke versperrt. Dieser Feldweg führte alsbald zu einer hölzernen Brücke, die über den Fluss sprang, setzte sich auf deren anderer Seite fort und lief zielstrebig auf die gegenüberliegende Seite des Tales zu.
    Noch bevor man diese Brücke erreichte, hatte sich das Brummen der Straße verloren, und man war eingetaucht in das Reich von Fröschen, Grillen und schweren, sommerlichen Träumen. Der dichte Pflanzenwuchs betäubte jeden aufgeregten Gedanken, und wer durch Zufall hierher geriet, floh bald schon wieder vor der schläfrig-samtigen Stille.
    Auguste und Rasputin hatten es bisher vermieden, direkt auf dem Weg zu gehen. Man sah, dass er von Sträuchern und herabhängenden Zweigen freigehalten wurde. Als langer, gerader Korridor schob er sich durch das Pflanzenwerk, was für eine einigermaßen regelmäßige Benutzung sprach. Sie hatten sich daher für die keineswegs angenehme Route durch das Unterholz entschieden. Ein Unterfangen, das durch die eingeschränkte Geländegängigkeit einer Nonnentracht keineswegs erleichtert wurde.
    Dafür machte Auguste jedoch eine interessante Entdeckung: Zwei oder drei Meter tief im Unterholz stand auf jeder Seite des Weges eine langgestreckte Reihe alter Eichen. Breit waren sie und morsch, manche schon vollständig hohl. Der Wald drängte sich von allen Seiten an sie heran, doch Auguste konnte erkennen, dass sie vor langer Zeit eine Allee gebildet hatten – und dass die Straße, die sie flankierten, einst sehr viel breiter gewesen sein musste.
    An der Brücke wurde es dann schwierig, den Weg zu meiden.
    Vorsichtig tasteten Auguste und Rasputin sich an den Rand des Unterholzes heran. Dann folgte das hastige Getrappel einiger Schritte, und beide standen schwer atmend im Schatten eines Brückenpfeilers. Im Schotter des Weges zeichneten sich zwei tiefe Fahrrinnen ab.
    Auf der anderen Seite der Brücke erblickten sie, schon wieder halb von einigen Bäumen verborgen, eine Hütte. Es schien eine kleine Wanderkate zu sein. Zumindest so lange, bis sie die eingelassenen Sichtschlitze entdeckten. Rasputin hätte sein prachtvolles Geweih dafür verwettet, dass sich hinter einem

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