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Drachenfutter

Drachenfutter

Titel: Drachenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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war nichts von unserem Gast zu sehen. Ich überlegte gerade, ob ich mich aus der späten Vormittagssonne in den Gasthof zurückziehen sollte, entschied mich jedoch anders. Ich hatte die Szene für die Ankunft unseres Gastes sorgfältig arrangiert, und es war mir zuwider, sie für etwas so Nebensächliches wie persönliche Bequemlichkeit auseinander zu reißen.
    Ich hatte den Verwandlungszauber in großzügiger Weise auf Butterblume, Gliep und mich selbst angewandt. Gliep sah nun wie ein Einhorn aus, eine Veränderung, die Butterblume nicht im geringsten zu beeindrucken schien. Offensichtlich sind Einhörner bei der Wahl ihrer Spielgefährten weniger wählerisch als Drachen. Ich ließ sie beide noch beträchtlich schlampiger und ungepflegter aussehen, als sie in Wirklichkeit waren. Dies war notwendig zur Untermauerung des Eindrucks, den mein eigenes Erscheinen hervorrief.
    Aahz und ich waren in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes hier zu dem Schluß gekommen, daß die beste Art, mit unerwünschten Gästen umzugehen, nicht darin bestand, sie zu bedrohen oder zu erschrecken, damit sie gingen, sondern sich so abstoßend zu geben, daß sie aus eigenem Entschluß weiterreisten. Zu diesem Zwecke hatte ich allmählich eine Tarnung entwickelt, welche Fremde davon überzeugen sollte, daß sie nicht im gleichen Gasthof wie ich verweilen wollten, unabhängig von dessen Größe und der Anzahl seiner Gäste. In dieser Verkleidung pflegte ich hartnäckige Reisende als Wirt des Gasthauses zu begrüßen.
    In aller Bescheidenheit will ich zugeben, daß die Verkleidung der letzte Schrei eines durchschlagenden Erfolgs war. In der Tat reagierten viele Besucher entsprechend. Sie schrien, einige sahen aus, als wollten sie sich übergeben, und andere warfen verschiedene religiöse Symbole in die Luft zwischen sich und mich. Keiner von ihnen entschloß sich, die Nacht über zu bleiben.
    Als ich mit verschiedenen körperlichen Gebrechen herumexperimentierte, wies Aahz zurecht darauf hin, daß viele Leute ein einzelnes Gebrechen gar nicht abstoßend fanden. Vielmehr empfanden es die meisten in einer Dimension wie Klah als normal. Um den gewünschten Erfolg zu sichern, legte ich sie mir alle zu.
    In meiner Verkleidung bewegte ich mich unter schwerfälligem Hinken, hatte einen Buckel und eine verkrüppelte Hand, die mit sichtbarem Ausschlag befallen war. Meine wenigen restlichen Zähne waren krumm und fleckig, und die Pupille meines einen Auges zeigte Neigungen, unabhängig von der anderen umherzuwandern. Meine Nase, ja mein ganzes Gesicht war unsymmetrisch, und als Meisterstück meiner Verwandlungskünste krochen ekelerregende Läuse in meinem zottigen Haar und den zerfetzten Kleidern herum.
    Der Gesamteindruck war furchterregend.
    Selbst Aahz gab zu, daß er ihn beunruhigend fand, was eingedenk der Dinge, die er auf seinen Reisen durch die Dimensionen zu Gesicht bekommen hat, wirklich ein großes Lob bedeutete.
    Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als unser Besucher in Sicht kam. Er saß stocksteif auf dem Rücken eines riesigen, flugunfähigen Reitvogels. Er trug keine sichtbaren Waffen und auch keine Uniform, doch sein Verhalten wies ihn weit mehr als Soldaten aus, als jegliche äußeren Attribute dies vermocht hätten. Sein Blick war wachsam und streifte mißtrauisch umher, während er seinen Vogel in gemessener, gut gezügelter Gangart auf das Gasthaus zulenkte. Überraschenderweise strich sein Blick mehrere Male über mich hinweg, ohne daß er meine Anwesenheit registrierte. Vielleicht war ihm nicht klar, daß ich ein lebendiges Wesen war.
    Das gefiel mir nicht. Der Mann wirkte eher wie ein Jäger, anstatt wie ein zufälliger Reisender. Aber nun war er einmal da, und es hieß, sich mit ihm auseinander zusetzen. Ich begann meinen Auftritt.
    »Möchte der edle Hääärr ein Zimmer haben?«
    Beim Sprechen schwankte ich mit meinem eingeübten Humpelgang nach vorn. Für den Fall, daß ihm die Raffinesse meiner Verkleidung entging, ließ ich einen üppigen Speichelfaden aus meinem Mundwinkel triefen und ungehindert über mein Kinn laufen.
    Einen Augenblick hatte der Mann damit zu tun, sein Reittier wieder in die Gewalt zu bekommen.
    Flugunfähig oder nicht, der Vogel versuchte, vom Boden abzuheben.
    Offensichtlich hatte meine Tarnung einen Urtrieb des Tieres aus der Zeit vor seinen flugunfähigen Vorfahren gereizt.
    Ich wartete, den Kopf neugierig zur Seite geneigt während der Mann versuchte, den bockigen Vogel zum Stehen zu zwingen.

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