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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Ziegenmeyer
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er hinauf, wer hier rechtmäßiger König unter dem Bärenstein sei. Kläglich jammerte der andere herab, man habe es doch nicht besser wissen können, wo er doch so lange verschwunden war. Dem begegnete der untere Zwerg nur mit noch dunklerem Zornesrot und der Frage, ob es derzeit irgendwelche Zweifel an seiner Anwesenheit gäbe?
    Die ganze Situation löste sich schließlich auf, als ein offensichtlich orientierungsloser Troll durch das benachbarte Gebüsch brach. Es war ein verwitterter Geselle, der Körper wenig detaillierter als der eines steinernen Schneemanns. Rundherum war er mit grünen Flechten bedeckt und schleppte eine lange Keule hinter sich durch das Unterholz. Als er die Zwerge sah, ließ er Letztere jedoch fallen und entschwand hastig durch ein weiteres Gebüsch.
    Dessen Zweige wurden dabei in arge Mitleidenschaft gezogen. Dies verbesserte sich auch nicht, als der Zwergenkönig von seinen Instinkten gepackt wurde und sich mit lautem Geheul an die Verfolgung machte. Auch der junge Fürst ließ sich zu Boden plumpsen und verschwand, mit beiden Händen eine Axt schwingend, raschelnd im Strauchwerk.
    Als die vier anschließend weiterzogen, stießen sie immer wieder auf verschreckte Irrlichter, die sich in Astlöchern und hohlen Bäumen versteckten. Dort rangelten sie mit Eulen und anderem Nachtgetier um den spärlichen Platz. Da diese sich durch das plötzliche Leuchten allerdings gestört fühlten, gerieten sie zumeist in argen Streit.
    Natürlich gab es auch überschwängliche und glückliche Wiedersehen: Eine Gruppe sprechender Bären lag sich unter Tränen in den Armen. Doch da die allermeisten Fabelwesen so ihre Eigenarten hatten und sich an den völlig falschen Stellen des Waldes befanden, waren die Reibereien weitaus lauter.
    Immer wieder tauchten arglose Touristen auf, die nach den Wirren des gestrigen Tages nicht hatten abreisen wollen und nun zwischen die Fronten des Spektakels gerieten. Ein munterer Geselle mit Ziegenbeinen und Flöte setzte fröhlich gurrend einer Gruppe Rentnerinnen nach, und ein kommunales Wettangeln an den Schinkelstedter Karpfenteichen fand jäh ein Ende, als eine schneeweiße Hand die Wasserfläche durchbrach.
    Makellos glänzte sie im Licht der Vormittagssonne. Kleine Regenbogen umtanzten sie, als Lichtstrahlen sich in den abperlenden Wassertropfen fingen. Dann zog sie die versammelten Angler an ihren Schnüren ins Innere des Tümpels. Dort wurden sie zunächst von einigen Nixen um den Finger gewickelt und anschließend von den dazugehörigen Wassermännern ordentlich verwamst.
    Während sie durch den Wald stolperten, war Auguste von der ganzen Aufregung einigermaßen überfordert. Immer wieder lief sie auf ratlose Geschöpfe zu und wollte ihnen soviel erklären, wie auf die Schnelle möglich war. Doch in dem ganzen Durcheinander erntete sie wenig mehr als verständnislose Blicke – und spätestens als die ersten schwarzen Kutten auftauchten, packten die anderen drei sie am Kragen und schleiften sie unbarmherzig weiter.
    Es mochte gegen zehn Uhr sein, als die ersten klerikalen Einsatztrupps den Plan betraten. Zu Anfang waren sie vorsichtig und beobachteten, wie ihre Saat gedieh. Dann, als sie sich von Qualität und Güte der Verwirrung überzeugt hatten, gingen die Räumkommandos selbst zum Angriff über. Düstere Dinge murmelnd stürzten sie sich in das Gewimmel der Fabelwesen.
    Es dauerte eine Weile, bis alle Anwesenden die neue Situation erfasst hatten – doch dann begannen sich die Fronten allmählich zu verlagern. Was zuvor nur eine Vielzahl von Scharmützeln war, verwandelte sich nun in eine Schlacht. Wesen der verschiedensten Arten, die sich zuvor noch gegenseitig im Schwitzkasten gehalten hatten, ließen von einander ab und rückten geschlossen gegen die Neuankömmlinge vor.
    William juckte es in den Fingern, als er das Krachen und Scheppern hörte. Wutgeheul und martialische Gesänge wurden zwischen den Flanken des Berges erhoben und trafen sich mit düsteren Chorälen. Faune und Zentauren gingen unter den Schlägen geweihter Knüppel nieder, während andernorts Priester unter einer Horde zeternder Wolpertinger versanken.
    Die einfache Bevölkerung versuchte, sich so gut es ging im Inneren ihrer Häuser zu verstecken. Ängstlich klammerten sie sich aneinander fest, schlüpften unter Betten oder stiegen in Keller hinab – wo lauernde Schwarze Männer sie bereits erwarteten. Neugeborene wurden von gackernden Elfen durch offene Fenster verschleppt, und

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